Messungen abgesagt:Niederdrückende Machtlosigkeit

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Brummton nervt in Steinhöring. Bürger fühlen sich allein gelassen

Von Carolin Fries, Steinhöring

Sebastian Maier spricht von einem "Schlag ins Gesicht". Dass das Landesamt für Umwelt (LfU) es ausschließt, der Ursache des Steinhöringer Brummens auf die Spur zu kommen, enttäuscht ihn zutiefst. "Schlimmer geht's eigentlich nicht", sagt er. Denn der tieffrequente Ton, der die Familie Maier nachts kaum schlafen lässt und ihnen Kopfschmerzen bereitet - "er ist ja immer noch da". Maier ist einer von etwa hundert Steinhöringern, die das Brummgeräusch wahrnehmen und darunter leiden. Seit etwa zwei Jahren versucht das Landratsamt mit der Gemeinde herauszufinden, woher das Brummen kommt, insgesamt drei Gutachten hat man in Auftrag gegeben.

Neun Wochen lang wurde in den vergangenen zwei Jahren an verschiedenen Orten die Immissionen gemessen. Das Ergebnis: Eine Überschreitung der geltenden DIN-Werte konnte nicht festgestellt werden. Gesetzlich besteht demnach kein Handlungsbedarf. Dennoch hatte man sich darauf verständigt, in diesem Frühjahr sogenannte Kreuzkorrelationsmessungen über einen längeren Zeitraum zu machen, von denen sich alle Beteiligten Ergebnisse erhofften, "die niemand mehr anzweifeln kann", wie Steinhörings Bürgermeister Alois Hofstetter (CSU) im Januar sagte. Nun hat das Landratsamt die Messungen abgesagt, weil das LfU, die oberste Fachbehörde in Bayern, davon abrät. Diese würden "zu keinen eindeutigen Ergebnissen führen". Auch schließt das Landesamt die Unternehmen OMV Deutschland GmbH und TAL GmbH als Verursacher des Brummtons aus. Die Betroffenen hatten vor allem die Betreiber von Öl-Pipelines als mögliche Verursacher im Blick.

"Ich bin nach wie vor überzeugt, dass die TAL Verursacher ist", sagt Henning Böhm. Schließlich sei das Geräusch erst seit ein paar Jahren feststellbar - seit die TAL sogenannte Schieberventile eingesetzt hat, wie er sagt. Er hat seine eigene Theorie: Wenn der Schieber geschlossen werde und die Anlage kein Öl pumpe, treffe das heranfließende Öl mit sehr hohem Druck auf das Schieberventil auf verursache Vibrationen, "welche über die Betonwannen an das Erdreich weitergegeben werden". Er schlägt vor, die Baupläne zum Einbau der Schieberventile von einem Bauphysiker untersuchen zu lassen. Dann sei die fachgerechte Umsetzung der Verbesserungen zu überprüfen.

Auch Henning Böhm fühlt sich vom Landesamt für Umwelt vor den Kopf gestoßen. Nicht nur, weil er die Aussagen kaum nachvollziehen kann. "Mit dem Landesamt hat das in meinen Augen eine politische Ebene übernommen." Deren Ziel sei es, in keine Handlungszwänge zu geraten, erst recht nicht, wenn sich diese gegen große Unternehmen richten könnten. Die Absage habe bei ihm ein Gefühl von niederdrückender Machtlosigkeit ausgelöst. Ende Mai will er sich mit Landrat Robert Niedergesäß (CSU) treffen. Niedergesäß hatte sich "sehr unzufrieden" mit dem Ergebnis geäußert. Er hoffe, "dass wir einen geeigneten Weg aus dieser Ratlosigkeit finden werden". Der Landkreis habe sich mit knapp 45 000 Euro an den Kosten für die Studie beteiligt, weitere 45 000 Euro wollten Steinhöring und betroffene Bürger zahlen.

Steinhörings Bürgermeister Hofstetter (CSU) zweifelt nicht an den Aussagen des LfU. Dennoch will er die Ergebnisse von einem Gutachter prüfen lassen. "Vielleicht kann man die Ursache ja doch irgendwie feststellen", sagt er. "Die Hoffnung stirbt zuletzt." Christian Eulitz, Ingenieur für Immissionsschutz, hat die drei Gutachten im Auftrag des Landratsamtes angefertigt. Er sagt, "irgendwas ist da draußen von technischer Natur". Es gelte zu entscheiden, ob man das hinnimmt, weil Grenzwerte nicht überschritten werden - oder weiter sucht.

© SZ vom 14.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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