Oberding:Landwirte pochen auf flexiblere Lösungen

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Der Erdinger Ringschluss erfordert 50 Hektar Ausgleichsfläche für Natur- und Artenschutz - doch es gibt kaum noch Grund

Bei einer Infoveranstaltung des Bayerischen Bauernverbands zum Erdinger Ringschluss in Niederding dürften einige Landwirt geschluckt haben: Die Deutsche Bahn Netz AG benötigt 18 Hektar Grund für die Strecke Erding bis zur Anschlussstelle Flughafen und dafür werden insgesamt rund 50 Hektar Ausgleichsfläche für Natur- und Artenschutz verlangt. Der Großteil dieser Maßnahme betrifft die Gemeinden von Eitting und Oberding. Doch freie Flächen sind in der boomenden Flughafenregion Mangelware. Die Landwirte fordern flexiblere Lösungen für den Landkreis.

"Das Thema Ausgleichsflächen ist in Oberding und Eitting leider nichts Neues", sagt Franz Sedlmeier. Der Umwelt- und Bewertungsreferent des Bayerischen Bauernverbands war einer der Sprecher des Infoabends in Niederding. Neben dem Ringschluss liefen noch weitere Planungen, zum Beispiel der Ausbau der Flughafentangente Ost oder die Nordumfahrung Erding. Auch für diese Maßnahmen müssen laut Bundesnaturschutzgesetz Ausgleichsflächen her, auf denen eine landwirtschaftliche Nutzung ausgeschlossen ist. Wie dieser Ausgleich berechnet wird, das ist in Bayern seit 2013 in einer eigenen Kompensationsverordnung geregelt. Die gut 50 Hektar beim Ringschluss setzen sich laut Sedlmeier folgendermaßen zusammen: 18 Hektar für den Naturschutz, 20 Hektar für den Artenschutz, 12,5 Hektar für das Programm Natura 2000 und "gut ein Hektar für den Waldausgleich".

"Aus meiner Sicht erfolgt in einigen Bereichen eine zu enge Auslegung der Vorschriften", sagt Hartwig Schneider, Jurist bei der Münchner Rechtsanwaltsgesellschaft "Landvokat" und ein weiterer Referent des Abends. Die Auslegung sei zu eng für einen Landkreis, in dem "ununterbrochen irgendwelche Baumaßnahmen laufen". Es sei seiner Ansicht beispielsweise "Unfug", für den Kiebitz aufgrund einer Baumaßnahme "kilometerweit entfernt" eine Ausgleichsfläche zu schaffen. Es müsse doch möglich sein, an Ort und Stelle einen Lebensraum für die Tiere zu erhalten, sagt Rechtsanwalt Schneider.

"Es sind schon extrem viel Ausgleichsflächen, die im Landkreis fällig werden", erklärt Franz Sedlmeier. Finanzielle Entschädigungen hülfen da nur bedingt, betont Gerhard Stock, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands. Denn es gebe kaum mehr Grundstücke zu kaufen. "Wir sorgen uns schon. Bei uns gibt es einfach keine Möglichkeit mehr, an Flächen zu kommen", sagt Jakob Maier, Obmann des Bauernverbands aus Niederding. Ein regelrechter "Kampf um Pachtplätze" sei im Gange und da gebe es "Kollegen, die bereit sind, Preise zu zahlen, die betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar sind", sagt Maier. Probleme bereiteten darüber hinaus nicht nur die fehlenden Flächen, Maier fügt hinzu: "Es geht auch um die zukünftige Erreichbarkeit der Grundstücke."

Natur- und Artenschutz muss sein, betont der Niederdinger Landwirt. Doch vielleicht gebe es innerhalb der Verordnung Spielräume, die für den Landkreis Erding angewandt werden könnten. So sollte es laut Maier mehr Möglichkeiten geben, auf bewirtschafteten Feldern Räume für den Artenschutz einzurichten. Ein geeignetes Instrument dafür wären seiner Ansicht nach sogenannte Produktionsintensive Kompensationsmaßnahmen, kurz Pik. Hier werde auf bewirtschafteten Flächen Lebensraum für Tiere freigehalten. In den "Lerchenfenstern" oder "Kiebitzinseln" könnten gefährdete Vogelarten einen Rückzugsraum finden.

Im Landkreis Erding müssten in Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden "sämtliche Möglichkeiten für innovative Wege" ausgelotet werden, betont auch Hans Wiesmaier, der Vorsitzende des Erdinger Gemeindetags. Das Thema habe ihn und Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) des Öfteren ins Bayerische Umweltministerium geführt, berichtet er. Dort sei "das Bewusstsein, dass Erding eine Sondersituation herrscht, durchaus angekommen", davon ist er überzeugt. "Nun hoffen wir, dass für den Landkreis auch Sonderlösungen möglich sind." Wie diese aussehen könnten, ließ er jedoch offen.

Für die Landwirte aus den Gemeinden Eitting und Oberding wird die Zeit langsam knapp. Noch bis Mittwoch, 14. Oktober, liegen im Oberdinger Rathaus die Unterlagen für die Planfeststellung aus. Dann haben die betroffenen Bauern zwei Wochen Zeit, um ihre Einwendungen bei der Gemeinde oder bei der Regierung von Oberbayern geltend zu machen. Wie Rechtsanwalt Hartwig Schneider berichtet, haben bereits einige mit ihm Kontakt aufgenommen.

© SZ vom 13.10.2015 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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