Landkreis Erding:KJR stößt bei Projektfinanzierung an Grenzen

Lesezeit: 3 min

Gut angenommen wird vor allem in den Sommerferien der Jugendzeltplatz am Notzinger Weiher. Er wurde 2019 eingeweiht. (Foto: Stephan Görlich)

Kristin Hüwel, die neue Geschäftsführerin des Kreisjugendrings, setzt auf Förderanträge bei Stiftungen oder dem Bayerischen Jugendring. Im Grundlagenvertrag mit dem Landkreis sind nur Budgets für Personal, Verwaltung und Schulungen vorgesehen. Geplant ist 2024 eine Kinderstadt. Zudem will der KJR ein "Europa Flaggschiff" werden.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Auch in diesem Jahr durften 44 Kinder- und Jugendliche des Landkreises Erding mit dem Kreisjugendring (KJR) ein paar sorgenfreie Tage Anfang August in Werfenweng verbringen. Beinahe aber hätten die schnell ausgebuchten Freizeiten nicht stattfinden können, wie die neue KJR-Geschäftsführerin Kristin Hüwel sagt. Nach der Neustrukturierung der Verbandsförderungen durch den Landkreis habe es nur noch einen Zuschuss von 1800 Euro gegeben und so sei eine Finanzierungslücke von rund 20 000 Euro gegenüber dem Vorjahr geblieben. Nur mit viel Mühe sei es gelungen, das Defizit auszugleichen. "Finanziell geht es uns schlecht, eigentlich haben wir weniger als kein Geld." Für die Förderung von Projekten in der Kinder- und Jugendarbeit ist im Grundlagenvertrag mit dem Landkreis, der die Finanzierung des KJR regelt, nichts vorgesehen. Budgets gibt es nur für Personal, Verwaltung und Schulungen.

Ideen hat die Geschäftsführerin genügend: "Wir wollen zum Beispiel nächstes Jahr eine Kinderstadt machen, etwas zum Thema Fake-News, wo es um Falschmeldungen im Netz geht, oder um den souveränen Umgang mit dem Internet." Ob das klappt, ist ungewiss. "Wenn ich qualitativ hochwertige Projekte in der Demokratie- und Medienbildung anstoßen will, brauche ich Geld. Es sollen Projekte sein, wo die Kinder und Jugendlichen was lernen, für das Leben was mitnehmen können." Sie will nun versuchen, über Stiftungen, den Bayerischen Jugendring oder andere Stellen Förderungen zu erhalten - "oder von wem auch immer" Geld zu bekommen. Auf den Landkreis setzt sie weniger. Auch dort müsse sie Zuschussanträge stellen. "Ich kann darüber klagen, was nicht da ist, oder versuchen es zu kompensieren", sagt Kristin Hüwel, "ich denke, nach vorne gehen, es aktiv zu gestalten, ist in der derzeitigen Lage der bessere Weg".

"Die Kinder müssen die Möglichkeit haben, sich selber ausprobieren zu können."

Die pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sei vor allem nach der Corona-Pandemie sehr wichtig. Das kommunikative Geschick und das soziale Miteinander hätten während Corona unglaublich gelitten, "weil die Jugendlichen sehr auf sich zurückgezogen waren". Die Kommunikationsstruktur und die Teamfähigkeit, aber auch die persönliche Kompetenz habe massiv gelitten. "Die Kinder müssen die Möglichkeit haben, sich selber ausprobieren zu können, auch Fehler machen zu dürfen. Dafür brauchen sie Unterstützung, um Gemeinschaft erleben zu können." Ziel des KJR ist, auf die Kinder und Jugendlichen im Landkreis einen positiven Einfluss zu haben.

Newsletter abonnieren
:SZ Familie-Newsletter

Erfahren Sie jeden Freitag im kostenlosen Newsletter alles, was Eltern interessiert. Kostenlos anmelden.

Hüwel will im kommenden Jahr Förderanträge für Projekte zwischen 100 000 und 120 000 Euro stellen. "Ich hoffe, ich kann diese Gelder in den Landkreis holen, damit wir für die Kinder und Jugendlichen im Landkreis was tun können. Es ist ja immer so eine Art Wundertüte, ob man den Zuschlag bekommt oder nicht."

Der KJR habe sich zudem beim Bayerischen Jugendring (BJR) als "Europa Flaggschiff" beworben. Für den Zeitraum September 2023 bis März 2025 können sich Jugendverbände oder Einrichtungen der Jugendarbeit bei der Entwicklung einer Europastrategie beraten und begleiten lassen. Europa soll als Lernfeld in der Jugendarbeit vor Ort weiterentwickelt und aktiver bespielt werden. "Es geht um eine Jugendarbeit, die europaoffen ist und in der europäische Projekte forciert werden. Und bei dem wir vielleicht auch mal einen Jugendaustausch machen können", sagt die KJR-Geschäftsführerin, "im Moment sieht es gut aus, dass wir den Zuschlag bekommen".

Was ihr auch fehle, seien ehrenamtliche Mitarbeiter für die Projekte. Zurzeit sucht Hüwel zudem dringend eine Sozialpädagogin. Sie habe eine halbe Stelle offen, die sie auf eine Dreiviertel-Stelle aufstocken könnte.

Die Klage des BJR gegen die Rückforderung ist am VG München immer noch anhängig

Über dem KJR schwebt laut Kristin Hüwel weiterhin eine Rückforderung des Landkreises aus früheren Zuschüssen in Höhe von rund 90 000 Euro. Durch eine Prüfung der Kreisrevision war 2021 festgestellt worden, dass vom Landkreis zur Verfügung gestelltes Geld für den allgemeinen Betrieb des KJR verwendet wurde. Eine interne Überprüfung der Haushaltsführung des KJR hatte ergeben, dass sich zwar niemand an den Mitteln des KJR und den Zuschüssen von Dritten persönlich bereichert habe, wie BJR-Pressesprecher Patrick Wolf mitteilt. Allerdings seien Überschüsse aus zweckgebundenen Mitteln in den allgemeinen KJR-Haushalt geflossen, um den dortigen Fehlbetrag auszugleichen. Sämtliche Zuschüsse des Landkreises an den KJR seien aber für die Jugendarbeit verwendet worden, so Wolf. Gegen die Rückforderung hatte der Bayerische Jugendring am Verwaltungsgericht (VG) München Klage eingereicht, die weiterhin anhängig ist, wie VG-Pressesprecher Florian Huber bestätigt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Jugendarbeit im Landkreis
:Neuanfang mit einer Altlast

Die Finanzierung des Kreisjugendrings ist nun erstmals vertraglich geregelt. Die Grundlagenvereinbarung mit dem Landkreis ist unterzeichnet. Ende gut, alles gut? Nicht ganz.

Von Regina Bluhme

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: