Das Kinocafé erwies sich als zu klein. Es passten nicht alle in den großen Kinosaal, so viele waren gekommen, um dabei zu sein, als die Menschenrechtsaktivistin Maria Brand am Freitagabend mit dem Heinar-Kipphardt-Preis gewürdigt wurde. Brand erhielt die von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erstmals verliehenen Auszeichnung, weil sie sich wie keine Zweite im Landkreis Erding seit vielen Jahren unermüdlich und unerschrocken für die Rechte von Asylsuchenden einsetzt. In ihrer Ansprache warnte Brand vor einer "zunehmenden Relativierung der Menschenrechte von Geflüchteten". Es gelte dieser Tendenz mit Empathie für ausgegrenzte Menschen zu entgegnen - und dabei trotz aller Widrigkeiten nicht zu resignieren. Brand, die sich aus der lokalen Flüchtlingsarbeit zurückgezogen hat, ist seitdem besonders im Landesverband der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe aktiv.
Schorsch Wiesmaier vom Kreisverband der GEW erklärte in der Einführung, dass man mit dem Heinar-Kipphardt-Preis ein "Zeichen gegen den zunehmenden Antisemitismus, Nationalismus und Rassismus" setzen wolle. Der Schriftsteller Kipphardt, der vor allem als Autor kritischer Theaterstücke bekannt wurde, lebte mit seiner Ehefrau Pia, die bei der Preisverleihung anwesend war, von 1971 bis zu seinem Tod 1982 in Angelsbruck in der Gemeinde Fraunberg. Peter B. Heim und Winfried Scholten sprachen in kurzen Vorträgen über das Leben und die Arbeit Kipphardts. Dieter Knirsch, Stephan Glaubitz und Kati Fabrova spielten vier melancholische Jazzstücke. Die Gruppe Die Schmetterlinge spielte Volksmusik, darunter ein Lied, das Maria Brands stete Einsatzbereitschaft ganz treffend beschrieb: "Ohne Rast, ohne Ruh, immer zu, immer zu - wie Sonne, Mond und Sterne." Als bleibendes Erinnerungsstück gab es für die Preisträgerin ein Gemälde von Anton Empl.
Laudatorin Beate Marx-Götz, langjährige Mitstreiterin Brands in der Aktionsgruppe Asyl Erding, charakterisierte sie in vielfältiger Hinsicht. Für die Asylsuchenden und die Helfer sei sie eine "Lichtgestalt, die man immer um Hilfe bitten konnte" und der man dabei stets zu 100 Prozent vertrauen durfte, weil man sich ihrer Empathie voll und ganz sicher sein konnte. Es sei fast etwas gotteslästerlich und der gläubigen Christin Maria Brand womöglich unangenehm, sagte Marx-Götz, aber in ihrem Fall stimmten nun einmal die bekannten Dankesworte: "Maria hat geholfen!"
Marx-Götz erinnerte daran, dass Brand die einzige kompetente Asylrechtsberaterin im Landkreis war, als im Herbst 2011 erstmals nach vielen Jahren wieder Flüchtlinge im Landkreis einquartiert wurden. Von Anfang an musste sich Brand gegen behördliche Widerstände durchsetzen. Als ehrenamtlichen Asylhelfern in der Anfangszeit vom Landratsamt der Zutritt zu den Unterkünften untersagt wurde, machte Brand der Behörde deutlich, dass man sie als Mitglied von Amnesty International nicht aussperren dürfe. Von da an war klar, dass Brand nicht nur eine einfache Flüchtlingshelferin, sondern vielmehr eine Menschenrechtsaktivistin ist.
Die sanfte Stimme und die zarte Gestalt der "Dirndl tragenden, Volksmusik hörenden" Maria Brand, habe, sagte Marx-Götz, allerdings über eines hinweg getäuscht: "Sie ist ein Sturschädel von wahrhaft bajuwarischem Ausmaß." So lernte man sie in ihren Kämpfen gegen ausgrenzende Maßnahmen wie separate Flüchtlingsshops, demütigende Einkleidetage, die sinnlose Geldkarte Kommunalpass und die massenhafte Verweigerung von Arbeits- und Ausbildungserlaubnissen kennen. Ihr Antrieb war dabei stets "die Verteidigung der Menschenwürde". Marx-Götz zitierte zu dieser kritisch-kämpferischen Haltung Worte von Heinar Kipphardt: "Ich störe, also bin ich. Ich höre auf zu stören, also war ich."
Ihre konsequente Art hat Maria Brand Ärger, aber auch viel Anerkennung eingebracht. Marx-Götz erinnerte an eine Diskussionsveranstaltung mit Barbara Stamm (CSU) vor einem Jahr. Der erste Satz der damaligen Landtagspräsidentin an jenem Abend war: "Ich bin heute hier wegen Maria Brand, die ich sehr schätze."
Brand dankte in ihrer Rede all ihren Mitstreitern und Unterstützern der vergangenen Jahre: "Alleine hätte ich die Arbeit nicht machen können." Ihren eigenen Antrieb erklärte sie so: Als christlich geprägte Sozialpädagogin könne sie Ausgrenzung von Menschen nicht hinnehmen: "Es geht immer darum, dem Menschen zu helfen, dass er in der Gesellschaft dabei ist oder dabei sein kann." Bei Asylsuchenden sei das sehr notwendig, weil diese "am untersten Ende dieser Gesellschaft stehen." Brand legte dar, dass viele, durch deutsche Gesetze und Verwaltungsvorschriften gedeckte Maßnahmen Menschenrechtsverletzungen darstellten, weil der Schutz von Ehe und Familie oder der Schutz von Gesundheit und Unversehrtheit zum Beispiel bei Abschiebung missachtet werde. Auch die sogenannten Ankerzentren kritisierte sie als "inakzeptable Orte", in denen "Menschenwürde und Menschenrechte zu kurz kommen."