Jugendamt:Verzwickte Fälle

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Minderjährige Ehefrauen unter Vormundschaft

Von Peter Becker, Freising

Verzwickte Fälle stellen für den Bereich der Vormundschaften innerhalb des Jugendamts des Landkreises Freising minderjährige Mütter dar. Diese zum Teil nicht einmal 14 Jahre alten Mädchen kommen laut Jahresbericht der Behörde mit ihren sogenannten Ehemännern in den Landkreis Freising, um dann einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen zu werden. In den meisten Fällen kann das Paar die Ehe jedoch nicht nachweisen. Das bedeutet, dass die junge Mutter einen Amtsvormund benötigt. Sie selbst gilt als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Um den tatsächlichen rechtlichen und gesellschaftspolitischen Status dieser Frauen streiten sich derzeit die Experten. Das Freisinger Jugendamt sucht ebenfalls nach einer Lösung. Das bayerische Landesjugendamt empfiehlt, unter 14-jährige Ehefrauen oder Mütter in Obhut zu nehmen.

Insgesamt laufen am Jugendamt derzeit 180 Amtsvormundschaften und Pflegschaften. Bei 93 Fällen handelte es sich um unbegleitete, bei 18 um begleitete minderjährige Flüchtlinge. Weitere 150 Vormundschaften hat das Jugendamt im Jahr 2016 geführt, aber wegen der Volljährigkeit des Schützlings oder der Verlegung in eine Jugendhilfeeinrichtung außerhalb des Landkreises beendet. Die unbegleiteten jungen Flüchtlinge leben in Einrichtungen der Jugendhilfe oder bei Pflegeeltern. Bis in den April 2016 hinein waren einige der Jugendlichen noch in einer Turnhalle untergebracht, bevor sie auf andere Unterkünfte verteilt werden konnten. Schwierig gestaltet sich die Situation der begleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Sie sind mit Verwandten oder Bekannten angekommen und mit diesen zusammen in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht.

Oft sind die Begleitpersonen als Vormund vorgeschlagen. Das Jugendamt überprüft deren Eignung. Das Freisinger Amtsgericht genehmigt diese Vormundschaften oder veranlasst erneute Überprüfungen. Im Jahr 2016 hat das Jugendamt zehn ehrenamtliche Vormünder überprüft und dann die Vormundschaft für ein Kind oder einen Jugendlichen auf sie übertragen.

Derzeit leben 160 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Landkreis. Um sie kümmert sich ein Fachdienst, der seit Juli 2015 besteht. Für die jungen Flüchtlinge wurden Sprachkurse organisiert, weil das Angebot an der Berufsschule zunächst nicht ausreichend war.

Einen Schwerpunkt der Arbeit im Jugendamt stellte die Begleitung von Pflegeverhältnissen zwischen deutschen Familien und unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen dar. Aufgrund unterschiedlicher Erwartungshaltungen, kulturellem und religiösem Hintergrund sowie traumatisierender Erlebnisse auf der Flucht kommt es immer wieder zu Krisensituationen in den Pflegefamilien. Dies ging sogar soweit, dass vielversprechende Pflegeverhältnisse endeten. Betroffene Jugendliche zogen dann entweder in Wohngruppen oder Gemeinschaftsunterkünfte.

17 unbegleitete junge Flüchtlinge sind zum 1. Januar volljährig geworden. Auf diesen Tag ist ihr Geburtstag festgelegt worden, da das eigentliche Geburtsdatum meist nicht feststeht. Die jungen Flüchtlinge haben dann nach Auskunft von Pressesprecherin Eva Dörpinghaus keinen Vormund mehr und können einen Antrag auf Hilfe für junge Volljährige stellen. Dieser wird dann geprüft und in den meisten Fällen auch genehmigt - vor allem wenn der junge Erwachsene noch in der Schulausbildung steckt. Andere wiederum wechseln mit ihrer Volljährigkeit in eine dezentrale Unterkunft. Sei es, weil sie das wollen, oder weil das Jugendamt den Antrag ablehnt. Das ist dann der Fall, wenn die Behörde entweder keinen Hilfebedarf oder keine ausreichende Mitwirkungsbereitschaft beim Jugendlichen erkennt.

© SZ vom 09.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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