Landesentwicklungsprogramm:Oberding ist unzufrieden

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Nicht dicht genug bebaut? Der Oberdinger Ortskern. (Foto: Renate Schmidt)

Ottenhofen aber nicht Oberding? Die Flughafengemeinde sieht sich durch das Landesentwicklungsprogramm benachteiligt. Die Bürger bekommen keine Ballungsraumzulage, auch der Einzelhandel unterliegt Beschränkungen.

Von Regina Bluhme, Oberding

Warum ist Ottenhofen drin und Oberding nicht? Der Oberdinger Bürgermeister Bernhard Mücke (CSU) kann nicht verstehen, warum seine Gemeinde im Landesentwicklungsprogramm (LEP) nicht mehr dem Verdichtungsraum München zugeordnet wird. Nach der Neufassung des LEP im Jahr 2013 gilt Oberding als ländlicher Raum - und vermisst seither nicht nur die Ballungsraumzulage.

"Warum sind wir ländlicher Raum und Ottenhofen Verdichtungsraum? Bei aller Liebe - ich kann da keine Erklärung finden", sagt Bürgermeister Mücke. Geschäftsleiter Josef Steinkirchner holt im Rathaus eine Karte hervor. Dort ist der Verdichtungsraum München als dicker, lila Klecks eingezeichnet. Ein Großteil des Landkreises Erding gehört dazu. Zwischen Freising und Erding weist der Klecks aber eine Kerbe auf. "Richtig rausgeschnitten haben sie uns", sagt Steinkirchner.

Das LEP gilt als Masterplan der Staatsregierung. Seit den 70er Jahren werden hier die Grundlagen für Bayerns Entwicklung festgelegt. Das zentrale Ziel: In allen Regionen sollen gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Dazu wurde Bayern in unterschiedliche Räume eingeteilt, für die unterschiedliche Maßnahmen festgelegt wurden. Seit der Neufassung 2013 brodelt es in Oberding.

Nur Nachteile habe Oberding seither, klagt der Bürgermeister. So sei zum Beispiel die Ballungsraumzulage für die Beschäftigten weggefallen. Und das in einer Gemeinde mit enormen Zuzug und Wohnungsmangel, "der gleichzeitig die Einführung der Mietpreisbremse zugestanden wurde". Aber könnte eine so gut situierte Gemeinde wie Oberding für die Zulage nicht selber in die Tasche greifen? "Schwierig", antwortet Steinkirchner. "Denn das betrifft das Tarifregelwerk."

Als weiteren Nachteil kritisiert Mücke, "dass wir unser Gewerbegebiet nicht so gestalten können, wie wir uns das vorstellen". Die Gemeinde würde gerne in Schwaig, dessen Gewerbegebiet laut Steinkirchner bis zu 4000 Beschäftigte zählt, ein Einkaufszentrum errichten mit einem großen "Ankermieter" und mehreren kleinen Läden und Imbissen, Restaurants, eventuell Fitness-Center. "Für einen Magneten wird es erst ab 2000 Quadratmetern interessant", so Steinkirchner. Das sei aber nur im Verdichtungsraum zulässig.

Das für das LEP zuständige Ministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sieht die Sache hingegen anders. Wie Pressesprecherin Carolin Mayr auf Nachfrage mitteilt, hat die Größe von Supermärkten ursächlich "nichts mit Verdichtungsraum oder ländlicher Raum zu tun". Entscheidend sei vielmehr, ob eine Gemeinde als "Zentraler Ort" eingestuft sei. Eine Kategorie, in die Oberding für das Ministerium offensichtlich nicht fällt.

Im Gewerbegebiet Schwaig arbeiten 4000 Menschen

Wie die Pressesprecherin weiter mitteilt, habe es in der Vergangenheit eine Zeit gegeben, "da wollte Oberding von sich raus aus dem Verdichtungsraum". Man habe sich wohl mehr Freiheiten in der Bauleitplanung versprochen. Die Zeiten sind vorbei - jedenfalls hat sich 2014 Mückes Vorgänger, Helmut Lackner, an das Staatsministerium für Landesentwicklung und Heimat gewandt und die negativen Auswirkungen der Neufassung beklagt. Mücke holt die Kopie des Antwortschreibens des Ministeriums hervor, das der Gemeinde eine klare Absage erteilt. Oberding liege bei einigen Kriterien nicht über dem Landesdurchschnitt, zum Beispiel bei der "Einwohner-/Bevölkerungsdichte 2010" oder "Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung im Zeitraum von 2000 - 2010", heißt es in der Begründung.

Bei der Überarbeitung des LEP hätten die Verantwortlichen wohl übersehen, wie rasant Oberding sich entwickle, kontert Mücke. Die Zahlengrundlage sei veraltet, allein im vergangenen Jahr sei Oberding um drei Prozent auf 6500 Einwohner angewachsen - "mit den entsprechenden Anforderungen an die Infrastruktur". Nahezu alle großen Straßenbauprojekte im Landkreis führten über Oberdinger Flur. Wenn man dann noch die Ausbaupläne des Flughafens und alle erforderlichen Ausgleichsflächen hinzunehme, "dann ist über ein Drittel unserer Gemeindefläche betroffen", betont Mücke.

Seine Parteikollegen Ministerpräsident Horst Seehofer und Innenminister Joachim Herrmann wissen jedenfalls Bescheid über Oberdings Anliegen: Er habe beide auf das Thema angesprochen, sagt Mücke. Bislang ohne Erfolg. Zum ersten Quartal 2016 sei ihm zumindest von Herrmanns ein Gespräch zugesagt, erklärt Mücke. "Man soll die Hoffnung nie aufgeben."

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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