Marienstift in Dorfen:Gelungene Krisenbewältigung

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Die Belegschaft und Bewohner haben die Corona-bedingte Abschottung gut durchgestanden. Auch finanziell steht die städtische Pflegeeinrichtung gut da, wie der Jahresabschluss 2019 zeigt

Von Florian Tempel, Dorfen

Marion Prey kommt jedes Jahr in eine Sitzung des Heimausschusses des Dorfener Stadtrats, um den Jahresbericht des Marienstifts vorzulegen und zu erläutern. Die Geschäftsführerin des städtischen Pflegeheims hat darin eine gewisse Routine. Das Personal des Marienstifts lobt sie immer. Doch in diesem Jahr durfte es noch ein bisschen mehr sein als sonst. "Ich habe ein sagenhaftes Team, das in dieser noch nie dagewesenen Notsituation mit Ruhe und Gelassenheit an die Sache rangeht und trotzdem noch Spaß und Freunde an der Arbeit hat", so Prey. Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) wollte dem auf keinen Fall nachstehen. Im Marienstift werde "ganz hervorragende Arbeit geleistet" und die Belegschaft "verdient unser aller Respekt", sagte er.

Die wirtschaftliche Lage war 2019 recht solide. Der Jahresabschluss weist zwar einen geringen Verlust aus. Doch ein Minus von knapp 23 000 Euro sei "verkraftbar und vertretbar", befand Grundner. Das Marienstift ist als umfassende Pflegeeinrichtung nicht nur ein stationäres Pflegeheim für bis zu 91 betagte Frauen und Männer, sondern hat auch eine Kurzzeit- und eine Tagespflege sowie einen mobilen Altenpflegedienst. Das Marienstift beschäftigt 133 Arbeitnehmer, von denen 84 Prozent in Teilzeit arbeiten. Der wirtschaftliche Umsatz lag im vergangenen Jahr bei etwa 4,6 Millionen Euro. Alles in allem "können wir mit Fug und Recht behaupten, dass wir ein gutes Jahr verzeichnen konnten", sagte Grundner.

Was ihn und alle Ausschussmitglieder in diesem Jahr aber am meisten interessierte, war natürlich, wie das Marienstift durch die Corona-Krise gekommen ist. Prey berichtete dazu ausführlich: Am 12. März erhielt sie einen Anruf von Ulrich Exner, leitender Oberarzt in der Klinik Dorfen, der sie aufforderte, "schließ das Haus". Wenige Zeit später war das schon umgesetzt. "Wir haben das Haus gegenüber allen Personen von außen gesperrt." Besucher, Angehörige, Lieferanten und alle anderen Externen durfte das Marienstift fortan nicht mehr betreten. Die Bewohnerinnen und Bewohner sollten und mussten, so weit es ging, in ihren Zimmern bleiben, sagte Prey, "wir haben aber niemanden eingesperrt". In der Kurzzeitpflege wurde niemand mehr aufgenommen. Ein günstiger Umstand sei es gewesen, dass in den ersten vier Wochen kein Bewohner des Marienstifts ins Krankenhaus musste.

Obwohl Tests auf Covid-19 eigentlich nur zulässig waren, wenn eine Person mit Symptomen sich zudem in einem Risikogebiet aufgehalten oder direkten Kontakt zu einem Infizierten hatte, wurde es vom Gesundheitsamt sinnvollerweise möglich gemacht, Bewohner mit Symptomen ohne diese Zusatzbedingungen zu testen. Die Abstriche wurde im Marienstift von Pflegekräften genommen und dann zur Screeningstelle gebracht. Es gab aber keine positiven Testergebnisse.

Pflegedienstleiterin Freyja Brönnle sagte, der interne Tagesablauf im Marienstift sei in den Wochen der Abschottung recht gut weiter gelaufen. Dass viele Bewohnerinnen und Bewohner an Demenz litten, sei sogar eine gewisse Erleichterung gewesen: "Bei Dementen schwindet das Zeitgefühl." Gleichwohl "gab es auch welche, die extrem traurig waren", sagte Prey. Da die Angehörigen nicht mehr zu Besuch kommen konnten, startete der Pflegedienst einen Einkaufs- und Besorgungsservice, damit die Bewohnerinnen nicht wochenlang auf gewohnte Extras wie bestimmte Getränke oder Süßigkeiten verzichten mussten. Das Marienstift bekam zwei Tabletcomputer spendiert, mit denen per Videoanruf Kontakt zu den Familienangehörigen gehalten werden konnte. Überhaupt hätte man, sagte Prey, "sehr viel Angehörigenarbeit" geleistet, bis seit dem 9. Mai wieder "ein nahestehender Angehöriger" zu Besuch kommen durfte. Besuchszeit ist von 9 bis 11 und 13 bis 16 Uhr.

Die Tagespflege hat seit dem 18. Mai wieder geöffnet. Seit dem 25. Mai können auch wieder neue Bewohner im Marienstift aufgenommen werden. Für die Neuen gelte dann zwei Wochen Quarantäne im eigenen Zimmer. In dieser Zeit gehe immer nur eine bestimmte Pflegekraft pro Schicht ins Zimmer, um die Kontakte zu minimieren. Doch vor allem für die Kurzzeitpflege, "gibt es wahnsinnig viele Anfragen", sagte Brönnle, weil alle Voranmeldungen für die Oster- und die Pfingstferien abgesagt werden mussten.

Bei der Versorgung mit Schutzkleidung und Masken habe man keine Probleme gehabt, sagte Prey. Sie hatte im Marienstift einen guten Vorrat im Hinblick auf multiresistente Keime angelegt. Außerdem habe man vom Katastrophenschutz weitere Schutzmasken bekommen. Allerdings seien auch im Marienstift besonders schützende FRM2-Masken abhanden gekommen. Zehn solcher Masken seien aus dem Lagerraum gestohlen worden.

© SZ vom 12.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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