Medizin:Gewinner und Verlierer

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Radiologen ärgert Gebührenordnung. Praxis in Erding schließt wegen Budgetkürzung Nuklearmedizinische Abteilung

Von Regina Bluhme, Erding

Schlechte Nachricht für Patienten: Die Praxis Radiologie im Zentrum Erding schließt die Nuklearmedizin-Abteilung. Wie die Gesellschafter Thomas Görg und Niels Ockert gegenüber der SZ bestätigen, wird das Angebot zum Jahresende aufgegeben. Das Defizit habe sich in dieser Sparte immer weiter erhöht und nun sei die Vergütung "nochmals und retrospektiv reduziert worden", so Ockert. Die beiden Erdinger Ärzte befürchten für das neue Jahr weitere Verschlechterungen, wenn die neuen Vergütungssätze für Kassenpatienten greifen. "Für uns ein Schlag ins Gesicht", erklärt Thomas Görg. Schon jetzt steht fest, dass die Samstagsprechstunden in der Praxis ebenfalls gestrichen werden.

"Aufgrund der seit Jahren bereits chronischen Unterfinanzierung der Nuklearmedizin sehen wir uns nach der letzten weiteren Budgetkürzung leider gezwungen die Nuklearmedizin zum Jahresende zu schließen". Diesen offenen Brief an ihre Patientinnen und Patienten haben die Ärzte vor wenigen Tagen auf der Facebook-Seite der Praxis veröffentlicht. Weitere Kürzungen kündigten sich bereits an, heißt es weiter.

Markus Marschall, der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands Erding, verweist auf den EBM, den Einheitlichen Bewertungsmaßstab, also die Gebührenordnung der gesetzlichen Krankenversicherung. Ab Frühjahr 2020 sollen einige Änderungen kommen. Ziel sei, die sogenannte "sprechende Medizin" zu fördern. Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient soll mehr Gewicht erhalten, da werde es, was die Gebührenordnung betreffe, "Gewinner und Verlierer geben", so Marschall. Die "Technische Medizin", und somit zum Beispiel die Radiologie, könnte dabei mitunter schlechter abschneiden, vermutet der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands. Niels Ockert betont, dass die Schließung ausschließlich die Sparte Nuklearmedizin betrifft. Kernspin, Computertomografie, Mammografie Screening, Röntgen und Ultraschall werden weiterhin in der Praxis an der Haager Straße angeboten. Beim Personal werde es keine Entlassungen geben, "wir haben zum Glück in den anderen Angeboten genug zu tun", betont Ockert. Die Samstagssprechtungen werden im neuen Jahr jedoch nicht mehr angeboten, sagt Thomas Görg, hier sei das Budget nämlich in der Zwischenzeit "fast auf Null zurückgefahren" worden.

Im Landkreis bietet nur noch das Klinikum Erding Nuklearmedizinische Untersuchungen an, so Görg. Doch alle seine Patienten werde die Abteilung nicht aufnehmen können, "sie müssen nun nach Landshut, München oder Mühldorf ausweichen". In Ebersberg sei bereits vor etwas zwei Jahren das Angebot aufgegeben worden.

Thomas Görg hofft nun, dass die Patienten "mobil machen". Schließlich bedeuteten diese Schritte für die Betroffenen längere Wege und Wartezeiten. Die Radiologen selbst haben sich bereits zu einer Solidargemeinschaft zusammen gefunden, der 90 Prozent aller Radiologen in Bayern angehören. "Alle spüren den Gegenwind".

Am Klinikum Landkreis Erding steht eine Doppelkopfgammakamera für Untersuchungen des Herzens, des Knochensystems, der Schilddrüse und der Nieren zur Verfügung, ist bei der Pressestelle des Landratsamts zu erfahren.

Bei einer nuklearmedizinischen Untersuchung wird, stark vereinfacht ausgedrückt, eine schwach radioaktive Substanz in die Vene eingebracht. Eine Spezialkamera zeichnet die Vorgänge im Körper auf.

Für das große Untersuchungsgerät sucht Thomas Görg nun nach einem Abnehmer. Noch habe er das Gerät "am Hals", ebenso die Wartungskosten.

© SZ vom 20.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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