Landkreis Erding:"Ein durchwachsenes und nervenaufreibendes Jahr"

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Viel steht nicht mehr vom Mais auf dem Feld von Landwirt Adolf Lanzinger (Mitte) bei Taufkirchen. Das Feld wurde zur Schadensabschätzung von Markus Maier, Marktmanagement-Landwirtschaft bei der Versicherungskammer Bayern (links) und Max Knauer, Revisionsschätzer der Versicherung, begutachtet. (Foto: Renate Schmidt)

Die Landwirte geraten heuer von einem Extrem ins andere. Erst zu nass, dann zu trocken und heiß. Und zudem verhagelt jetzt ein Unwetter stellenweise die ganze Ernte.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Erst war es im Frühjahr zu nass, dann kam die Trockenheit mit extrem hohen Temperaturen und am Dienstag/Mittwoch, 11./12. Juli, fegten zwei Unwetter mit Sturm und Hagel über den Landkreis. Zur Zeit sind die Schadensregulierer der Versicherer unterwegs. "Der Hagel hat richtig gewütet. Der Mais ist flächendeckend teilweise hinüber", sagt Jürgen Haux von der Unternehmenskommunikation der Versicherungskammer Bayern. Betroffen seien 3523 Felder auf 3816 Hektar. Anton Mitterer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Ebersberg-Erding zieht ein anderes Fazit: "Ein durchwachsenes und nervenaufreibendes Jahr".

Der Mais folgt in der Regel erst Mitte September, aber vieles war schon erntereif, Raps zum Beispiel, oder stand zur Ernte an wie Getreide, als erst am Mittwoch der Sturm und tags darauf der Hagel eine Schneise durch den Landkreis zog - von Berglern über Fraunberg, Taufkirchen und weiter nach Osten. Schäden von zehn bis 100 Prozent erwartet Fachberater Stefan Hörmann vom Kreisverband Erding des Bayerischen Bauernverbandes bei der Hülsenfrucht Raps. Auch beim Mais gebe es in den betroffenen Gebieten Schäden, von geschlitzten Blättern bis hin zum Totalschaden.

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Doch nicht nur Unwetter machten den Landwirten zu schaffen und führten stellenweise zu Mindererträgen von 30 bis 80 Prozent, wie Hörmann sagt, sondern auch die Trockenheit im Frühjahr, die einer starken Nässe folgte, so dass man damals die Felder nicht befahren habe können. Es folgten neben der Trockenheit auch extreme Temperaturen. "Wir haben schon extreme Verschiebungen, vor allem beim Regen. Erst extrem viel, dann extrem lang nichts. Das ist sogar von Gemeinde zu Gemeinde verschieden. Sogar von Feld zu Feld. Zwischendurch dann Hagel", so Hörmann. Zusammen erschwere dies die Ernte. "Im Frühjahr waren wir von der Entwicklung mal voraus, dann zwei Wochen hintendran, jetzt wieder mit der Getreideernte zwei Wochen voraus" - auch wenn der Kalender was anders sage.

"Es gibt wohl keinen Landwirt, der den Klimawandel noch leugnet"

"In der Landwirtschaft merken wir den Klimawandel seit Jahren", sagt Anton Mitterer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Ebersberg-Erding. Das Frühjahr beginne früher und im Herbst gebe es ein längeres Wachstum. Dazu kämen milde Winter und hohe Hitzephasen. "Es gibt wohl keinen Landwirt, der den Klimawandel noch leugnet. Wir spüren das hautnah." Im Pflanzenbaujahr von Oktober bis Ende Juni fehlten in Erding rund 100 Liter Niederschlag auf den Quadratmeter, sagt Mitterer . Vor allem in der wichtigen Zeit ab Mitte Mai. Vier Wochen seien fast ganz ohne Regen, aber mit extrem hohe Temperaturen gewesen. "Im Schnitt der vergangenen Jahre fehlt gar nicht viel am Durchschnitt an Regenmengen. Es gibt aber viel mehr Starkniederschläge, längere Hitzephasen. Die Ausschläge nach Oben und Unten werden immer häufiger". Der Hagel habe dann den Rest erledigt: Vor allem in Richtung Taufkirchen, weiter nach Velden gebe es Maisfelder, da seien die Pflanzen nur noch 30 Zentimeter hoch, sagt Mitterer. Dort gebe es massive Hagelschäden mit 80 bis 85 Prozent Ausfall. Zum Glück hätten die meisten Landwirte eine Hagelversicherung - die aber mit jedem Schaden teurer werde.

Jakob Maier, Kreisobmann der Bauern in Erding, berichtet ebenfalls von regional ganz unterschiedlichen Schäden durch die Unwetter. "Wir alle wissen, dass der Klimawandel stattfindet. Wir merken das zum Beispiel durch die Trockenheitsphasen, die wir früher in dem Ausmaß nicht hatten. Heuer war bisher so ein extremes Jahr." Jeder Bauer reagiere darauf unterschiedlich, je nachdem, was er für eine Landwirtschaft betreibe. Er könne dem Fachberater Mitterer nur zustimmen: Es sei nervenaufreibend. "Es sind extreme Situationen und man muss sehen, wie wir da durchkommen. Mit dem Hagel hat es heuer schon viele erwischt, andere mit dem Regen. Alles ist ein wenig unberechenbarer geworden."

Die exakte Schadenssumme kann die Versicherung noch nicht nennen

Wie hoch die Schadenssumme im Landkreis sei, die auf die Versicherungskammer Bayern zukomme, kann Jürgen Haux von der Unternehmenskommunikation noch nicht sagen, da derzeit noch die Revisionsschätzer bei den Landwirten unterwegs seien, um die Schäden abzuschätzen. Bisher seien dem Versicherer 204 Schäden gemeldet worden. Zumindest so viele seien bei der Versicherungskammer Bayern - dem größten Landwirtschaftsversicherer im Freistaat - eingegangen. Das, was an den beiden Tagen passiert ist, sei das größte Schadenereignis des Jahres in Bayern, sagt Markus Maier, Hauptabteilungsleiter Marktmanagement Landwirtschaft bei der Kammer.

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