Mitten in der Region:Köperentgiftung am Bahnhof

Von wegen Snackautomaten haben nur Junk-Food im Angebot. Es geht auch anderes: An ausgesuchten Bahnsteigen verkürzt Superfood die Wartezeit auf die nächste S-Bahn.

Glosse von Thomas Radlmaier

Sie sind die Retter der zu spät Gekommenen, Durstigen und Hungrigen, der Enttäuschten: die Snack-Automaten an Bahnhöfen. Wer die S-Bahn knapp verpasst hat oder diese aus unerfindlichen Gründen mal wieder ausgefallen ist, ist zum Warten gezwungen. Auf dem Bahnsteig schleicht dann die Einsamkeit auf leisen Sohlen umher. Die einzige Gesellschaft in dieser Tristesse liefert der leuchtende Snack-Automat, der Schokoriegel, Gummibärchen oder Chips anpreist. Wie ein guter Freund, der einem in einer ausweglosen Lage eine Stütze ist und einen guten Rat parat hat: Iss ein Bifi und der Weltschmerz schwindet.

Das meiste Zeug aus den Snackomaten ist alles andere als gesund. Ein Manko, dem die Deutsche Bahn etwas entgegensetzen möchte. Der Konzern, bekannt dafür, auf Züge aufzuspringen, hat den Trend zum Superfood erkannt und an den Bahnhöfen in Dachau, Freising, Gemering-Unterpfaffenhofen, Holzkirchen sowie an der Donnersbergerbrücke und den Siemenswerken neue Automaten mit "gesundem und frischen Essen" aufgestellt. Es gibt zum Beispiel Bananenbrot, Grillgemüse, Humus, Räucher-Tofu, verschiedene Bowls oder vegane Burgerpatties, das meiste davon mit Bio-Siegel und nachhaltig verpackt. Auch Getränke haben die Automaten in ihrem Inneren, wie verschiedene Eisteesorten oder kaltgepresste Säfte. Bahn frei für Körperentgiftung beim so oft toxischen Pendeln.

Die Deutsche Bahn nennt die Automaten "Zugvögel". Damit wolle man die Nachhaltigkeit und Frische der Produkte hervorheben, heißt es in der Mitteilung. Der Name spiele auf einen Vogel an, der Nahrung ins Nest legt. Reisende können ihre Speisen vorab online reservieren und per Paypal oder Karte bezahlen. Das Essen liegt hinter einer Klappe, auf der "Nest" steht. Die "Zugvögel" sind so etwas wie die Hipster unter den Automaten. "Wir möchten mit diesem Service die Bahnhöfe für unsere Gäste attraktiver gestalten und so mehr Menschen für die umweltfreundliche Schiene gewinnen", wird die Bahnhofsmanagerin für die Stationen in München und Umland in einer Mitteilung zitiert.

Fahrgäste können sich also über ein erweitertes Essensangebot an Bahnhöfen freuen, wenn sie mal wieder warten müssen, weil keine S-Bahn fährt. Was gibt es da Tröstlicheres als eine Galette mit rote Beete und Avocado, dazu einen Hibiskus-Tee und als Nachspeise Bio-Hanfkekse?

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