Krebssterben in der Goldach:Wieder eine Art weniger

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Sieht schön aus, aber die Fauna ist tot: Es kann Jahre dauern, bis sich die Goldach von dem Insektizid erholt, das die Krebse vergiftet hat. (Foto: Renate schmidt)

In der Goldach ist der letzte natürliche Bestand von Edelkrebsen durch ein Insektizid ausgelöscht worden. Damit verschwindet nach der Mühlkoppe allein in diesem Jahr bereits die zweite Art im Landkreis

Von Thomas Daller, Dorfen

Das Fischsterben in der Goldach durch ein Holzschutzmittel, das in den Bach geflossen ist, hat den letzten natürlichen Edelkrebsbestand ausgelöscht, der im Landkreis Erding existiert hat. Das ist in diesem Jahr der zweite schwere Schlag für einstmals weit verbreitete Arten der Fließgewässer: Bereits im Juni starben nahezu alle Mühlkoppen der Sempt, als bei Bauarbeiten am Erdinger Stadtwehr versehentlich der Fluss bis zur Mündung für mehrere Stunden komplett trocken gelegt wurde.

Der Edelkrebs ist in Bayern seit Jahrzehnten nur noch in Inselpopulationen zu finden. Schuld daran war der Mensch, der amerikanische Flusskrebsarten wie Signalkrebs oder Kamberkrebs in den europäischen Gewässern angesiedelt hat. Diese Krebsarten waren Überträger der Krebspest, einer für den Edelkrebs tödlichen Pilzerkrankung. Signal- und Kamberkrebse selbst sterben jedoch nur in Ausnahmefällen daran. Seit 1879, als die ersten Fälle von Krebspest in Bayern festgestellt wurden, sind Edelkrebse zunehmend aus den Flüssen und Bächen der Region verschwunden.

Im Landkreis Erding hielten sich außer in der Goldach Edelkrebse auch noch in der Isen. Sie fielen allerdings dann einem Modefisch zum Opfer, den die Fischereivereine besetzen. Es handelt sich um den Aal, der im Gewässersystem jener Flüsse, die in die Donau münden, keine natürlichen Vorkommen hat. Sie machten Jagd auf Jungkrebse und frisch gehäutete, weiche Tiere. Mit ihrem schlanken Körper konnten die Räuber bis in die letzen Schlupfwinkel vordringen, in denen sich Krebse versteckt hielten. In Bayern ist der Aalbesatz deshalb mittlerweile nur noch in geschlossenen Baggerseen erlaubnisfrei gestattet. Aber für die Edelkrebse in der Isen, in der vor allem in den 1980er und 1990er Jahren viele Aale besetzt wurden, kam diese Regelung zu spät.

Die letzte Population der Edelkrebse konnte sich bis vor kurzem noch in der Goldach halten. Doch es war nur noch ein kleiner Bestand, den die Alttiere dominierten. Den Tieren machte insbesondere die Landwirtschaft zu schaffen. Die Gülle auf den Äckern wird bei Regen in die Bäche geschwemmt und fördert dort das Algenwachstum. Vor allem im Sommer kommt es dadurch zu einer starken Sauerstoffzehrung, der Krebse zum Opfer fallen.

Die Population in der Goldach wurde nun jedoch, wie bereits gestern kurz berichtet, von einem Holzschutzmittel gänzlich ausgelöscht. Aus einem holzverarbeitenden Betrieb sind nach Angaben des Wasserwirtschaftsamtes vier bis fünf Kubikmeter verdünntes Cypermethrin bei St. Wolfgang in die Goldach gelangt und haben sie auf 16 Kilometern Länge bis Schwindkirchen schwer geschädigt. Dieses Insektizid, das beim Befüllen eines Tauchimprägnierbeckens in die Goldach gelangt ist, hat die letzten Edelkrebse ausgelöscht, wie Biologen des Wasserwirtschaftsamtes leider feststellen mussten. Sylva Orlamünde, Leiterin des Wasserwirtschaftsamtes München, sagte, es habe sich um die letzten natürlichen Bestände in ihrem Bereich gehandelt. Man werde sich um eine Wiederansiedlung der Tiere bemühen. Solche Tiere aus Zuchtanstalten gibt es bereits in einigen Fischweihern im Landkreis, aber die ursprünglichen Populationen, die seit der letzten Eiszeit in Bayern gelebt haben, verschwinden mittlerweile völlig.

Der Naturfilmer Jan Haft aus Dorfen sieht diese Entwicklung mit Sorge: "Stück für Stück" verschwinden die natürlichen Arten; oftmals völlig unbemerkt. Er wollte jetzt, im Herbst dieses Jahres, eine Dokumentation drehen, in der er unter anderem das Paarungsverhalten der Steinkrebse zeigen wollte. Ebenfalls eine Krebsart, die es nur noch extrem selten gibt. In einem Bach bei Ornau, hinter Schwindegg, sei er noch vor einem Jahr fündig geworden, heuer seien sie alle weg gewesen, bis auf einen einzigen "alten Haudegen". Haft geht davon aus, dass die Tiere den Nährstoffeintrag durch Gülle über eine benachbarte Wiese nicht überlebt hätten.

Oftmals gibt ein Insektizid den Krebsen nur den Rest, die alltägliche Belastung durch die Landwirtschaft tut jedoch ihr Übriges.

© SZ vom 11.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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