Kreiskrankenhaus Erding:Katastrophales Geschäftsjahr

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Das Erdinger Kreiskrankenhaus befürchtet dieses Jahr ein Defizit von 2,5 Millionen Euro. Schuld daran sollen die Querelen um einen früheren Chefarzt sein.

Florian Tempel

2010 ist ein bitteres Jahr für das Kreiskrankenhaus Erding. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU), Vorsitzender des Verwaltungsrats, rechnet mit einem Verlust von 2,5 Millionen Euro. Ein Defizit in einer Höhe, wie es im Kreiskrankenhaus Erding seit Jahren nicht mehr aufgelaufen ist. 2009 erwirtschafteten die Kliniken in Erding und Dorfen noch einen Überschuss von 250.000 Euro.

Das Kreiskrankenhaus rechnet dieses Jahr mit 2,5 Millionen Euro Defizit. (Foto: Peter Bauersachs)

Das Defizit des Kommunalunternehmens muss nicht umgehend durch Steuern ausgeglichen werden. Über einen Verlustvortrag kann der Ausgleich auf spätere, bessere Jahre verschoben werden. Ob noch Rücklagen in nennenswertem Umfang vorhanden sind, wollte Bayerstorfer nicht sagen. Da nach dem Haustarifvertrag ein kleiner Prozentsatz des Jahresgehalts nur bei positiven Jahresergebnissen ausgezahlt wird, fallen 2010 diese Zahlungen an die Mitarbeiter wohl aus.

Als Grund für das schlechte Abschneiden nannte Bayerstorfer stark zurückgegangene Patientenzahlen von Jahresbeginn bis August. Erst in den Monaten September und Oktober seien die Belegungszahlen angestiegen. Bayerstorfer sieht die weitere Entwicklung deshalb bereits wieder optimistisch: "Gott sei Dank sind wir wieder sehr gut in der Belegung."

Die Ursachen für den zuvor dramatischen Rückgang der Patientenzahlen liegen für Bayerstorfer auf der Hand: Durch die Kündigung des früheren Chefarztes der Unfallchirurgie Bernhard Weigel, dessen Suspendierung, nachdem er das Klinikmanagement und die politisch Verantwortlichen kritisiert hatte, und die monatelange öffentliche Diskussion über die Krankenhausleitung habe das Image des Kreiskrankenhauses gelitten.

Die Belegungszahlen gingen in allen Abteilungen deutlich zurück. Der Rückgang habe sich dabei nicht bei den akut notwendigen Behandlungen gezeigt, sondern bei den Patienten, die eine bestimmte Operation planen "und auswählen konnten, wo sie die machen lassen".

Die Entscheidung, den früheren Chirurgiechefarzt Weigel von seinem Job zu suspendieren, führte dazu, dass viele Gelenkersatzoperationen nicht mehr in Erding stattfanden. Sie sei aber auch rückblickend nicht falsch gewesen, sagte Bayerstorfer. Auch Herbert Knur, Verwaltungsratsmitglied und CSU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag, fand, "das war unumgänglich, denn so wie sich Weigel seinem Arbeitgeber gegenüber verhalten hat, konnte man das nicht akzeptieren".

Die Rückkehr der Patienten ist nach Einschätzung von Bayerstorfer auf zurückgewonnenes Vertrauen in die Klinik durch neue Chefärzte und Angebote gelungen. Mit dem neuen Chef der Unfallchirurgie-Orthopädie, Gerhard Konrad, ist ein ausgewiesener Spezialist für Gelenkersatz gewonnen worden. Der Gefäßchirurg Joachim Dörrler wurde öffentlichkeitswirksam als einer der 50 besten deutschen Ärzte seines Fachgebiets von der Zeitschrift Focus ausgezeichnet. Cvetan Taskov baut seit Jahresbeginn die Abteilung für plastische Chirurgie auf und der Kardiologe Lorenz Flügel-Bott richtet ein Herzkatheter-Labor ein.

Ein ähnlich hoher Jahresverlust, wie er für 2010 zu erwarten ist, stand zuletzt 2003 mit 1,9 Millionen Euro zu Buche. Knur verwies darauf, "dass Anfang der 2000er Jahre die Verluste allerdings durch gewaltige Investitionen entstanden" seien. "Jetzt ist das kein Defizit durch Investitionen, sondern durch strukturelle Probleme - und das ist viel schlimmer." Dass die Sana AG, die im Frühjahr den Managementvertrag mit dem Kreiskrankenhaus von sich aus kündigte, dies auch aus der Erwartung eines absehbaren Defizits tat, glaubt Bayerstorfer nicht. Die Sana müsste ja sonst "hellseherisch" die negative Entwicklung geahnt haben.

© SZ vom 13.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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