Musical in Dorfen:Täuschungsspiel am Olymp

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Ein Hin und Her zwischen omnipotenter Götterwelt und irdischem Realitätsverlust als Show: Ernst Bartmann und Andreas Wiedermann inszenieren in Dorfen den Klassiker "Nicht von dieser Welt"

Von Florian Tempel, Dorfen

Es ist wieder einmal so weit. Im Jakobmayer probt Opera Incognita ein neues Stück ein. Ernst Bartmann, der musikalische Leiter der freien Musiktheater-Compagnie, und Regisseur Andreas Wiedermann haben sich nach sechs Opern- und Operettenklassikern, die sie in nur vier Jahren in Dorfen auf die Bühne gebracht haben, diesmal für ein Musical entschieden. "Nicht von dieser Welt" ist zwar auch ein Klassiker. Weil es, erstens, vom großartigen Cole Porter komponiert wurde und weil es, zweitens, eine Adaption des Amphitryon-Stoffs ist, den schon der alte Plautus (254-184 v.Chr.), Molière (1622-1673) und Heinrich von Kleist (1777-1811) als Komödien herausgebracht haben. Gleichzeitig ist das vor 65 Jahren in New York unter seinem Originaltitel "Out of This World" uraufgeführte Werk aber ein ziemlich unbekanntes Musical. Zuletzt war es in der deutschen Fassung 2007 in Stuttgart zu sehen.

Um was es geht, ist schnell erzählt. Statt dem thebanischen Feldherr Amphitryon und seiner ihn liebenden Ehefrau Alkmene sind die Protagonisten bei Porters Adaption der New Yorker Reporter Art O'Malley und seine ihn liebende Ehefrau Helen. Die ist so begehrenswert, dass der alte Schwerenöter Jupiter seinen Sohn Merkur losschickt, sie in seine Nähe nach Griechenland zu locken. Das gelingt Merkur, indem er dem Journalisten O'Malley eine Top-Story verspricht: Eine exklusive Recherche in Griechenland nach einem vom FBI gesuchten Gauner. Die Reise lasse sich zudem ideal mit den Helen versprochenen Flitterwochen verbinden. In einem kleinen Hotel in der Nähe des Olymp geht das muntere Täuschungsspiel dann los. Ein tolles Hin und Her zwischen vermeintlich omnipotenter Götterwelt und irdischem Realitätsverlust. So einfach, wie sich der lüsterne Obergott das vorgestellt hat, funktioniert es aber nicht. Seine Gattin Juno kennt ihren Alten schließlich viel zu gut.

"Nicht von dieser Welt" mit Robert Gregor Kühn, Martina Mühlpointner, Markus Alexander Neisser (v.l.). (Foto: Misha Jackl)

Die Dorfener Produktionen von Wiedermann und Bartmann sind schon deshalb eine Show, weil es außergewöhnlich ist, in einer Kleinstadt so professionelles und originelles Musiktheater erleben zu können. Besonders bei Opera Incognita ist auch, dass das Publikum begabte junge Sängerinnen und Sänger zu sehen und hören bekommt.

Bei "Nicht von dieser Welt" sind zwei Sängerinnen dabei, die nicht zum ersten Mal in Dorfen auf der Bühne stehen. Elisabeth Margraf war schon bei Lehárs "Lustige Witwe" dabei, Carolin Ritter bei Humperdincks "Hänsel und Gretel". Ritter hat in Augsburg und Nürnberg Gesang und Musiktheater studiert und ihre Ausbildung mit Auszeichnung abgeschlossen. Sie beherrscht ein vielfältiges Repertoire von klassischer Oper über Operette bis zum Jazz. Sie übernimmt die Rolle der Göttergattin Juno.

Die in Meran geborene Elisabeth Margraf ist nicht minder vielseitig. Sie hat an der Sorbonne Musikwissenschaft und nebenbei Tanz und Gesang studiert. In New York hat sie eine Musicalausbildung absolviert, bis sie die Liebe zum Operngesang entdeckte, sich an der Julliard School weiterbildete und zurück in München die Leute von Opera Incognita kennen lernte. Bei "Nicht von dieser Welt" singt sie zwei Rollen und ist für die Choreografien verantwortlich. Denn wie es sich für ein Musical gehört, wird nicht nur gesungen und gespielt, sondern auch getanzt. Nicht zuletzt vom 15-köpfigen Chor, der ebenfalls eine Doppelrolle hat: Mal sind sie göttliche Gestalten, mal ganz normale Griechen.

Für eine Kleinstadt außergewöhnlich professionell und originell: Elisabeth Margraf und Carolin Ritter (v.l.). (Foto: Misha Jackl)

Martina Mühlpointner verkörpert die Hauptrolle der schönen Helen. Sie hat in Leipzig Musiktheater studiert, in vielen Musical-Produktionen mitgewirkt und zahlreiche Liederabende gegeben. Sie ist in München Dozentin für Gesang und steht nach einer Babypause wieder auf der Bühne. Ganz wichtig ist auch: Sie hat den Kontakt zu Markus Alexander Neisser hergestellt, der die Doppelrolle des Art O'Malley und des Jupiters ausfüllt.

Obwohl Neisser in Armstorf aufgewachsen und in Dorfen zur Schule gegangen ist, kommt er nun über den vielleicht größten Umweg zurück in die Stadt. Der Absolvent der Bayerischen Theaterakademie war zuletzt fünf Monate auf dem neuen ZDF-Traumschiff, der MS Amadea auf Kreuzfahrt, als Gesangssolist und musikalischer Leiter. Kurz bevor er im Sommer von Danzig aus Richtung Grönland auslief, erreichte ihn die Anfrage, bei der neuen Opera Incognita-Produktion dabei zu sein. Im Nordatlantik nahm er auf dem Schiff mit dem Kreuzfahrt-Pianisten Gesangsproben auf und schickte sie als Bewerbung per E-Mail an Bartmann. Dem gefiel es so gut, dass er Neisser anheuerte.

Der Münchner Schauspieler, Sänger und Moderator Robert Gregor Kühn singt und spielt den Merkur. Er hat bei mehreren Sprechtheaterstücken von Regisseur Wiedermann mitgewirkt, war aber noch nicht in Dorfen zu sehen. Die Rolle des Gangsters übernimmt ein bekannter Eingeborener - kein Grieche -, sondern Max Hupfer, ehemals Sänger von Sigurd kämpft und Gnadenkapelle. Die Bühne stammt wieder von Toni Empl, die Kostüme von Barbara Gruber und die Produktionsleitung hat Evi Festl.

Premiere ist am Mittwoch, 30. Dezember. Weitere Aufführungen am 31. Dezember sowie am 2., 5., 28., 29. und 30. Januar. Beginn jeweils um 20 Uhr, Einlass ab 19 Uhr, außer an Silvester jeweils eine Stunde später. Karten bei Ticket Treff Dorfen Telefon 08081/1393.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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