Isentalautobahn:Anzeige wegen Beleidigung

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Der Altöttinger Landrat Erwin Schneider (CSU) hat bei der A 94-Eröffnung drei Protestierer heftig beschimpft und weiter nachgetreten

Von Florian Tempel, Dorfen

Der Ausraster des Altöttinger Landrats Erwin Schneider (CSU) bei der Eröffnungsfeier der Isentalautobahn vor einer Woche bekommt ein juristisches Nachspiel. Schneider hatte drei Demonstranten, die während der Rede von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) "Kein Grund zum Feiern!" skandierten, heftig beschimpft. In einem Videomitschnitt der Szene ist zu hören, wie Schneider sie mehrmals "Grattler" und "Menschenverachter" nennt. Laut einem Bericht des Oberbayerischen Volksblatt (OVB) soll er die drei Protestierer auch als "Arschlöcher" beschimpft haben. Das wollen die drei nicht so stehen lassen - sie werden Schneider wegen Beleidigung anzeigen.

Ihre eigenen Namen wollen die drei Demonstranten, die der SZ Erding bekannt sind, aus Dorfen und Umgebung stammen und zwischen 25 und 30 Jahre alt sind, in der Zeitung besser nicht veröffentlicht wissen. Aus einem verständlichen Grund: Da sie bereits in Online-Kommentaren und Internetforen attackiert wurden, wollen sie weitere persönliche Angriffe vermeiden.

"Ursprünglich beschlossen wir, trotz des klar strafbaren Inhalts der Aussagen, von einer Anzeige abzusehen", schreiben die drei in einer schriftlichen Stellungnahme. Da Schneider jedoch laut einem OVB-Bericht sein Verhalten nicht entschuldigen wollte, sondern vielmehr zu rechtfertigen versuchte, hätten sie ihre erste Meinung geändert. Ihre Aktion mag zwar eine "provokantere Form des Demonstrierens" gewesen sein, doch das rechtfertige keine "Beleidigungen und Verleumdung".

Im OVB-Artikel wird aus einer schriftlichen Stellungnahme Schneiders zitiert. Demnach wirft der Altöttinger Landrat den Protestierern vor, sie hätten "kaltschnäuzig und mit dem Touch eines Gaudiums gegen mehr Verkehrssicherheit, die mit der Eröffnung der A 94 verbunden ist, protestiert". Das sei für ihn "unerträglich", weil es auf der Bundesstraße B 12 zwischen München und Passau in den vergangenen 20 Jahren 350 Unfalltote und Hunderte Verletzte gegeben habe. Außerdem sei es den Demonstranten nur um mediale Aufmerksamkeit gegangen. Nur so sei zu erklären, "dass sie sofort, nachdem die Fotos und Videos im Kasten waren, abgezogen sind, ohne sich einer Diskussion zu stellen".

Die drei Demonstranten halten Schneider entgegen, dass er "die ganze Thematik 'Isentalautobahn' einzig und allein auf die Verkehrssicherheit der B 12 reduziert". Dass sie nicht mit Schneider vernünftiger diskutieren konnte, habe einen amtlichen Grund: Sie wurden sehr schnell von der Polizei abgeführt und in Gewahrsam genommen. In ihrer Stellungnahme schreiben sie: "Für und gegen eine Autobahn gibt es viele fundierte Argumente, die im demokratischen Diskurs, anstelle von Beleidigungen und Vereinfachungen, ausgetauscht werden sollten. Wäre die Debatte in den letzten 35 Jahren fair geführt worden, hätte es aber wohl keinen Betonkoloss im Isental gegeben, sondern einen Ausbau der B 12." Die "von oben herab" durchgesetzte Isentalautobahn und die Entgleisungen Schneiders "stehen für uns für ein politisches Selbstverständnis aus einer lang vergangenen Zeit"

© SZ vom 09.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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