Isentalautobahn A94:Lobgesänge und Protestrufe

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Die Eröffnung des neuen Abschnitts ist für die einen ein Tag der Freude, ein historisches Ereignis oder ein Meilenstein. Drei junge Männer bringen mit einer Spontandemo die Sicht der anderen zum Ausdruck: "Kein Grund zum Feiern!"

Von Florian Tempel, Dorfen

Die "feierliche Verkehrsfreigabe" der Isentalautobahn auf dem neuen Autobahnparkplatz Fürthholz-Nord war ein Großereignis. Nach Schätzungen der Polizei waren am Montagnachmittag fast 1000 Menschen erschienen. Erstaunlich viele waren zu Fuß, auf dem Fahrrad oder sogar mit dem Skateboard gekommen. Wer das Auto stehen ließ, hatte sicher keine weite Anreise, so wie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der zu allerletzt doch noch alle Bürger zur Eröffnungsfeier eingeladen hatte - auch die, die einfach nur in der Nähe wohnen und sonst nichts mit der Autobahn zu tun haben.

Es war ziemlich windig. Am Morgen, noch lange vor Beginn der Feierlichkeiten, waren die Freiwilligen Feuerwehren im Einsatz gewesen, um die vom Wind zerzausten Festzelte zu sichern. Am Nachmittag war dann alles ordentlich und sauber. Nur die Luft war nicht gut, der Wind blies einen scheußlichen Fäkalgeruch über das Gelände. Irgendein Schelm hatte auf einen Acker in der Nähe gerade an diesem besonderen Tag extra kräftig geodelt. Das erste, was die Besucher wahrnahmen, war also ein unfeiner Gestank, der einen von den Reden etwas ablenken konnte.

Bundesverkehrsminister Scheuer aber war bester Laune, lobte die Isentalautobahn, die Menschen, Länder, ja halbe Kontinente miteinander verbinde und "die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaftsstandorte" erhalte.

Mittenrein in Scheuers Lobgesang mischten sich plötzlich die Stimmen von drei jungen Männern, die "Kein Grund zum Feiern!" skandierten und Transparente hochhielten. Die Demonstranten wurden umgehend von Polizeibeamten beiseite genommen. Ihnen droht ein Bußgeld wegen einer unangemeldete Versammlung. Man kennt das im Landkreis Erding bereits. Das Landratsamt hat schon bei geringeren Anlässen, wie etwa der angeblichen Ein-Mann-Demo eines Dorfener SPD-Stadtrats, wenig Kulanz gezeigt. Die Eröffnung der Isentalautobahn sei, wie die Protestierer der SZ später sagten, für sie ein Beispiel "einer Verkehrspolitik, die noch im letzten Jahrhundert feststeckt". Mit der A 94 werde "ein Koloss gegen die Mobilitätswende eröffnet".

Viele andere sahen das ganz anders. Peter Speckmaier aus Hohenlinden hatte extra einen Bus organisiert, um mit 60 Gleichgesinnten zur Eröffnung der A 94 zu fahren. Unter dem Motto "A 94 - jetzt" hat sich Speckmaier jahrzehntelang für den Bau der Isentalautobahn eingesetzt. Nun war er so froh, dass er Minister Scheuer in den Arm nahm und an sich drückte. Auf einem Plakat der A 94-Befürworter aus Hohenlinden stand zu lesen, mit der Trasse über Dorfen sei "jedem geholfen - danke". Hans Reichart (CSU), der bayerische Verkehrsminister, erklärte den Montag kurzerhand zum "Tag der Freude" und Marcel Huber, ehemalige bayerischer Umweltminister (CSU), fand, für ihn sei es sogar ein "historischer Tag".

Der Dorfener Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) sagte in seiner Ansprache, die Eröffnung der Isentalautobahn sei "ein Meilenstein für die Infrastruktur unseres Raumes". Die neue Autobahn biete "eine Vielzahl an Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten". Es sei nun "an der Zeit, die Fakten zu akzeptieren oder zumindest hinzunehmen". Ganz zum Schluss drängte es Günther Knoblauch (SPD), den ehemaligen Bürgermeister von Mühldorf und Vorsitzenden des Vereins "Ja zur A94", auf die Bühne, von wo aus er alle wissen ließ, dass er sich unbändig freue.

Dann wurde das bunte Band durchschnitten und so die Autobahn symbolisch eröffnet. Blasmusikkapellen aus Neu- und Altötting, Ampfing und Mühldorf spielten dazu, warum auch immer, den "Bozener Bergsteiger Marsch".

© SZ vom 01.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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