Landkreis:"Wir haben uns nicht weggedreht"

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Landrat Martin Bayerstorfer hatte zum Dankempfang in die Erdinger Stadthalle geladen. (Foto: Renate Schmidt)

Landrat Bayerstorfer lädt ehrenamtliche Asylhelfer zu einem Dankempfang in die Stadthalle ein. Der Erdinger Oberbürgermeister Max Gotz kritisiert dabei die lange Bearbeitungszeit von Asylanträgen

Von Jan-Hendrik Maier, Landkreis

"Ohne Ihre Hilfe wäre vieles nicht zu schaffen." Unter diesem Motto hat Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) die ehrenamtlichen Asylhelfer aus dem Landkreis am Dienstagabend zu einem Dankempfang eingeladen. Etwa 250 Menschen waren in den großen Saal der Erdinger Stadthalle gekommen. Bayerstorfer, Bezirksrat Franz Hofstetter (CSU) und Erdings Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) bedankten sich in ihren Reden für das freiwillige Engagement der Bürger.

Der Landrat lobte den "selbstlosen und unermüdlichen" Einsatz der Flüchtlingshelfer, die "weitaus mehr" täten als es ihre "Pflicht" sei. Als Beispiele nannte er die Betreuung in den Unterkünften, die Hilfe bei Arzt- und Behördengängen, die Organisation privater Sprachkurse und Fahrdienste sowie die Bereitschaft, sich die Sorgen und Erlebnisse der Menschen anzuhören. In fast allen Gemeinden hätten sich entsprechende Helferkreise gebildet, die täglich aktiv seien. "Sie leisten, dass die Asylsuchenden in der Bevölkerung akzeptiert werden und verleihen der Gesamtsituation ein menschliches Antlitz. Ihnen gebührt Dank und Anerkennung."

Bayerstorfer blickte auch auf die Entwicklung der Flüchtlingssituation zurück. Seit vier Jahren würden nun schutzbedürftige Menschen im Landkreis aufgenommen. Im Dezember 2011 hatte die Regierung von Oberbayern die ersten 20 zugewiesen, die man in der ehemaligen Gaststätte "Stiftungshof" unterbringen konnte. Mittlerweile leben in den 83 Unterkünften mehr als 1300 Asylbewerber, jede Woche kommen 30 neue an. Bayerstorfer will die Flüchtlinge weiterhin "flächendeckend" verteilen, damit allen Bürgern bewusst werde, dass es sich um eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe" handle. "Selbstverständlich" müssten auch minderjährige Flüchtlinge versorgt und betreut werden. Er sei stolz, dass man für die reguläre Unterbringung bisher keine Turnhalle verwenden musste. Lediglich die Berufsschule diente wegen der Überlastung der Bayernkaserne zwei Mal als Not-Erstaufnahmeeinrichtung. "Freiwillig", wiederholt Bayerstorfer. "Als einziger oberbayerischer Landkreis haben wir uns nicht weggedreht." Im Dezember des vergangenen Jahres wurde schließlich eine Fachstelle Asyl am Landratsamt eingerichtet, die sich zentral um die Belange der Flüchtlinge kümmern soll.

Franz Hofstetter aus Taufkirchen freute sich, dass die Ehrenamtlichen "nicht alles besser" wüssten, sondern Verantwortung übernehmen und Solidarität beweisen würden. Sie seien die ersten Ansprechpartner in den Einrichtungen und ermöglichten den Flüchtlingen, sich im Alltag zurechtzufinden und "ein Leben in Anstand" zu führen. Ferner würde die Betreuung nicht mit der Anerkennung des Asylantrags aufhören. "Sie gehen täglich an ihre Grenzen", sagte Hofstetter. "Das ist nicht selbstverständlich." Er hoffte, dass sich die Kommunen "noch besser strukturieren", damit die Ehrenamtlichen ihre Zeit "möglichst effizient" einbringen könnten.

"Unser Land beklagt Bürokratismus und eine Regelungswut. Ohne die ehrenamtlichen Helfer hätten die Leute nicht bekommen, was sie brauchen", sagte OB Max Gotz. "Das erfüllt mich mit Unsicherheit." Er lobte, dass die Helfer angesichts von Not und Elend anpacken und so ein "Desaster" verhindern würden. Auch in Zukunft sei die Gesellschaft auf deren "tatkräftige Unterstützung" angewiesen, denn es sei ein "Wunschgedanke", dass man beim nächsten EU-Gipfel "ernsthafte Lösungen" finden werde. Der Oberbürgermeister kritisierte, dass die Flüchtlingsfrage allgemein zu lange nicht beachtet wurde. Schließlich sei bereits vor einem Jahr die Zahl der Vereinten Nationen von weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht bekannt gewesen. Gleichzeitig verwies Gotz darauf, dass die "richtigen Herausforderungen" - wie die Suche nach Wohnraum - erst noch bevorstünden, sobald die "unmenschlich lange" dauernden Asylanträge entschieden seien.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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