Mitten in der Region:Vom Brettl direkt ins Gericht

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Ein kurioser Fall könnte sich auch für ein Theaterstück eignen

Kolumne von Wieland Bögel

Im Bairischen gibt es, wie in vielen anderen Sprachen auch, das Phänomen der Polysemie. Wessen Deutschunterricht schon zu lange her ist: Es geht um Wörter, die mehrere Bedeutungen haben - also mehrere pro Wort, sonst wäre es ja nicht besonders. Etwa das Wort Brettl, das, wie auch ohne Bairischkenntnisse unschwer zu erraten ist, ein langes, flaches Stück Holz bezeichnet, eben ein Brett. Gleichzeitig bezeichnet Brettl auch eine besonders im Alpenvorland verbreitete Form der Thespischen Kunst, also des Theaters. Dessen Bretter ja bekanntlich die Welt bedeuten. Hier soll es darum gehen, wie manchmal das eine mit dem anderen Brettl wundersam verbunden ist - wie sich am Ebersberger Amtsgericht zeigte.

Verhandelt wurde der Fall eines Autofahrers, dem ein Schaden von mehr als 3000 Euro an seinem Gefährt entstanden war. Der Mann hatte während des Vaterstettener Wollmarktes im vergangenen Herbst auf einer angrenzenden Wiese geparkt. Dabei hatte er wohl einen aus dem Erdreich ragenden größeren Metallstift übersehen, der dann den Vorderreifen aufriss und das Fahrzeug auf einer gewissen Länge gleich mit. Jetzt kommt das Brettl ins Spiel. Der Autofahrer hatte nämlich unter einem Werbeplakat für die Brettlbühne geparkt. Der Theaterverein fand sich daraufhin als Beklagter vor Gericht wieder, da der Metallstift zur Befestigung eben jenes Werbebrettls für die Brettlbühne diente. Ein solches Metallteil habe auf einem Parkplatz nichts zu suchen, argumentierte nun die Anwältin des Klägers, weshalb die Brettlbühne Schadenersatz leisten müsse. Müsse sie gar nicht, meinte dagegen der Anwalt des beklagten Vereins, die Wiese sei nämlich gar kein Parkplatz gewesen, ja an dem fraglichen Tag sei sogar per Absperrband auf diese Tatsache hingewiesen worden.

Bis zum 1. Oktober gab Amtsrichter Markus Nikol den Parteien nun Zeit, sich zu einigen, sonst wird weiterverhandelt, unter anderem mit einigen Zeugen, die über die Eignung der Wiese als Parkplatz Auskunft geben sollen. Der Brettlbühne kann man nur empfehlen, bei der Verhandlung gleich Ideen für die nächste Spielsaison zu sammeln. Vielleicht als Episode aus dem Königlich Bayerischen Amtsgericht.

© SZ vom 07.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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