Rotes Kreuz Erding:Patienten, die nicht tragbar sind

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Es ist ein Thema, das den Sanitätern zunehmend zu schaffen macht: Immer häufiger müssen sie Patienten transportieren, die mehr als 130 Kilo wiegen. Das Rote Kreuz Erding musste nun aufrüsten.

Florian Tempel

Es gibt Patienten, die buchstäblich nicht tragbar sind. Und es werden mehr. Gewöhnliche Rettungstragen eines gewöhnlichen Rettungswagens sind aber nur bis zu einem Gewicht von etwa 130 Kilogramm ausgelegt, ebenso das Gestell in einem normalen Sanka, auf dem die Trage für die Fahrt ins Krankenhaus festgemacht werden.

Doch immer häufiger haben es die Rettungssanitäter mit Patienten zu tun, deren Leibesfülle die kritische Masse von 130 Kilogramm übersteigt. "Das Problem war einfach, dass wir mit der Ausstattung unserer normalen Rettungswagen immer häufiger an Grenzen gestoßen sind", sagt Stephan Klauert, Kreisgeschäftsführer des Roten Kreuzes in Erding.

Es musste etwa passieren. Denn nach Schwergewichts-Einsätzen waren nicht selten die Tragen verbogen oder die Mechanik der Gestelle im Rettungswagen zermürbt. Die Instandsetzung - "wenn das überhaupt noch ging", sagt Klauert - war in jedem Fall kostspielig. Die Zeiten sind vorbei.

Seit Mai hat das Rote Kreuz einen speziellen Rettungswagen, der für schwer übergewichtige Patienten mit einem Gewicht bis zu 320 Kilogramm konstruiert und entsprechend ausgestattet ist. Das sollte erst mal reichen. Ein so maximal schwerer Patient ist Klauert "noch nicht untergekommen, aber wir werden diese Marke bestimmt irgendwann erreichen".

Von außen sieht man dem Fahrzeug seine Leistungsfähigkeit auf den ersten Blick nicht an. Man muss genau hinschauen, um den Spezialwagen zu erkennen: Er hat eine Ladebordwand an der Rückseite. Mit der Bordwand lässt sich eine besonders tragfähige und extrabreite Trage ohne Anstrengung hydraulisch hochfahren und ins Innere des Wagens schieben. Hier gibt es auch keinen Tisch mehr, auf den die Trage festgemacht werden muss. Sie wird einfach in den Wagen hineingeschoben und arretiert.

Als weitere Spezialausstattung hat der Rettungswagen ein Blutdruckmessgerät mit einer überbreiten Manschette. Das ist unbedingt notwendig, wie Klauert anschaulich erläutert: "Stellen Sie sich einmal vor, sie versuchen ein herkömmliches Blutdruckmessgerät um Ihren Oberschenkel anzulegen." Auch die Vakuummatratze für den Transport von Patienten, die zum Beispiel am Rücken verletzt sind, ist besonders breit.

Der Spezialsanka gehört zwar dem Roten Kreuz Erding, ist aber für den gesamten Rettungszweckverband, dessen Zuständigkeitsbereich die Landkreise Erding, Freising und Ebersberg umfasst, angeschafft worden. Am Anfang waren die Rot-Kreuz-Sanitäter deshalb etwas skeptisch, sagt Klauert. Dass nun immer sie die schweren Einsätze fahren sollten, schien irgendwie ungerecht.

Doch so häufig sind Schwertransporte auch nicht und sie sind auch nicht mehr so anstrengend wie früher, wenn die Rettungskräfte mit der fahrbaren Trage bis zum Patienten kommen. Falls nicht einmal vier oder sechs Mann stark genug für einen Patienten sind, wird auch mal zusätzlich die Freiwillige Feuerwehr um Mithilfe gebeten. Denn wenn es gar nicht geht, der Weg über ein Treppenhaus zu verwinkelt ist, bleibt nur "der Weg durchs Fenster" und der Patient wird samt Trage über eine Drehleiter nach unten gehievt .

Der Erdinger Spezialsanka ist keineswegs eine seltene Besonderheit. Er gehört mittlerweile in Bayern für jeden Rettungszweckverband zur Standardausrüstung. Das ist notwendig und richtig so, findet auch Klauert. Denn der Job "ist sowieso belastend genug".

© SZ vom 30.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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