Landkreis Erding:Neue Unterkünfte dringend gesucht

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Nur Menschen aufnehmen - das reiche nicht aus, sagt Franz Leutner von der Flüchtlingshilfe in Dorfen. Man müsse sich auch um sie kümmern. (Foto: Renate Schmidt)

Im Winter wird die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine vermutlich weiter steigen. Im Landkreis Erding macht man sich Sorgen um die Betreuung und Integration der Menschen - dafür wird mehr finanzielle Unterstützung notwendig sein.

Von Matthias Vogel, Erding

Markus Pannermayr, Präsident des Bayerischen Städtetags, rechnet im Winter mit einer weiter steigenden Zahl von Geflüchteten aus der Ukraine. Schon jetzt befänden sich die Kommunen und Landkreise aber an der Kapazitätsgrenze. In Erding ist man zwar für den Notfall gerüstet, macht sich aber vor allem Sorgen um die Betreuung und Integration der Betroffenen. Nur Menschen aufnehmen, das reicht nach Meinung von Franz Leutner, dem Vorsitzenden der Dorfener Flüchtlingshilfe, bei weitem nicht mehr aus. "Es muss sich auch um sie gekümmert werden", fordert er. Dazu gehöre zum einen, sie in Lohn und Brot zu bringen, zum anderen Wohnraum zu finden.

Weil Russlands Präsident Wladimir Putin im Zuge seines Angriffskrieges gerade verstärkt kritische Infrastruktur zerstöre, sei wieder mit deutlich mehr Geflüchteten aus der Ukraine zu rechnen, sagte Pannermayr, der auch Bürgermeister von Straubing ist, in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Nach der Ministerpräsidentenkonferenz stehe fest: Die Bundesregierung stellt für das laufende Jahr 1,5 Milliarden Euro für die Unterbringung von Geflüchteten zur Verfügung, weniger als zunächst in Aussicht gestellt und nicht die erhoffte Reaktion auf eine Kernforderung der Länder. "Warum kehrt man nicht dahin zurück, dass der Bund die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung vollständig übernimmt?", fragte Pannermayr. Langfristig werde das Geld jedenfalls nicht genügen. "Man wird mehr brauchen, um die Integration leisten zu können."

Einige Geflüchtete warten seit Jahren auf ihre Arbeitserlaubnis

"Wir haben längst anerkannte Geflüchtete in unseren Notunterkünften, die seit Jahren auf ihre Arbeitserlaubnis warten", sagt Franz Leutner. Ohne die gibt es keinen Job und ohne den wiederum keine Möglichkeit, Miete zu bezahlen. "Eine Maßnahme wäre also, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Das bedeutet ja auch wieder mehr freie Plätze in den Notunterkünften", so der Vorsitzende der Dorfener Flüchtlingshilfe. Diese seien, soweit er wisse, derzeit voll belegt und es sei nun am Landkreis und der Regierung, neue Unterkünfte aufzutun. "Wichtig ist, dass Wohnraum nicht einfach verdichtet wird, indem dort mehr Menschen einquartiert werden." Geflüchtete aufzunehmen und ihnen zu helfen, das sei schon aus humanitären Gründen das Gebot der Stunde. "Erding zählt zu den reicheren Landkreisen und könnte viel ausrichten. Die Frage ist: Zu was sind wir bereit?"

"Wir tun nach Kräften, was wir können", sagte Landratsamt-Sprecherin Claudia Fiebrandt-Kirmeyer auf die Frage, ob der Landkreis Erding für weitere Flüchtlinge aus Richtung Ukraine gewappnet sei. Laufend würden Wohnungen gesucht. Zum Notfallplan gehörten natürlich auch die Turnhallen. "Die Halle in Moosinning wird ohnehin seit kurzem schon wieder als Unterkunft genutzt", so Fiebrandt-Kirmeyer.

Das Aufstellen von Containern wäre eine Lösung

Die Aktionsgruppe Asyl in Erding sieht den Schlüssel zur Entlastung ebenfalls in der Bereitstellung von mehr Wohnraum. Der Vorsitzende Stephan Glaubitz wollte nichts einfordern von der Politik. Dafür kenne er die Möglichkeiten zu wenig, zumal der Wohnungsmarkt ohnehin angespannt sei. "Ich denke aber, gerade deshalb wäre das Aufstellen von Containern nicht die schlechteste Lösung. Vielleicht in einem Fliegerhorst-Hangar? Ich weiß nicht, wie schwierig das wäre." Bezüglich der Integration hält Glaubitz zusätzliche Stellen für Sozialpädagogen für erforderlich. "Damit geflüchtete Kinder in der Schule besser zurechtkommen."

In seinem Interview wünschte sich Markus Pannermayr eine "langfristig belastbare Mittelausstattung" durch den Bund, um in Sachen Wohnraum und Integration "liefern zu können". Im Landratsamt wäre man laut Claudia Fiebrand-Kirmeyer "dankbar" für Angebote von Mietwohnungen. Franz Leutner mahnt dazu, Geflüchtete aus der Ukraine und aus anderen Ländern gleich zu behandeln und damit eine Vorbildfunktion einzunehmen. Und Glaubitz hätte gerne günstige Sprachkurse, um den Einstieg in die Arbeitswelt zu erleichtern und damit "Fehlbelegungen" in den Notunterkünften vorzubeugen. Große und kleinere Stellschrauben müssten dafür noch justiert werden.

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