Landkreis Erding:Situation auf Mietmarkt bleibt weiter angespannt

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In Erding wird zwar gebaut, wie hier zwischen der Anton-Bruckner-Straße und der B388. Doch viele potenziellen Käufer warteten derzeit ab, ob die Kaufpreise noch weiter sinken, sagt Frederic Hack, der Vorsitzende des Mietervereins. (Foto: Renate Schmidt)

Hohe Nachfrage und geringes Wohnungsangebot herrscht schon seit Jahren im Landkreis. Neue Wohnungen tragen laut dem Mieterverein Erding kaum zur Entlastung bei. Mit Bangen werden die Nebenkostenabrechnungen für 2022 erwartet.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Der Deutsche Mieterbund warnt vor massiven Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt in Deutschland. "So laut wie jetzt haben die Alarmglocken des Wohnungsmangels lange nicht mehr geschrillt", sagte jüngst Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt werde "immer dramatischer". Auf die Situation im Landkreis Erding trifft das schon länger zu. Der hohen Nachfrage steht seit Jahren ein zu geringes Wohnungsangebot gegenüber. Das wird vorerst so bleiben. "Der Mietmarkt im Moment sehr statisch", sagt Frederic Hack, der Vorsitzende des Erdinger Mietervereins. Daran würden auch aktuelle Neubauten, wie zum Beispiel im Baugebiet Poststadel in Erding, wenig ändern.

Hack sieht einen Grund für die Stagnation darin, dass im Moment auch die Wohnungsverkäufe stocken. Die Preise auf dem Immobilienmarkt würden zwar etwas sinken. Wer sich eine Eigentumswohnung kaufen möchte, warte aber derzeit lieber ab, ob die Preise nicht noch weiter runter gehen. Weil jedoch weniger Eigentumswohnungen gekauft werden, ist auch das Angebot an freien Mietwohnungen auf dem Markt geringer. Denn ein Käufer habe ja vorher auch irgendwo gewohnt und mache nach dem Kauf eine Wohnung frei, sagt Hack. "Dieser Zufluss an Mietwohnungen ist im Moment etwas abgestorben. Das merkt man auch an den wenigen Umzügen derzeit."

Am Baugebiet Poststadel sei das gut zu erkennen, erklärt Hack. "Das sind alles Eigentumswohnungen, noch dazu sehr hochpreisige." Dorthin zöge eher ein zahlungskräftiges Klientel aus München oder dem Umland neu nach Erding. "Ob das für die Erdinger selbst Entlastung bringt, wage ich zu bezweifeln, denn so ein Reihenhaus kostet um eine Million Euro. Wer sich das leisten kann, der hat vorher eigentlich hier auch kein Problem gehabt."

"Wenn jetzt jemand die Nebenkostenabrechnung für 2022 schon verschickt, wäre ganz fix."

Inwieweit die nächste Nebenkostenabrechnungen - inklusive den Heizkosten - die Mietern belasten werden, weiß man auch beim Mieterverein noch nicht genau. Auch nicht, wie sich die staatlichen Preisbremsen für die Mieter auswirken werden. "Wenn jetzt jemand die Nebenkostenabrechnung für 2022 schon verschickt, der wäre ganz fix. Das dauert noch ein bisschen, einige Wochen oder Monate, bis die ersten kommen. Da sitzen wir jetzt alle in den Startlöchern".

Die Gaspreisbremse mag "schon schön" sein, sagt Hack. Doch der Mieterverein ärgert sich über Anhebung des Grundsteuer-Hebesatzes in Erding. "Die neuen Grundsteuerbescheide sind jetzt verschickt worden." Bei einer Drei-Zimmer-Wohnung mit 90 Quadratmetern bedeute dies etwa 100 Euro Mehrkosten. In den meisten Fällen werde Grundsteueranhebung auf die Mieter umgelegt. Dass die Stadt sich neue Quellen für Einnahmen erschließen müsse, sei ihm schon klar, sagt Hack. Doch der Beschluss habe "einen gewissen Bewertungswiderspruch, wenn der Bürger vom Bund finanzielle Entlastung bekommt, die ihm von der Kommune aus der anderen Tasche wieder rausgenommen wird".

Eine Verdrängung durch Geflüchtete findet nach Einschätzung des Mietervereins nicht statt

Keine Auswirkungen haben nach seiner Erfahrung die Flüchtlingsankünfte aus der Ukraine. "Im Gegenteil. Wir haben umgekehrt ganz viele Fälle gehabt, wo Leute bei mir angefragt haben, was sie tun müssen, wenn sie Flüchtlinge bei sich privat aufgenommen haben oder wollen und eine freie Einliegerwohnung oder Keller haben. Die vermieten dann aber Wohnraum, der eigentlich gar nicht auf dem Mietwohnungsmarkt da war. Und der soll nicht dauerhaft vermietet werden, sondern nur in einer Notlage zur Verfügung stehen." Eine Verdrängung finde deshalb nicht statt.

Der Rechtsberatungsbedarf der Mieterinnen und Mieter blieb in Erding auch im Jahr 2022 hoch. Bei den Beratungen geht es - wie bundesweit - vor allem um Betriebskosten, Wohnungsmängel und allgemeine Vertragsangelegenheiten. In Erding seien, wie in allen Gebieten mit Wohnraummangel, auch Eigenbedarfskündigungen ein häufiges Thema bei den Rechtsberatungen durch den Mieterverein.

Das Steuerrecht bremst den Bau von Photovoltaikanlagen durch Vermieter aus

Das Thema Mieterstrom sieht Frederic Hack genau wie der Deutsche Mieterbund: Photovoltaikanlagen auf dem eigenen Balkon oder durch Anlagen, die der Vermieter auf dem Dach betreibt, seien zu begrüßen. Leider würden Mietern und Vermietern unnötige Hürden technischer und steuerlicher Art in den Weg gelegt. Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung könnten Hunderttausende Mietshäuser in Deutschland ihren eigenen Solarstrom produzieren - wäre da nicht das Steuerrecht. Dabei wär es doch eine gute Sache, findet Hack, wenn Vermieter Solaranlagen errichten würden und den gewonnenen Strom dann direkt an ihre Mieterinnen und Mieter verkauft würde. Beide Seiten würden gewinnen: die Immobilienbesitzer, weil sie eine zusätzliche Einnahmequelle erhalten, die Hausbewohner, weil sie preisgünstigen Strom beziehen. Produziert ein Vermieter aber derzeit zusätzlich Energie, werden im Schnitt 15 Prozent Gewerbesteuer fällig - und zwar nicht nur auf die Gewinne aus dem Stromverkauf, sondern auch auf die Erträge aus der Vermietung. Das fatale Ergebnis: Das Vermieten von Wohnungen würde in vielen Fällen unrentabel, sagt die Bertelsmann-Stiftung.

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