Knappe Entscheidung:Weg damit und Platz gemacht

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Dorfen hebt gegen den Widerstand vieler einen Bebauungsplan auf, um einem Eigentümer seinen Bauwunsch zu erfüllen

Von Florian Tempel, Dorfen

Die Sitzung des Dorfener Bauausschusses am Mittwochabend war ungewöhnlich gut besucht. Zahlreiche Bürger aus dem Baugebiet "Dammerlberg" waren gekommen, denn es ging um die Aufhebung des Bebauungsplans für ihr Wohngebiet. Sie wollen das nicht. 35 Bewohner haben schriftliche Einwände gegen die Aufhebung eingereicht. Doch die Mehrheit des Bauausschusses ließ sich davon nicht beeindrucken, die Argumente der vielen Bürger wurden als unerheblich abgewiesen. Die Entscheidung fiel mit einer Stimme Mehrheit. Mit der Aufhebung des Bebauungsplans stößt die Stadt viele vor den Kopf, damit ein einziger mehr bauen kann als alle anderen vor ihm.

Das Zauberwort, mit dem die Aufhebung des Bebauungsplans gerechtfertigt wird, heißt "Nachverdichtung". Flächensparend viele Wohnungen zu bauen ist ein Gebot der Stunde, eine städtebauliche Verantwortung, eine ökologische Notwendigkeit. Wer könnte etwas dagegen sagen?

Am Dammerlberg ist es so: Seit 1991 wurden die etwa 75 ausgewiesenen Grundstücke mit Einfamilien- und Doppelhäusern bebaut, dazu auch einige Dreispänner. Es gibt nur noch vier unbebaute Parzellen. Es ist ein Wohngebiet an einem relativ steilen Hang, durch das sich eine kurvige, enge Straße ohne Gehweg zieht.

Der Eigentümer eines etwa 700 Quadratmeter großen, noch nicht bebauten Grundstücks hatte nun vor ein paar Jahren beantragt, mehr als ein normales Doppelhaus auf seinem Grund bauen zu dürfen. Der Grundeigentümer will da nicht etwa selbst wohnen, sondern Wohnungen errichten, die er vermieten oder später einmal verkaufen könnte. Der Bauausschuss bewilligte ihm das mit einer Änderung des Bebauungsplans. Er hätte demnach ein kleines Mietshaus mit vier Wohnungen bauen dürfen, mit acht Parkplätzen vor, neben und hinter dem Haus.

Nachbarn klagten gegen diese Ausnahme und hatten Erfolg. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof kippte die Bebauungsplanänderung. Im Urteil heißt es, es handle sich um eine "punktuelle Änderung", die "städtebaulich nicht erforderlich" ist. Die Richter führen aus, dass man die Grundzüge des Baugebiets nicht für einen einzigen Bauherrn über den Haufen schmeißen darf.

Dass die gekippte Bebauungsplanänderung ohne "städtebauliche Notwendigkeit" erfolgte, hatte übrigens Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) selbst unterschrieben. Schon 2014 hatte er eine Vereinbarung mit dem Grundeigentümer unterzeichnet, dass dieser die Kosten des Änderungsverfahrens zahlen müsse - weil es ja kein öffentliches Interesse an dieser speziellen Bebauungsplanänderung gebe.

Im Dorfener Rathaus kam man nach dem klaren Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof auf eine außergewöhnliche Idee, wie man es umgehen könnte: Wenn der Bebauungsplan nicht geändert werden darf, dann muss er eben ganz weg. Und hier kommt die Nachverdichtung ins Spiel. Denn die Aufhebung eines Bebauungsplans muss begründet werde - und zwar mit einem städtebaulichen Argument, und nicht damit, dass man auf diese Weise einem bestimmten Bürger seinen Bauwunsch erfüllen kann.

Im Bauausschuss argumentierten Ursula Frank-Mayer (GAL), Heiner Müller-Ermann (SPD) und Martin Heilmeier (Landlisten) vergeblich gegen die Aufhebung. Michael Oberhofer (CSU) sagte zwar, er könne "jeden verstehen, der dagegen ist", doch so leicht dürfe er es sich nicht machen. Wenn man den Bebauungsplan nicht aufhebe, werde man in Dorfen nie und nimmer auch nur ein Fleckchen nachverdichten können.

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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