Politischer Aschermittwoch der Freien Wähler:Sachthemen gegen Populismus

Lesezeit: 2 min

"Wir machen Sachpolitik vor Ort und kein populistisches Geschrei", sagte Freie Wähler-Kreisvorsitzender Rainer Mehringer. (Foto: Renate Schmidt)

Beim Politischen Aschermittwoch der Freien Wähler verzichtet Kreisvorsitzender Mehringer darauf, mit dem Gegner abzurechnen. Kritisiert wird vor allem die geplante Logistik- und Gewerbehalle in Erding und der Flughafenausbau

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

Politische Aschermittwoche werden in der Regel traditionell dafür genutzt, um mit den Gegnern sozusagen abzurechnen. Die Tradition der Veranstaltung halten die Freien Wähler (FW) im Landkreises Erding seit mehr als 40 Jahren hoch. Aber mit dem "Derblecken" haben sie es nicht so in Zeiten, in denen viel Polemik die Politik bestimmt. "Wir machen Sachpolitik vor Ort und kein populistisches Geschrei", sagte Kreisvorsitzender Rainer Mehringer am Mittwoch im Gasthaus Bachmaier in Pesenlern bei Wartenberg. Und wenn man nicht dem politischen Gegner im Landkreis einen mitgeben will, tut man es eben ein paar Ebenen höher: "Als Kind hat man uns beigebracht, höflich, fleißig und bescheiden zu sein. Aber so ist das wohl heute nicht mehr. Siehe Trump."

Und auch beim ersten Thema, das Mehringer anschnitt, war Trump indirekt beteiligt - in diesem Fall als Helfer. "Über TTIP müssen wir uns wohl dank Trump keine Gedanken mehr machen", sagte der FW-Kreisvorsitzende. Man sei dem Transatlantischen Freihandelsabkommen immer skeptisch gegenüber gestanden, vor allem wegen einer möglichen Gefährdung der kommunalen Daseinsvorsorge, etwa beim Wasser. Heute würde man die negativen Folgen einer Privatisierung mehr sehen.

Eine klare Meinung vertrat Mehringer beim Thema Logistik- und Gewerbehalle im Westen der Stadt Erding. Die geplante Halle haben "unglaubliche Dimensionen". Acht Hektar Fläche würden versiegelt und das "sei das Letzte, was wir brauchen", da Logistiker nur "prekäre Arbeitsverhältnisse" schaffen würden. Arbeitsplätze mit Löhnen, die in Erding nicht ausreichen zum Leben, benötige man nicht. "Wir haben bei uns rechnerisch Vollbeschäftigung, also gar nicht die Menschen, die auf diese Jobs angewiesen sind", sagte Mehringer. Die Folgen könne man auf den Parkplätze des Logistikzentrums von Rewe bei Eitting sehen: die Autos kommen überwiegend aus anderen Landkreisen, es seien Fremdeinpendler. "Und das wird auch in Erding passieren", sagte der Kreisvorsitzende. Die Halle würde nur mehr Pendlerverkehr erzeugen. "Wir haben bereits jetzt bei rund 135 000 Einwohner im Landkreis 85 000 Kraftfahrzeuge", sagte Mehringer. Dazu komme dann die Frage nach bezahlbaren Wohnraum für diejenigen, die auch dann vor Ort wohnen wollen. "Unser Ziel muss ein moderates Wachstum sein. Wir müssen nachdenken, wie mir unserem knappen Gut Boden umgehen." Seine Empfehlung deshalb an die Stadt: "Wir müssen uns auf die Handwerksbetriebe bei uns konzentrieren und nicht Fantasien nachhängen."

Umdenken müsse man auch bei der geplanten dritten Startbahn am Münchner Flughafen. Mehringer sieht die Aussagen, "dass dort endlich was geschehen muss" mit Sorge. "Wenn ich mir Flughäfen wie Heathrow in London, Charles de Gaulle in Paris und Schiphol in Amsterdam ansehen, dann sind dort Menschenmassen. Das ist in München nicht der Fall. Die Freien Wähler stünden zum Airport, "aber ich habe in den letzten zwei Jahren keine Argumente für die dritte Startbahn gesehen." Für ihn muss der Flughafen da sein, "um die Bürger in die Welt oder nach München zu bringen". Mehr Umsteiger nach München zu locken, würde nur künstlich den Bedarf auf Kosten von mehr Lärm und mehr Bodenversieglung bedeuten.

"Sehr emotional belegt" ist laut Mehringer das Thema Kliniken im Landkreis. Dass es eine jährlichen Fehlbetrag dort gebe, sein nicht weg zu diskutieren. Dafür springe der Landkreis ein - mit Geld der Steuerzahler. Die Grund- und Regelversorgung müsse aber gewährleistet sein. "Mit einer Notaufnahme werden Sie nicht reich." Derzeit gebe es allerdings einen "Krankenhaus-Tourismus" zu Kliniken außerhalb, was es erschwere, kostendecken zu arbeiten. "Stehen sie zu unseren Krankenhäusern, wenn sie sie brauchen", rief Mehringer die Zuhörer auf.

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: