Landkreis:Schwieriger Nachwuchs

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Im Landkreis Erding, haben weiterhin Berufe wie Bäcker und Metzger sowie die Baubranche große Probleme, Nachwuchskräfte zu finden. (Foto: Hess)

Der Lehrlingsmangel ist abgefangen, aber die Erdinger Handwerker haben weiterhin Probleme. "Die Qualität der Bewerber nimmt drastisch ab", sagt Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger

Von Judith Issig, Landkreis

Ein Metzger wird dreckig und nass. Ein Metzger muss früh aufstehen, vielleicht bekommt er Rückenprobleme. Das ist ein Beruf, den kaum jemand mehr lernen will. "Es ist unfair, dass ausgerechnet die körperlich anstrengenden Berufe so schlecht bezahlt werden", sagt Sonja Lechner von der Metzgerei Andreas Hofer in Inning am Holz. "Die Berufe werden schlecht gemacht." Die Metzgerei mit Gaststätte sucht dringend einen Auszubildenden, aber findet einfach keinen. Obwohl der Bayerische Handwerkstag meldet, der langjährige Rückgang der Auszubildenden im Handwerk sei endlich gestoppt: 30000 Auszubildende haben 2015 ihre Handwerkerlehre in Bayern begonnen, nur 5500 Ausbildungsplätze blieben unbesetzt. In der Region München und Oberbayern wurden bis 31. Dezember 2015 9613 neue Lehrverträge in Handwerksberufen abgeschlossen. Die Zahlen steigen damit wieder; im Vergleich zu den Vorjahren möchten mehr junge Menschen ein Handwerk erlernen - 1,11 Prozent mehr. Der Anstieg ist nur "sehr geringfügig", sagt Rudolf Baier, Sprecher des Bayerischen Handwerkstags. Aber: "Das Handwerk hat wieder einen besseren Ruf", sagt Baier. Die Imagekampagnen, die bundes- und bayernweit gestartet wurden, wirke, das zeigten Untersuchungen von Meinungsforschungsinstituten.

Zum Beginn des Ausbildungsjahres im September 2015 haben im Landkreis Erding 287 junge Menschen eine Ausbildung im Handwerk begonnen. Zu freigebliebenen Plätzen könne er keine Zahl nennen, sagt Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger. Denn gerade im Handwerk gehen viele Ausbildungsplätze unter der Hand weg, in der Nachbarschaft oder im Bekanntenkreis. Die Betriebe melden diese Stellen nicht beim Arbeitsamt, sie tauchen damit auch in keiner Statistik auf. Die Anzahl der Auszubildenden im Handwerk sei jedenfalls ausreichend und über Jahre konstant, sagt Waxenberger. "Aber die Qualität der Lehrlinge nimmt drastisch ab." Vielen Bewerbern mangele es an grundlegenden Fähigkeiten wie Rechtschreibung, Grundrechenarten oder Umgangsformen. Die meisten Auszubildenden im Handwerk kommen weiterhin von der Mittelschule, aber die besseren eines Jahrgangs besuchen häufig den sogenannten M-Zweig und dann weiterführende Schulen. Das liege daran, dass berufliche Bildung nicht wertgeschätzt werde, sagt Waxenberger. "Wenn du Abitur hast, dann bist du wer, aber als Handwerker fristest du ein kärgliches Dasein". Kathrin Stemberger von der Agentur für Arbeit Freising bestätigt diese Tendenz: "Die vielen Jugendlichen, die weiterführende Schulen besuchen, fehlen im Moment im Ausbildungsmarkt." Bayernweit und auch im Landkreis Erding, haben weiterhin Berufe wie Bäcker und Metzger sowie die Baubranche große Probleme, Nachwuchskräfte zu finden. Nur die holzverarbeitenden Berufe Schreiner und Zimmerer erlebten gerade einen Boom, sagt Waxenberger. Trotzdem, vier der fünf beliebtesten Ausbildungsberufe unter männlichen Bewerbern sind im Landkreis Erding Handwerksberufe. Bei den Frauen ist nur einer dabei: Friseurin. "Junge Frauen wollen partout nicht in Berufe gehen, wo man sich die Finger schmutzig macht", sagt Baier. Natürlich gebe es Ausnahmen, aber "leider trifft das Klischee zu".

Eine Hoffnung für das Handwerk könnten die Flüchtlinge sein, die nach Bayern kommen. In Oberbayern erlernen bereits 500 Asylbewerber ein Handwerk, davon 250 seit dem Jahr 2015. Rudolf Waxenberger hat in seiner Baufirma schlechte Erfahrungen damit gemacht, einen Flüchtling auszubilden. "Die haben nicht die Leistungsbereitschaft und die Disziplin wie wir hier", sagt er. Der Bayerische Handwerkstag dagegen sieht in der Ausbildung der Flüchtlinge eine "sozialpolitische Aufgabe des Handwerks". Besonders Maler- und Lackierbetriebe bemühten sich um die Flüchtlinge, sagt Baier vom Handwerkstag. Einzelne Ausbildungsverhältnisse in verschiedenen Berufen sind im Landkreis Erding schon zustande gekommen. Die Agentur für Arbeit Freising entwickelt in Zusammenarbeit mit den Berufsschulen, den Helferkreisen und Landratsämtern Angebote, mit denen die Asylbewerber für eine Ausbildung fit gemacht werden sollen. "Das wichtigste ist am Anfang aber das Deutschlernen", sagt Kathrin Stemberger von der Agentur für Arbeit. Die Sprache, die Fachausdrücke und Grundbegriffe zum Beispiel in Mathematik lernen die Asylbewerber vor der Ausbildung, im sogenannten Berufsintegrationsjahr an den Berufsschulen. Eine gute Ausbildung sei wichtig für die Asylbewerber, sagt Stemberger. Denn die bringt gute Perspektiven für die Zukunft.

© SZ vom 22.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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