"Irreführung der Bevölkerung":Bürgerverein schlägt erneut Alarm

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Seit einem Jahr messen die Ehrenamtlichen beunruhigende Ultrafeinstaubwerte, getan hat sich seither aber nichts

Von Johann Kirchberger, Freising

"Lug und Trug" wirft der Freisinger Bürgerverein der Flughafen München GmbH (FMG) vor. Die Belastungen mit Ultrafeinstaub und die daraus entstehenden Gefahren für die Gesundheit der Menschen würden von der FMG verharmlost, es werde das Falsche an falschen Stellen gemessen, es werde behauptet, alle Grenzwerte würden eingehalten und damit impliziert, die Luft sei rein. Für Reinhard Kendlbacher, den Vorsitzenden des Bürgervereins, ist das eine bewusste grobe Irreführung der Bevölkerung.

In einem Brief an FMG-Geschäftsführer Michael Kerkloh hatte der Verein im Januar darauf hingewiesen, dass die Angaben zur Luftqualität nicht der tatsächlichen Belastung für Beschäftigte und Passagiere, für Anwohner und Veranstaltungsbesucher entsprächen. Die beiden Messstationen der FMG lägen jeweils an den Enden der Südbahn, seien damit weit von den Bereichen der höchsten UFP-Konzentration entfernt und befänden sich die meiste Zeit über im unbelasteten Wind. Die eine Station messe nur Feinstaub, aber keinen Ultrafeinstaub, die andere messe nur Stickoxide (NOx). Ganz anders sehe das Kerkloh. In seiner schriftlichen Antwort behaupte er, so Kendlbacher, dass die Standorte repräsentativ seien und dort stünden, wo die höchste Schadstoffkonzentrationen zu erwarten seien. Damit widerspreche Kerkloh den Aussagen des Bayerischen Umweltministeriums und von Stefan Jacobi, dem Luftschadstoffexperten des hessischen Landesamts für Naturschutz sowie einer Schweizer Prüfanstalt.

Ultrafeinstaub sei ungleich gefährlicher als Feinstaub, der von Dieselfahrzeugen ausgestoßen werde, so der BV-Vorsitzende. Die Partikel seien so klein, dass sie über die Lunge direkt in die Blutbahn eindringen könnten. Ultrafeinstaub entstehe überwiegend durch Flugzeuge am Boden. Startende und landende Flugzeuge wirbelten die Partikel auf, der Wind blase sie in das Umland. Ähnlich wie beim Dieselskandal - ein Vergleich, der von Kerkloh zurückgewiesen wurde - werde "Greenwashing" betrieben, sagte Kendlbacher. Man behaupte, die Luft sei sauber und berufe sich auf ein akkreditiertes, angeblich unabhängiges Institut. Das aber messe überhaupt keinen Ultrafeinstaub. Wie der Autoindustrie fehle auch den Flughafenbetreibern jegliches Unrechtsbewusstsein, die Arbeit des Bürgervereins werde diskreditiert.

Die Politiker, allen voran Markus Söder, die Minister Florian Herrmann, Melanie Huml, Marcel Huber und Ulrike Scharf habe man über die Ultrafeinstaub-Problematik informiert. Passiert sei nichts. Die CSU habe im Landtag genauere Messungen abgelehnt. Obwohl nachweislich falsch, behaupte Irlstorfer, die Messgeräte des Bürgervereins seien nur für Innenräume geeignet. Die Staatsregierung vertusche die Gesundheitsgefahren, obwohl Feinstaub fünfmal gefährlicher sei wie Stickoxide. 130 Messungen habe der Bürgerverein inzwischen durchgeführt und dabei von 15 000 (Erding) über 75 000 (Hangenham) bis zu erschreckenden 1,5 Millionen Ultrafeinstaubpartikel pro Kubikzentimeter gemessen.

© SZ vom 06.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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