Klimawandel:"Man merkt die Erwärmung schon"

Lesezeit: 3 min

Die Straßenmeistereien Erding und Taufkirchen sind auf den Winter bestens vorbereitet. Doch die Saison mit Schnee und Eis beginnt später und ist kürzer als in früheren Zeiten

Von Philipp Bovermann, Erding

"Sehr ruhig bis jetzt" sei die Situation für den Winterdienst dieses Jahr, sagt Norbert Niedfeld, Leiter der Straßenmeisterei Taufkirchen. Zusammen mit den Kollegen von der Straßenmeisterei Erding sind er und seine Mitarbeiter dafür zuständig, dass die Bundes-, Staats- und Kreisstraßen im Landkreis befahrbar bleiben. Die beiden Straßenmeistereien teilen sich die Verantwortung für je rund 250 Straßenkilometer.

Ein Arbeitstag im Winterdienst beginnt lang vor Sonnenaufgang, um 2.30 Uhr mit einem Blick auf die Glättemeldeanlagen. Sie messen die Boden- und die Lufttemperatur an Straßen und verfügen über eingebaute Kameras. Eine der beiden Anlagen der Straßenmeisterei Taufkirchen steht als Frühwarner bei Mittbach, zwischen Isen und Hohenlinden, am höchsten Punkt im Gebiet, für das die Taufkirchener zuständig sind. Die andere befindet sich an der B 15 zwischen Moosham und Mühlberg, an der Grenze zum Zuständigkeitsbereich der Erdinger Straßenmeisterei, die ebenfalls auf die Daten zugreift.

Wenn der Einsatzleiter entscheidet, dass die Straßen geräumt oder gestreut werden müssen, ruft er seine sechs Mitarbeiter im Winterdienst an, vier Ersatzleute stehen in Reserve. Der nächste Anruf geht an die privaten Winterdienst-Unternehmen, von denen sich die Straßenmeisterei Taufkirchen unterstützen lässt. Sie haben ständig Rufbereitschaft und verfügen über insgesamt sieben Räumwägen. Die Straßenmeisterei selbst besitzt nur noch zwei eigene Fahrzeuge. Um drei Uhr treffen die Räumkräfte auf dem Hof ein. Dort werden sie in die verschiedenen Fahrzeuge verteilt, denen wiederum feste Routen zugeordnet sind. Und dann geht es auch schon los, denn die Zeit drängt: Das Gröbste sollte erledigt sein, bevor der Berufsverkehr losgeht.

In einer Halle in Taufkirchen lagern bis zu tausend Tonnen Streusalz, in einer zweiten bei Scheideck bis zu 800 Tonnen. Während der Hochsaison für den Winterdienst bestellt Niedfeld ständig neues Salz nach, erst ab Anfang Februar hört er damit auf und baut die Bestände in den Hallen allmählich ab. "Im Sommer bekomme ich das Salz zu einem besseren Preis", sagt Niedfeld.

Im Vergleich zu früher habe sich der Salzverbrauch etwa um die Hälfte verringert. Das liegt einerseits daran, dass heute kein Salz mehr gestreut, sondern Salzsole - eine Mischungen aus Salz und Wasser - auf die Straßen gespritzt wird. Dazu sind die meisten Straßenmeistereien inzwischen übergegangen, weil die trockenen Salzkörner, aufgewirbelt durch die Autoreifen, jenseits der Fahrbahn landeten. Deshalb ist nun für dieselbe Straßenfläche weniger Salz nötig.

Aber auch noch ein anderer Aspekt spiele eine Rolle, sagt Niedfeld: "Der Winter beginnt später als in früheren Zeiten." Klassischerweise habe die Straßenmeisterei von Mitte Oktober bis Mitte März oder Anfang April zu tun gehabt. In den vergangenen Jahren sei der Winterdienst hingegen meistens erst Ende Dezember, Anfang Januar so richtig losgegangen und Ende Februar sei dann größtenteils schon wieder Schluss gewesen. "Man merkt die Erwärmung schon."

Dieser Beobachtung schließt sich, wenn auch zögerlicher, Christian Salzeder an, Leiter des Bauhofs Dorfen und somit verantwortlich für den Winterdienst in der Stadt. Die Aufgaben für den Winterdienst seien dadurch eher schwieriger als leichter geworden. "Die Leute stellen sich viel eher darauf ein, wenn es länger am Stück schneit. Dann fahren sie vorsichtiger. Deshalb sind die milden Winter eigentlich die gefährlicheren."

Der Bauhof Dorfen muss sich allerdings nicht nur um die Autofahrer auf dem 230 Kilometer langen Straßennetz der Gemeinde kümmern, sondern auch um die Geh- und Radwege. Zwei Touren zu Fuß macht der Dorfener Winterdienst, dreizehn mit Fahrzeugen, insgesamt sind also bis zu 15 Mitarbeiter im Einsatz. Sie haben eine Liste von Orten abzuarbeiten, etwa Ampeln, Brücken, die Plätze vor Kindergärten, Schulen und dem Bahnhof.

Ein Einsatz in Dorfen beginnt um 3.30 Uhr, wenn die Kollegen der Straßenmeisterei Taufkirchen bereits ihre Bahnen über die Landstraßen ziehen. Wenn es den ganzen Tag schneit und friert, ist auch den ganzen Tag Winterdienst. Letztes Jahr habe es allerdings, so Salzeder, recht viele kurze Einsätze gegeben, bei denen nur morgens gestreut werden musste. Von der letzten solchen Ausfahrt seien seine Mitarbeiter schon gegen 8.30 Uhr zurückgekommen. Nicht nur die Winterdienst-Saison, sondern auch die jeweiligen Einsätze haben sich also mit den zuletzt ungewöhnlich warmen Wintern verkürzt.

An der Einsatzbereitschaft der Winterdienste ändert sich dadurch nichts. Weder die Straßenmeisterei Taufkirchen noch der Bauhof Dorfen denken darüber nach, sie später im Jahr beginnen oder früher enden zu lassen, weniger Streumittel zu kaufen oder gar Personal abzubauen. Die Schneemassen können kommen - wenn sie denn kommen.

© SZ vom 19.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: