Hotels konkurrieren stärker um Kunden:Zwiespältige Statistik

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Die chinesische Fahne flattert zusammen mit einigen europäischen vor dem Hotel Kastanienhof am Erdinger Bahnhof im Winterwind. Hauptsächlich Flugzeug-Crews aus China steigen dort ab und lassen laut Geschäftsführer Wilhelm Kampe viel Geld in der Stadt. (Foto: Renate Schmidt)

Der Landkreis konnte im vergangenen Jahr wieder einen Zuwachs an Touristen verbuchen. Sie verteilen sich aber unterschiedlich: Oberding gewinnt, in Erding geht die Zahl der ausländischen Gäste zurück

Von Mathias Weber, Erding

Wilhelm Kampe gibt sich gelassen. Der Geschäftsführer des Hotels Kastanienhof am Erdinger Bahnhof sagt, dass ihn die neuesten Zahlen zum Tourismus in Stadt und Landkreis nicht beunruhigen. Dass weniger Ausländer in der Stadt übernachten, sagt er, das treffe ihn nicht so sehr. Hauptsächlich Chinesen sind bei ihm Gäste, Crews fernöstlicher Fluggesellschaften; die Verträge sind lange im Voraus abgeschlossen. Genau 14 746 Chinesen, sagt Kampe, hätten im vergangenen Jahr bei ihm übernachtet. Und dann gibt er doch zu: Das sind 800 weniger als im vorhergehenden Jahr, die Belegung der Zimmer ging in seinem Haus insgesamt zurück.

Es gab Reisewarnungen für Europa.

So dürfte es in Erding nicht nur Wilhelm Kampe gehen. In den Beherbergungsbetrieben der Großen Kreisstadt sind im vergangenen Jahr weniger Menschen angekommen als im Vergleichszeitraum ein Jahr zuvor. Genau 233 757 Ankünfte hat das Statistische Landesamt von Januar bis November 2016 verzeichnet, das sind 3,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Und das, obwohl die Zahl der Ankünfte in den Jahren zuvor nur eine Richtung kannte: nach oben. 2014 konnte ein Plus von 10,5 Prozent verzeichnet werden, 2015 sogar eines von sagenhaften 18,2 (was wohl auf die Eröffnung des Thermenhotels zurückzuführen war). Frappierend an diesen Zahlen ist, dass die Zahl der deutschen Gästeankünfte seit dem letzten Jahr kaum abgenommen hat, nur um etwa 800. Allerdings sind mehr als 7000 ausländische Gäste ausgeblieben.

Warum das so ist, kann nur vermutet werden. Günther Pech vom Erdinger Stadtmarketing glaubt, dass die Terroranschläge in den Jahren 2015 und 2016 mit daran Schuld seien. In asiatischen Ländern habe es Reisewarnungen für Europa gegeben. Allerdings gibt es eine gute Nachricht für Erding: Zum ersten Mal seit Jahren steigt die Zahl der Übernachtungen pro Person, die Gäste bleiben länger. Statt durchschnittlich 1,7 Tagen jetzt 1,8, ein moderates Plus von 1,3 Prozent. Das dürfte wohl damit zusammenhängen, dass zwei neue Betriebe in der Großen Kreisstadt im vergangenen Jahr neu eröffnet haben: das Motel Einstein in der Albert-Einstein-Straße und das Victory Gästehaus an der Therme. Weggefallen, sagt Günther Pech, ist hingegen der Mayr-Wirt, der sein Hotel geschlossen hat. Trotzdem machen sich die vielen neuen Betten in der Stadt bemerkbar: Die Auslastung der Betten hatte im Jahr 2013 mit 70,5 Prozent ihren Höchsttand erreicht und liegt nach den vielen Hoteleröffnungen der vergangenen Jahren jetzt bei nur noch 55,4 Prozent - mittlerweile weniger als in der Landeshauptstadt.

In München werden die Zimmer immer günstiger.

Dass dortige Verhältnisse auch in Erding Einzug halten, das fürchtet Wilhelm Kampe vom Hotel Kastanienhof. Dort hat der Hotel-Markt in den vergangenen Jahren geboomt, immer mehr Häuser eröffnen, und die, so Kampe, bekämpften sich am Markt nun über den Preis. Und weil in der Landeshauptstadt die Zimmer günstiger werden und mehr zur Verfügung stehen, so vermutet Kampe, könnten Unterkünfte in der Peripherie, etwa in Erding, unattraktiver werden.

Näher dran am Flughafen kann man diesen Aussichten noch gelassen gegenüberstehen - dort boomt der Tourismus nach wie vor. Oberding, das zusammen mit Erding etwa 90 Prozent der Ankünfte und Übernachtungen im Landkreis ausmacht, konnte im vergangenen Jahr bei den Gästeankünften zulegen, die Zahl der Ankünfte hat sich um fast 15 000 auf 344 899 erhöht. Im Gegensatz zu Erding finden auch mehr Ausländer den Weg in die Oberdinger Hotels, nämlich etwas mehr als 193 000, das sind stolze 40 000 mehr als im Vorjahreszeitraum.

Noch mehr Hotels in Oberding

Und auch in Oberding wächst die Zahl der Hotels, im vergangenen Jahr hat das Moxi-Hotel in Schwaig eröffnet, das sich mit seinen 300 Zimmern an ein junges Klientel richtet. In der Nachbarschaft befinden sich bereits das Hilton Munich Airport Hotel (343 Zimmer), das Sheraton Munich Airport Hotel (170), das NH Munich Airport Hotel (236) oder das Holiday Inn Express Hotel (177). Bei zurückgehenden Ankunftszahlen in Erding dürfte der Zuwachs in Oberding auch der Grund sein, warum der Landkreis insgesamt bei den Ankünften und den Übernachtungen jeweils um 3,5 Prozent zugelegt hat. Mit 680 000 Ankünften und etwas über einer Million Übernachtungen lässt Erding viele andere oberbayerische Landkreise, gerade um München herum, hinter sich. Mit den Landkreisen am Alpenrand (mehr als eine Million Ankünfte) und der Landeshauptstadt selbst (fast sechseinhalb Millionen Ankünfte) kann Erding freilich nicht mithalten.

Ob sich die Trends der neuesten Tourismusstatistik in diesem Jahr in eine ähnliche Richtung entwickeln, wird sich zeigen. Mit diesem Januar zumindest ist Wilhelm Kampe schon einmal zufrieden, sein Hotel ist voll. Ein Glück, dass in München heuer nach einem Jahr Pause wieder die internationale Baumesse stattfindet.

© SZ vom 17.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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