Liebe zur Musik:Sehr intensiv

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In Sylvester Denks Elternhaus wurde immer musiziert. "Ich brachte mir autodidaktisch das Geigespielen bei. Ich stand damals auf Volksmusik und schöne klassische Musik", sagt er. (Foto: Marco Einfeldt)

Sylvester Denk ist Bauernsohn, Musiker, Elektronik-Tüftler, Hausmeister und Gründer des Kulturzentrums Bachfeldhaus in Attenkirchen. Meditation hilft ihm, im Gleichgewicht zu bleiben

Interview Von Katharina Aurich, Attenkirchen

Sylvester Denk, der Gründer und Betreiber des Bachfeldhauses in Attenkirchen, hat in seinem Leben immer wieder die Chancen auf Veränderungen ergriffen. Treu geblieben ist er jedoch seiner Liebe zur Musik, und er nutzt sein handwerkliches Geschick und seine Leidenschaft für Elektronik, die er schon als kleiner Bub auf dem elterlichen Bauernhof entwickelte. Energie und Gelassenheit schöpft Denk beim Meditieren. Denn er will nicht zum Spielball seiner Gefühle werden, weder als Chef der Mitarbeiter in seinem PC-Reparaturbetrieb, noch auf der Bühne, wenn ihm das Publikum zujubelt. Besonders wichtig ist ihm seine innere Ruhe bei der täglichen Arbeit mit den oft traumatisierten Geflüchteten in Zolling.

SZ: Sie sind 1965, als zehnjähriger Bauernbub, in das Knabenseminar auf den Domberg gekommen. Wie kam es dazu?

Denk: Bei uns zu Hause gab es noch keine Busverbindungen, man konnte kein Gymnasium erreichen. Daher beschlossen meine Eltern, die sehr katholisch waren, dass ich in das Knabenseminar, wo zukünftige Priester ausgebildet wurden, auf den Domberg gehe. Dafür bin ich ihnen immer noch sehr dankbar, denn eigentlich wurden wir Kinder auf dem Hof als Arbeitskräfte gebraucht. Ich blieb sieben Jahre, bis das reine Knabenseminar mangels Nachfrage aufgelöst wurde. Im Domgymnasium waren wir dann eine geschlechtsgemischte Klasse und als ich in die Pubertät kam, hatte sich das mit dem Zölibat erledigt, ich begann mich für Mädels zu interessieren.

Woher kam Ihre Liebe zur Musik?

Bei uns zu Hause standen ein Klavier und ein Harmonium in der Stube - und eine Geige. Es wurde immer musiziert und ich brachte mir autodidaktisch das Geigespielen bei. Ich stand damals auf Volksmusik und schöne klassische Musik, mit 14 Jahren gründete ich im Knabenseminar meine erste Band. Wir spielten natürlich keine Rockmusik, sondern geistliche Stücke. Radios mitzubringen und Musik zu hören, war im Seminar streng verboten. Da mich Elektronik faszinierte, baute ich mir heimlich ein kleines Radio. Das war auch der Grundstein für meine spätere Arbeit bei Texas Instruments in der Reparaturabteilung, wo ich in den 70er Jahren die ersten Taschenrechner reparierte, die kamen ganz neu heraus und waren der Renner.

Es wurde aber nichts aus einer akademischen Karriere nach dem Dom-Abitur?

Nein, ich arbeitete als Aushilfskraft bei TI und wir kauften schließlich zu dreizehnt einen Bauernhof in Niederbayern, um als Kommune alle gleichberechtigt und ohne Besitzansprüche zu leben. Aber Theorie und Praxis sind zwei verschiedene Dinge, es funktionierte nicht. Ich möchte diese Erfahrung, mit vielen unterschiedlichen Menschen zusammenzuleben, aber nicht missen.

Herr Denk, wie ging es denn dann mit Ihrer Karriere als Musiker eigentlich weiter?

Wir haben viel experimentiert und schließlich die Band Woody Woodmaker gegründet und neben punkigem Rock auch die Geige in der Rockmusik eingesetzt. Dann kam Willi Abele zur Band dazu und nach einer Probe haben wir 1983 mit internationaler Folkmusik begonnen. Wir spielten als Willie Le Truc die ganze Bandbreite über Rock, irische und Balkanmusik, eben Weltmusik, und wurden damit sehr erfolgreich. Gleichzeitig waren die 80er auch die Geburtsstunde der PCs.

Ließ sich Ihre Arbeit als fast Profimusiker mit der Firmengründung im PC-Bereich und der Familie überhaupt vereinbaren?

Es war eine sehr intensive Zeit. Die Reparaturaufträge nahmen enorm zu, es ging steil nach oben. Wir wohnten inzwischen in Billingsdorf und oft standen Porsche vor unserer Tür. Damals konnten sich ja überhaupt nur Reiche ein Notebook leisten, die ersten kosteten um die 18 000 Mark. Wir zogen schließlich nach Attenkirchen in das neue Gewerbegebiet, wo wir ein Haus samt Firmenräumen bauten. Inzwischen beschäftigte ich in meiner Firma 25 Mitarbeiter, das war auch ein großer Druck, genug Geld zu erwirtschaften. Und das Chef sein kann man nicht lernen, aber mit Menschen umzugehen. Dabei hat mir das Meditieren geholfen, dass ich Wut oder Aggressionen nicht an anderen auslasse, sondern aus innerer Kraft heraus ruhig bleibe.

Warum haben Sie 2011 aus Ihren Firmenräumen den Kulturtreffpunkt Bachfeldhaus gemacht?

Es war Schluss mit Texas Instruments, die Aufträge wurden an ein europaweit tätiges Unternehmen vergeben. Da gleichzeitig Willi Abele mit seiner Kulturkneipe in Attenkirchen am Dorfplatz aufhörte, taten wir uns zusammen und riefen das Bachfeldhaus ins Leben.

Sie arbeiten in der Flüchtlingsunterkunft in Zolling als Hausmeister - was sind die wichtigsten Kompetenzen, die man für diesen Job ahben muss?

In erster Linie braucht man ein großes Herz, dann hat man gewonnen. Natürlich ist handwerkliches Geschick wichtig und ich bin gerne mit Menschen anderer Kulturen zusammen. Menschlich ist es manchmal hart, man darf sich nicht jedes Leid reinziehen und muss sich abgrenzen können, sonst fressen einen diese Schicksale auf.

© SZ vom 01.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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