Landkreis:An der Belastungsgrenze

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In einer Resolution an den Landrat akzeptieren die Bürgermeister des Landkreises einen Verteilungsschlüssel von 1,5 Prozent an Asylbewerbern. Allerdings plädieren sie auch für eine konsequente Begrenzung des Zuzugs

Von Thomas Daller, Landkreis

Landräte sollen ihren Bürgermeistern künftig Asylbewerber verpflichtend zuweisen können. Das sieht eine geplante Rechtsänderung vor, die das Kabinett vergangene Woche beschlossen hat. Bislang übernahmen die Gemeinden diese Aufgabe freiwillig. Während Gemeindetagspräsident Uwe Brandl von einem Skandal und von Rechtsbruch spricht, bleibt Hans Wiesmaier gelassen. Der Erdinger Kreisverbandsvorsitzende des bayerischen Gemeindetags betont das Miteinander, den Schulterschluss der Bürgermeister mit dem Landrat in der Frage der Unterbringung der Flüchtlinge. In einer gemeinsamen Resolution hätten alle Bürgermeister des Landkreises den Verteilungsschlüssel einstimmig akzeptiert. In dieser Resolution weise man aber auch auf etliche Herausforderungen hin, für die man Lösungen finden müsse.

In dieser Resolution, die der SZ vorliegt, bekennen sich die Städte, Märkte und Gemeinden des Landkreises zu ihrer Mitwirkungspflicht nach dem Aufnahmegesetz. Dabei weisen sie aber auch auf die gestiegenen und weiter steigenden Asylbewerberzahlen hin, die die Kommunendes Landkreises Erding vor immer größere Herausforderungen stellen würden. Weiter heißt es: "Wir sind einstimmig der Meinung, dass die prognostizierten 2000 Asylbewerber in allen Gemeinden nach dem vorgelegten Verteilungsschlüssel untergebracht werden müssen." Damit gehen die Kommunen von knapp einer Verdoppelung der aktuellen Zahlen aus: Derzeit sind im Landkreis 1098 Asylbewerber untergebracht; davon 230 Frauen, 302 Kinder und Jugendliche sowie 566 Männer. In dieser Zahl nicht enthalten sind diejenigen Asylbewerber, die im Erstaufnahmelager Camp Shelterschleife im Fliegerhorst versorgt werden. Dabei handele es sich um eine "Sondersituation" der Großen Kreisstadt, so die Bürgermeister in ihrer Resolution an den Landrat, die "die Lage natürlich dramatisch verschärft". Die Bürgermeister würden daher die Forderung des Landrats ausdrücklich unterstützen, keine weiteren großen Sammelunterkünfte wie Turnhallen im Landkreis Erding bereitstellen zu müssen. Weiter heißt es, die Gemeinden, Städte und Märkte seien auch nicht mehr bereit, über den Verteilungsschlüssel hinaus "über die Hintertür" - etwa durch Bauträger - Flüchtlinge in den Gemeinden zu akzeptieren. Wiesmaier räumte in diesem Zusammenhang jedoch ein, dass man beispielsweise die Umnutzung leer stehender Gasthäuser in Asylbewerberunterkünfte rechtlich kaum verhindern könne. Denn diese Genehmigungen erfolgen auf der Grundlage des Baurechts, das hinsichtlich der Unterbringung von Flüchtlingen eigens bis Dezember 2019 gelockert wurde. Wiesmaier will dies aber nicht hinnehmen: Wenn Gemeinden ihre Quote von 1,5 Prozent erfüllt hätten, müssten andere Gemeinden herangezogen werden. Über dieses Thema werde man demnächst auch ein Gespräch mit der Regierung von Oberbayern führen. Für Wiesmaier geht es dabei um die kommunale Selbstverwaltung: "Es kann nicht sein, dass wir als Entscheidungsträger nicht mehr gefragt werden."

Die Bürgermeister weisen in ihrer Resolution darauf hin, dass die Verwaltungen und ihre Mitarbeiter ihre Belastungsgrenze erreicht hätten: "Unsere Schulen und Kindergärten sind nur noch bedingt in der Lage, die ständig steigenden Probleme zu bewältigen." Dies beklagt derzeit im Übrigen auch der Kreisverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): Viele Lehrer seien nicht in Fremdsprachendidaktik ausgebildet. Zudem stünden täglich neue Kinder vor der Tür. Gerade habe man das Alphabet mühsam erlernt, schon müsse man wieder von vorne anfangen. Die Lehrer fühlten sich "allein gelassen", monierten sie in ihrer Mitgliederversammlung. Die Bürgermeister weisen in ihrer Resolution zudem darauf hin, dass viele Flüchtlingskinder nicht geimpft seien und befürchten, dass Erkrankungen auftreten. Dieser Hinweis auf die Impfproblematik richte sich nichtexplizit an den Landrat, erläuterte Wiesmaier, sondern sei ein "Appell nach oben": Das Schreiben sei in Kopie auch an die Regierung von Oberbayern ergangen, "um den Gesetzgeber zu sensibilisieren".

"Wir wollen nicht anklagen, sondern Lösungen finden", betonte Wiesmaier. In diesem Zusammenhang unterstütze man den Landkreis ausdrücklich darin, "Anreize für Missbrauch zu verringern und auch den Missbrauch von Freizügigkeitsrechten zu unterbinden". Im Gegensatz zur Haltung der Kanzlerin fordern die Bürgermeister in ihrer Resolution "im Namen unserer Bevölkerung die konsequente Begrenzung des Zuzugs sowie die Rückführung der nicht berechtigten Asylbewerber".

© SZ vom 18.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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