Oberding:Erinnerung an ein verschwundenes Dorf

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Seit 1974 steht das Feldkreuz an der Franzheimer Straße. Vor kurzem erst hat Johann Reiss die kleine Anlage komplett renoviert. (Foto: privat)

Das alte Feldkreuz der Gemeinde Franzheim wurde renoviert. Es zog im Rahmen der Umsiedlung wegen des Flughafenbaus mit fünf Familien nach Notzingermoos, wo es seit 1974 steht

Von Regina Bluhme, Oberding

Franzheim gibt es nicht mehr. Die Oberdinger Ortschaft im Erdinger Moos musste in den 1970er-Jahren dem Bau des Münchner Flughafens weichen. Fünf Familien sind damals nach Notzingermoos umgesiedelt. Mit im Gepäck: Das alte Feldkreuz der Gemeinde. Seit 1974 steht es an der Franzheimer Straße und es wird sorgfältig gepflegt. Vor Kurzem erst hat Johann Reiss die kleine Anlage komplett renoviert.

Johann Reiss war 15 Jahre alt, als er mit der Familie von Franzheim nach Notzingermoos umgesiedelt ist. "Am schlimmsten war es für die Eltern", erzählt er. Doch auch ihn ließ die Erinnerung an die alte Gemeinde nicht los. Er sammelt seit Jahren Dokumente und Fotos, hat ein Treffen aller ehemaligen Franzheimer organisiert. Auch um das alte Feldkreuz der Gemeinde kümmert er sich. Allerdings hat er noch nicht herausfinden können, in welchem Jahr das Kreuz in Franzheim aufgestellt worden ist.

"Früher wurde halt nicht so viel fotografiert", erklärt er. Aber es gibt ein Bild aus dem Jahr 1950. Darauf sind die Birken links und rechts vom Kreuz an die zwei Meter hoch, "daher muss das Kreuz schon ein paar Jahre gestanden haben." Er schätzt, dass es zwischen 1945 und 1948 errichtet worden ist. In Franzheim stand das hölzerne Kreuz am Hof von Josef Stangl und diente als Altarstelle für die Prozessionen zu Fronleichnam. Was man sich heute kaum mehr vorstellen kann: Damals bestand die Gemeinde aus über 70 Anwesen, es gab eine Kirche, eine Schule und zwei Gaststätten.

Als es ernst wurde mit der Absiedlung, zog das Feldkreuz mit fünf Familien nach Notzingermoos. 1974 wurde es an der Franzheimer Straße aufgestellt und seither immer wieder einmal renoviert. Jetzt war es wieder soweit. Die Waschbetonplatten waren gebrochen, die ausgewachsenen Zypressen links und rechts verdeckten das Kreuz, es kamen auch noch der Lackschaden und Fäulnis hinzu im Holz dazu. Wie Johann Reiss berichtet, wurde das Eichenholz komplett abgeschliffen und anschließend dreimal gestrichen, die Unterkonstruktion sandgestrahlt, zwei neue Bäume links und rechts vom Kreuz gepflanzt, der Zugang mit neuen weißen Granitsteinen angelegt und beidseitig mit kleinen Buchsbäume bepflanzt. Ein Kupferdach schützt die Jesusfigur aus Bronze. Für die Renovierungsarbeiten hat der Gemeinderat Oberding kürzlich einstimmig einen Zuschuss von 1000 Euro gewährt.

"Das Kreuz soll eine Erinnerung an Franzheim sein", sagt Johann Reiss. "Jeder von den fünf umgesiedelten Höfen, der an dem Kreuz vorbei kommt, weiß etwas damit anzufangen." Im nächsten Jahr soll es offiziell geweiht werden. Neben dem Kreuz und der Franzheimer Straße erinnert der Franzheimer Ring in Zengermoos an das verschwundene Dorf. Dort steht eine Kapelle, in der sich laut Reiss die kleinste der ehemaligen Kirchenglocken von Franzheim befindet. Eine weitere Glocke müsste nach Ansicht von Johann Reiss in der Aussegnungshalle in Oberding existieren. "Alles hat sich verteilt", sagt der 57-Jährige. Dabei habe sich die Kirche von Franzheim noch am längsten gehalten: "Sie war das letzte Gebäude, das noch stand. Bis 1985." Dann war alles vom Ort Franzheim weg.

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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