Mitten in der Region:Das Geheimnis der Stöckelschuhe

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Plötzlich standen sie da: ein paar Damenschuhe auf einem Stromkasten. Wer sie hingestellt hat, wird wohl nie geklärt werden

Kolumne von Theresa Parstorfer

Ein wenig verlassen, ein wenig fehl am Platz steht es da. Ein Paar durchaus ansehnlicher Damenstöckelschuhe. Fein säuberlich, Absatz neben Absatz auf dem Stromkasten an der Hauswand der Metzgerei. Hellbraun, Veloursleder, ein paar Strasssteinchen an der Ferse. Geschichten und Bilder drängen sich auf. Wem gehören die Schuhe? Wie kamen sie dahin, wo sie jetzt sind? Warum stehen sie dort?

Irrt da etwa gerade ein völlig barfüßiges Aschenbrödel durch die Gegend, weil der Prinz so aufdringlich war, dass gleich beide Schuhe zurückgelassen werden mussten, um möglichst schnell das Weite zu suchen? Aber wer hat sie dann so ordentlich zuvor auf dem Stromkasten platziert? Zugegeben, und bei allem Hang zum märchenhaften - besonders wahrscheinlich ist dieses Szenario nicht. Weitere Überlegungen lassen den Blick Richtung des benachbarten Schuhgeschäfts wandern. Hatten die Schuhe möglicherweise keinen Platz mehr in den Regalen neben dem Eingang? Oder bereute ein Kunde seinen Kauf sogleich wieder, wollte aber die drei Meter zum Geschäft partout nicht mehr zurücklaufen? Auch diese Möglichkeit ist kaum vorstellbar.

Lüften wird man das Rätsel der verlassenen Schuhen leider niemals. Denn eine Stunde später sind sowohl Schuhe als auch eine mögliche Besitzerin mitsamt der Hoffnung auf Erklärung verschwunden. Mit ziemlicher Sicherheit wurde der Vorfall, wenn man ihn denn gar so nennen möchte, auch von kaum jemanden, vermutlich interessiert er auch keinen. Allerdings - es könnte eine völlig andere Interpretation des verlassenen Schuhpaares bemüht werden: Denn angesichts einsetzenden frühlingshaften Temperaturen waren die Schuhe vielleicht ein Vorbote fürs hoffentlich bald möglich werdende Barfußlaufen? Und hat jemand es einfach nicht mehr erwarten können? Dazu passt ein Zitat von Karl Valentin: "Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluss stellt sich dann heraus, dass alles ganz anders war".

© SZ vom 13.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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