Nach Münchner Vorbild:Dorfen liebäugelt mit Sobon

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In Dorfen wird gebaut. Trotzdem steigen die Preise. Mit Sobon kann zum Teil ein Ausgleich geschaffen werden. (Foto: Renate Schmidt)

In geheimer Sitzung berät der Stadtrat über die sozialgerechte Bodennutzung. War das erlaubt? Die Kommualaufsicht ist eingeschaltet

Von Florian Tempel, Dorfen

München hat es schon seit 20 Jahren, Erding arbeitet daran und auch in Dorfen zeigt der Stadtrat nun Interesse: am Konzept der sozialgerechten Bodennutzung (Sobon), das Wohnbauunternehmen verpflichtet, bei größeren Bauprojekten einen bestimmten Anteil der Wohnungen zu vergünstigten Kauf- und Mietpreisen auf den Markt zu bringen. Der Stadtrat hat der Stadtverwaltung vor einer Woche den Auftrag erteilt, sich konkret mit einem Sobon-Modell für Dorfen zu beschäftigen. Eine hochinteressanten Nachricht - die der Öffentlichkeit vorenthalten werden sollte. Das Thema wurde in Dorfen in einer Stadtratssitzung hinter verschlossenen Türen behandelt. Diese Geheimhaltung war offensichtlich rechtswidrig.

Die bayerische Gemeindeordnung schreibt eindeutig vor, dass grundsätzlich alle Sitzungen eines Stadt- oder Gemeinderats öffentlich sind. Der Ausschluss der Öffentlichkeit ist nur dann zulässig und geboten, wenn "das Wohl der Allgemeinheit" oder "berechtigte Ansprüche Einzelner" gefährdet sind. Bei einem Thema wie Sobon ist weder das eine noch das andere denkbar, bestätigt der Sprecher des bayerischen Gemeindetags, Wilfried Schober. Der Dorfener Stadtrat hätte also das Thema zwingend in einer öffentlichen Sitzung besprechen müssen, die von den Bürgern und Pressevertretern besucht werden kann. Gleiches gilt für einen anderen Tagesordnungspunkt der geheimen Sitzung: Auch die Diskussion über die Ziele des Dorfener Stadtentwicklungskonzepts hätte öffentlich sein müssen.

Kommunalaufsicht eingeschaltet

Die Grünen-Stadträtin Ursula Frank-Mayer monierte die Nichtöffentlichkeit der Beratungen zu Beginn der Sitzung. Weil sie aber mit ihrer Kritik erfolglos blieb, hat sie nun die Kommunalaufsicht am Landratsamt "für eine objektive Prüfung des Sachverhalts eingeschaltet".

Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) rechtfertigt die nicht-öffentliche Sitzung so: "Es muss einem Gremium vorbehalten sein, bestimmte Dinge vorzuberaten, ohne dass es gleich an die große Glocke gehängt wird." Es sei der "Meinungsbildung" im Stadtrat nicht förderlich, "wenn man es gleich in der Öffentlichkeit macht". Außerdem sei es auch aus ganz pragmatischen Gründen zu der nicht-öffentlichen Sitzung gekommen.

Ende Juli war ein "Workshop" des Stadtrats zum Stadtentwicklungskonzept angesetzt. Da jedoch weniger als die Hälfte der Stadträte erschienen, platzte der Termin. Um für mehr Präsenz zu sorgen, wurde die nicht-öffentliche Stadtratsitzung angesetzt - denn bei der herrscht für Stadtratsmitglieder Anwesenheitspflicht. "Ob das jetzt ein Workshop war oder Stadtratssitzung - das ist doch Haarspalterei", sagt Grundner.

"Ich bin ja nicht komplett wahnsinnig"

An diesem Mittwoch steht auf der Tagesordnung des Dorfener Stadtrats erneut ein Punkt, der öffentlich stattfinden müsste, aber hinter verschlossenen Türen behandelt werden soll. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Dorfener Stadtwerke, der Zweite Bürgermeister Günther Drobilitisch (Landlisten), soll einen "Sachstandbericht" zum Aufbau der neuen Telekommunikationssparte und des Glasfasernetzes der Stadtwerke geben. Bürgermeister Grundner wollte, dass Drobilitsch im öffentlichen Teil der Sitzung spricht.

Der Aufsichtsrat der Stadtwerke fand das jedoch nicht gut. Denn am Donnerstag wird Stadtwerkechef Karl-Heinz Figl in einer Informationsveranstaltung die Öffentlichkeit über das gleiche Thema informieren. Ein öffentlicher Bericht einen Tag zuvor im Stadtrat stehle dem Stadtwerkechef sozusagen die Schau. Grundner entsprach dem Wunsch, Drobilitschs Vortrag zur Geheimsache zu machen. "Natürlich hätte ich mich gegen den gesamten Aufsichtsrat stellen können", sagt Grundner. "Aber ich bin ja nicht komplett wahnsinnig."

© SZ vom 07.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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