Landgericht Landshut:Psychotische Brandstiftung

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38-jährige legt Feuer in der Frauen-Forensik. Die Richter ordnen die unbefristete Unterbringung in der Psychiatrie an

Von Florian Tempel, Erding

Ein Brand in einem Krankenhaus ist eine potenzielle Katastrophe. Als am 8. August 2016 in der psychiatrischen Klinik in Taufkirchen Feueralarm ausgelöst wurde, schickte die Rettungsleitstelle deshalb sofort ein Großaufgebot los. Feuerwehren aus Nah und Fern rasten nach Taufkirchen. In der Frauen-Forensik qualmte und rauchte es mächtig. Feuerwehrleute mit Atemschutzgeräten arbeiteten sich zu einem Patientenzimmer vor, das komplett ausgebrannt war. Die Hitze des Feuers war so stark gewesen, dass der Putz von den Wänden abgeplatzt war. Verletzt wurde jedoch niemand. Die psychisch kranke Frau, die in ihrem Zimmer das Bettzeug und die Matratze angezündet hatte, stand nun in Landshut vor Gericht. Die 38-Jährige wurde nicht verurteilt, weil sie wegen einer akuten Psychose zur Tatzeit schuldunfähig war. Doch da das Gericht sie als gemeingefährlich einstufte, wird sie auf unabsehbare Zeit in der Frauen-Forensik bleiben.

Die Brandstifterin leidet seit vielen Jahren an einer paranoiden Schizophrenie. 2002 zeigten sich die ersten Anzeichen. Sie hörte Stimmen und hatte Visionen. Zu ihren wiederkehrenden psychotischen Erlebnissen gehören zum Beispiel "Gespräche" mit dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Darin ging es um sonderbare Dinge: Zusammen mit diesem und Allahs Hilfe könnte sie das osmanische Reich wieder aufrichten - oder so ähnlich. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich solche wirre Visionen kaum vernünftig nachvollziehen lassen. Ein Gutachter erklärte, dass die Frau an einer vergleichsweise schweren Psychose leide, die sich durch Medikamente zwischenzeitlich einmal gebessert habe, aber bislang nicht wirklich in den Griff zu kriegen war. Die Frau verweigere mitunter, die verordneten Medikamente zu nehmen, was die Therapie ihrer Erkrankung nicht einfacher mache. Überhaupt sei es so, dass bei ihr keine Krankheitseinsicht bestehe.

Die Frau ist zudem Wiederholungstäterin: Nach längeren Klinikaufenthalten lebte die Frau 2008 in der Nähe von Nürnberg in eigener eigenen Wohnung in einem Mehrparteienhaus, das ihren Eltern gehörte. Auch damals hatte sie wohl Medikamente nicht genommen, psychotische Visionen bekommen und das Mobiliar in ihrer Wohnung angezündet. Wegen dieser Brandstiftung wurde sie 2009 vom Landgericht Nürnberg - weil schuldunfähig, aber gefährlich für die Allgemeinheit - in der Psychiatrie untergebracht. Die 38-Jährige befindet sich seitdem, also ununterbrochen seit acht Jahren im sogenannten "Maßregelvollzug".

Im Sommer 2016 hatte sich ihr Zustand zunehmend verschlechtert. In Berichten der behandelnden Ärzte heißt es, dass sie immer depressiver geworden sei und viel geweint habe, bevor sei eines Morgens in ihrem Zimmer einen Brand legte.

Sie selbst sagte vor Gericht wenig über sich. Sie beklagte sich, dass alles sehr überflüssig und sinnlos sei. Sie gebe die Brandstiftung ja zu. Doch sie fühle sich "ausgeliefert" und von "allen Seiten kommt nur Besserwisserei". Ihrer Ansicht nach sei der Brand aber keineswegs so gefährlich gewesen. Es gebe ja "überall Alarmglocken" und es sei auch niemanden etwas passiert. Die wahren Schuldigen seien diejenigen,"die trotz Warnungen idiotisch zugeschaut haben".

Der Vorsitzende Richter Ralph Reiter rechnete zusammen, dass auf der Station 14 Menschen "in unmittelbarer Gefahr" waren, als das Feuer ausbrach. Insgesamt seien aber 58 Menschen - so viele waren im gesamten Gebäude - gefährdet gewesen. In der Urteilsbegründung sagte Reiter, es bestünden weder Zweifel an der Gefährlichkeit des Vorfalls noch an der Schuldunfähigkeit der Angeklagten. Aufgrund ihrer schweren psychischen Erkrankung müsse sie weiter in einer geschlossenen Abteilung untergebracht bleiben: "Wenn Sie in Freiheit wären, ohne besondere Kontrollen, das könnte man nicht verantworten." Bei einer Unterbringung in der Psychiatrie werde jedes Jahr geprüft, ob die freiheitsentziehenden Maßnahmen gelockert oder aufgehoben werden können. Voraussetzung ist aber, dass die Behandlung mit Medikamenten Erfolg zeigt. "Man darf nicht aufgeben", sagte Reiter, "Sie müssen aber die Medikamente nehmen". Der Gutachter hatte die Ansicht vertreten, der Zustand der Frau sollte sich dann bessern. Eine Hoffnung, auf die auch der Richter Reiter setzte: "Sie sollen ja irgendwann wieder in Freiheit entlassen werden."

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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