Fünf Jahre lang war Reinhard Loechle damit beschäftigt. "Es war sehr viel Vorbereitung und Arbeit", sagt der ehemalige Erdinger Musikschuldirektor und aktuelle Kreisvolksmusikpfleger, "und am Anfang war mir nicht einmal klar, wie ich das herausbringen soll". Doch Geduld und Einsatz haben sich gelohnt. Mit der CD "Musi und Gsang im Landkreis Erding" ist ihm nicht nur eine tolle Auswahl und eine nachhaltige Dokumentation gelungen. Mit dem Album hat er zudem den Auftakt zu einer neue Reihe gesetzt. Das Zentrum für Volksmusik, Literatur und Popularmusik des Bezirks Oberbayern in Bruckmühl, das die Produktion der CD unterstützt und finanziert hat, will in den kommenden Jahren ähnliche Volksmusik-Compilations aus anderen Landkreisen herausbringen.
Die erste Ausgabe der "Dokumente regionaler Musikkultur in Oberbayern" spielt also im Landkreis Erding. Über die vielfältige und abwechslungsreiche Volksmusikszene weiß niemand mehr und besser Bescheid als Loechle. Er kennt nicht nur seit Jahrzehnten alle aktiven Gruppen. Er war und ist ja auch selbst Mitspieler in vielen Ensembles. Loechle hat darüber hinaus auch die weit zurückreichende Tradition der Volksmusik zwischen Sempt, Isen und Vils erforscht, namentlich die großen Sammlungen der Musikanten-Familien Alexander Reiser aus Thalheim und Josef Steiner aus Dorfen. Von diesen beiden Musikerdynastien aus dem 19. und 20. Jahrhundert haben jeweils mehrere Tausend Notenblätter, alle handgeschrieben, die Zeiten überdauert. Die beiden Sammlungen, die im Archiv der Kreismusikschule Erding in Kopie komplett vorliegen, sind enorme Schätze. Die Originale befinden sich mittlerweile im Institut für Volkskunde der Akademie der Wissenschaften. Es gibt zwar keine Aufnahmen aus der Originalzeit, aber einige Stücke aus den bis zu 150 Jahre zurückreichenden Notensammlungen sind für die CD neu eingespielt worden. "Damit das nicht bloß verstaubt", wie Loechle sagt. Die Blaskapelle Hohenpolding präsentiert zwei Stücke aus der Sammlung Josef Steiner, die Musikschul-Lehrermusi spielt drei Werke aus dem Noten-Fundus von Alexander Reiser.
"Die überlieferten Noten geben Einblick in das Repertoire und die Besetzungen der kleinen Musikkapellen früherer Zeiten", sagt Loechle. Die Musiker der Familie Reiser waren sehr vielseitig und beherrschten viele Instrumenten, es galt schließlich Musik für jeden Anlass und Gebrauch zu spielen: in der Kirche und bei Beerdigungen genauso wie zu Festen, im Wirtshaus oder bei Tanzveranstaltungen. Es gibt sogar reine Streicherkstücke, die die Reisers seinerzeit bei Kurkonzerten in der Klinik Wartenberg gespielt haben.
Trotz der Umwälzungen und tief greifenden Veränderungen des Erdinger Landkreises vor allem im 20. Jahrhundert ist die Volksmusik hier sehr lebendig geblieben, sagt Loechle. Die "Reichhaltigkeit der regionalen Musikkultur und die Anzahl von über 50 Volksmusikgruppen in unterschiedlichsten Besetzungen", sei doch ganz erstaunlich, findet nicht nur er.
Für seine neue CD hat er auch einige bereits Jahrzehnte zurückliegende Einspielungen und Aufnahmen des Bayerischen Rundfunks verwendet. 1978 wurde in der Kreismusikschule eine Volksmusik-Schallplatte aufgenommen, es folgte vier weitere CDs. Daneben sind aber auch Stücke ganz frisch ausgenommen worden. Eine Mischung war Loechle wichtig, um "möglichst viele Dokumente der vergangenen und aktuellen Zeit zu sammeln und die vielen Wege und Entwicklungen der regionalen Musikkultur für die Nachwelt zu erhalten", sagt Loechle. Die mitwirkenden Gruppen auf der neuen CD sind: die Klarinettenmusi Faltermaier, der Eicherloher Dreigesang, die Musikschul-Lehrermusi, der Reithofner Zwoagsang, die Westacher Sänger und Westacher Musi, das Erdinger Gitarrentrio, Wast und Katharina Brandl, die Geigenmusi Geschwister Haindl, die Wagner-Buam, die Altbairische Blasmusik, die Singschulkinder Altenerding, das Erdinger Zithertrio, die Giglinger Kinder, die Wartenberger Volksmusik, die Erdinger Geigenmusi, die Reisener Sängerinnen, die Musikschul-Tanzlmusi und die Blaskapelle Hohenpolding.