Kommentar:Vom Staat im Stich gelassen

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Eigentlich sollte die Kinderbetreuung auch im Kindergarten kostenlos sein - damit jedes Kind von Anfang an die gleichen Chancen hat.

Elf Prozent mehr sollen Eltern künftig in Wartenberg für die Betreuung ihrer Kindern zahlen. Pro Jahr 230 Euro mehr, wie SPD-Fraktionschef Michael Paulini ausgerechnet hat. Zu viel, wie er findet, da die Tariferhöhungen beim Personal nur insgesamt 4,75 Prozent ausmachen und der Rest sich aus Höhergruppierungen und alten Defiziten zusammen setze. Da sei unsozial und aus kommunalpolitischen Gesichtspunkten nicht vertretbar. Gemeinde und Eltern müssten sich die Erhöhungen aufteilen.

225 Euro müssen Eltern künftig für ein Kind im Monat für die Kinderkrippe zahlen - wenn es nur täglich zwischen fünf und sechs Stunden dort ist. Damit ist nur eine Teilzeitbeschäftigung für die Mutter oder den Vater möglich. Schon bei zwei Kindern kommt da eine ganz schöne Summe zusammen.

Was die Kinderbetreuung kostet, ist in Deutschland Sache der Kommunen. Und damit geraten Gemeinden in ein Dilemma. Wünschenswert wäre es, dass die Eltern gar nichts zahlen müssen. Denn Kinder zur Schule zu schicken kostet in Deutschland auch nichts. Auch Kindergarten oder Krippe gehören zum Bildungsauftrag. Aber hier hat die Bundespolitik sich im Gegensatz zur Schule dafür entschieden, die Eltern mit Kindergartenbeiträgen zur Kasse zu bitten. Mal mehr und mal weniger. Denn es kommt ganz darauf an, wie leistungsstark eine Kommune ist. In Unterföhring kostet die Kinderbetreuung keinen Cent. Dort sprudeln die Gewerbesteuereinnahmen. Aber in vielen Gemeinden nicht. Und Kinderbetreuung kostet. Alleine im Markt Wartenberg 2,025Millionen Euro.

Dabei sind Kriterien wie die finanzielle Situation einer Familie, die Rückkehr von Mutter oder Vater in den alten Job, aber auch der Entwicklungsstand des jeweiligen Kindes für später wichtig. Schon die Frühförderung von Kleinkindern ist entscheidend für den späteren schulischen Erfolg oder Nichterfolg, wie Untersuchungen zeigen. Und nachdem sich die Kind-Eltern-Großeltern-Verbünde immer mehr auflösen, sind Eltern auf öffentliche Einrichtungen angewiesen und Kommunen und Eltern letztlich die Dummen. Die Kommunen müssen Gebühren erheben, um eine gute Betreuung überhaupt anbieten zu können, ohne pleite zu gehen. Und die Eltern müssen zahlen, weil sie arbeiten müssen, um sich Mieten und die Kinderbetreuung leisten zu können. Von wegen, jedes Kind in Deutschland hat die gleichen Chancen.

© SZ vom 15.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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