Riskanter Tierschutz:Schwanenjagd auf der A 92

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Für den Rettungsversuch von zwei Frauen gibt es nicht nur Lob

Von Luise Helmstreit, Freising

Ein Schwan verirrte sich am Freitagnachmittag auf die A92 und brachte den Verkehr zum Stocken. Zwei Frauen stiegen aus, um das Tier einzufangen und verfolgten es über eine längere Strecke. Richtig so, finden die Tierschützer. Mit ihrer Rettungsaktion haben die Frauen aber andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr gebracht, nur durch Glück sei kein schwererer Unfall passiert, meint dazu Oberkommissar Thomas Keller von der Autobahnpolizei.

"In erster Linie muss sich jeder Verkehrsteilnehmer immer so verhalten, dass er weder sich selbst noch Leib und Leben anderer Menschen gefährdet." Bei den hohen Geschwindigkeiten auf der Autobahn seien schon Ausweichmanöver riskant. "Angenommen ein Fahrer weicht auf die linke Spur aus, wo gerade jemand mit 200 Stundenkilometern vorbeifährt, gibt es schnell wegen einem depperten Schwan drei Tote", sagt Keller. "Da ist es besser, ihn zu überfahren. Keinesfalls sollte man aussteigen und eine Jagd auf das Tier veranstalten, wie es am Freitag passiert ist. Das ist falsch verstandene Tierliebe, denn man bringt Menschen dabei in Gefahr."

Die Autobahnpolizei konnte den Schwan einfangen, er wurde mit einigen Blessuren in eine Vogelstation gebracht. Abgesehen davon kam es nur zu einem leichten Auffahrunfall mit Blechschaden, niemand wurde verletzt. "Da haben ganz viele Menschen ganz viel Glück gehabt", sagt Keller. "Es hätte gereicht, wenn ein einziger Autofahrer die Situation nicht rechtzeitig erkannt hätte."

Nicht nur Schwäne, sondern auch größere Wildtiere verirren sich nicht selten auf die Straße. Sich als Autofahrer in dieser Situation richtig zu verhalten, ist gar nicht so leicht. Viele neigen instinktiv dazu, eine Vollbremsung zu machen oder das Lenkrad zu verreißen. Fahrschullehrer Dirk Dlugosch übt das richtige Verhalten mit seinen Schülern auf der Landstraße: "Gas weg, Fernlicht aus, Dauerhupe. Das Fernlicht blendet die Tiere, sodass sie nichts sehen können und in Folge dessen auch nicht weglaufen, während das laute Geräusch der Hupe sie in Bewegung setzt. In 99 Prozent der Fälle ist dann schon alles erledigt." In der Region begegne man vor allem Rehen, in Niederbayern auch Wildschweinen. "Die haben eine ziemlich harte Muskulatur, das ist schon fast, als würde man gegen einen Baum fahren", sagt Dlugosch. In diesem Fall sei das richtige Vorgehen, mit Blick in den Innenspiegel und eingeschalteter Warnblinkanlage vorsichtig abzubremsen. "Bei Tieren bis Rehgröße ist es tatsächlich am sichersten, sie zu überfahren. Bei allen anderen kann man eigentlich nur bremsen und beten."

Trotz Übung ist es gerade für Fahranfänger schwer, richtig zu reagieren. "Ich erlebe bei jeder zweiten Nachtfahrt auf der Landstraße einen Wildwechsel", erzählt Dlugosch. "Viele erschrecken und erstarren dann." Die Rettung der Tiere ist Aufgabe der Polizei. Mehrmals pro Woche rücken Keller und seine Kollegen aus. "Hauptsächlich Rehe verirren sich auf die Autobahn. Bis wir da sind, sind sie oft wieder weg. Falls nicht, begleiten wir das Tier mit Blaulicht. " Außerdem drosselt die Autobahnpolizei die Geschwindigkeit des Verkehrs und gibt eine Rundfunkwarnung heraus. "Wenn wir keinen Erfolg damit haben, das Tier von der Fahrbahn zu locken, müssen wir die Straße sperren und es erschießen", sagt Keller.

© SZ vom 10.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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