Gesundheit:Wie Senioren der Hitze trotzen

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Ein Ventilator wie in diesem Bild kann helfen, die Hitze im Zimmer zu kühlen. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Die Temperaturrekorde der vergangenen Jahre stellen ältere und krankheitsbedingt vorbelastete Menschen vor zunehmende Herausforderungen - ebenso Pflegeheime und Stadtverwaltungen.

Von Simon Kienzl, Erding

Jeden Dienstag kommen im Haus der Begegnung am Rätschenbach im Erdinger Stadtzentrum Seniorinnen und Senioren zusammen. "Es ist ein sozialer Treffpunkt und am Ende gibt es immer auch noch einen Input, wie einen Vortrag beispielsweise", erklärt Silke Hörold-Ries, die als Seniorenbeauftragte der Stadt den Treff ins Leben gerufen hat. An drei Tischen sitzen an diesem Dienstag um die dreißig Senioren. Bei wolkenverhangenem Himmel und beißendem Wind ist es alles andere als warm. Nicht der beste Tag, um die Anwesenden auf hohe Temperaturen anzusprechen. Auf die Frage, wie sie mit der Hitze umgehen und was man dagegen machen könnte, meint eine Seniorin: "Gelassen bleiben, was sollen wir schon anderes machen?".

Tatsächlich wird man sich über Mittel gegen die Hitze-Belastung aber zunehmend Gedanken machen müssen. Der Juli 2023 ist als weltweit heißester Monat seit Aufzeichnungsbeginn in die Geschichtsbücher eingegangen. Je höher die Temperaturen klettern, desto höher auch die Zahl der jährlichen Hitzetoten. Europaweit über 60 000 im Sommer 2022.

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Helmuth Fischer sitzt am Rätschenbach am Nebentisch und sagt gleich: "Mein Name ist einfach zu merken, wie der Monaco Franze". Er nennt viele Strategien gegen die Hitze: "Für mich ist ein gesunder und erholsamer Schlaf ganz wichtig. Ich öffne die Fenster und versuche, dass es möglichst kühl im Zimmer ist. Wenn ich dann morgens ausgeruht bin, kann ich mit den Belastungen des Tages besser umgehen." Viel trinken, auch etwas zu trinken mitnehmen, tagsüber den Schatten suchen, die Füße und Arme abkühlen, um die Körpertemperatur etwas nach unten zu fahren. Oder auch über eine leichte Ernährung könne man hier viel erreichen.

Fischer und mit ihm andere Seniorinnen und Senioren haben sich mit der Frage offenkundig schon auseinandergesetzt. Die Punkte, die er aufzählt, könnten auch aus der Broschüre des Innenministeriums zum Thema "Umgang mit Hitze" sein. Fischer fügt hinzu: "Ich sage auch meinen Enkeln, dass sie genug trinken sollen. Vielleicht in einer Schnabeltasse, die sie noch nicht kennen, in die sie nicht hineinsehen und dann vielleicht eher etwas trinken."

Angelina Di Virgilio leitet seit Mitte 2021 das Heiliggeist-Stift in Erding. (Foto: Stephan Görlich)
Ab in den Schatten: Der Aktivtreff für Senioren der Stadt Erding auf einem Archivbild im Garten des Franz-Xaver-Stahl-Museums. (Foto: privat)

Nicht nur Tipps und Hilfestellungen für Seniorinnen sind wichtig, sondern auch sie haben gute Vorschläge. Nicht nur an die eigenen Enkel, sondern auch an die Politik: Trinkbrunnen, Wasserspender bei Ärzten, mehr Schatten im öffentlichen Raum, vielleicht durch Begrünung. Silke Hörold-Ries sagt auf die Frage, ob es schon einen konkreten Plan gibt: "Nein, konkret ist, soweit ich weiß, nichts geplant. Aber die Stadt Erding wird da auf längere Sicht sicher auch Maßnahmen ergreifen." Eine Presse-Anfrage zur Seniorenarbeit im Kreis an das Landratsamt hierzu ist bisher unbeantwortet geblieben.

In den Erdinger Altenheimen sucht man schon seit einiger Zeit nach konkreten Antworten. Zwangsläufig. Angelina Di Virgilio, die das Seniorenheim Heiliggeist-Stift in Erding leitet: "Ja, die hohen Temperaturen sind schon seit Jahren ein Problem und eine Herausforderung für uns. Wir haben in jedem Raum ein Thermometer angebracht, um genau zu sehen, wie heiß es wo wird und dann haben wir in den von der Hitze besonders betroffenen Räumen hochwertige Außenjalousien angebracht." Gezieltes Lüften, schattenspendende Schirme in allen Außenbereichen, Hitzewarnung im Blick behalten, all das gehöre inzwischen dazu.

Die Hitze macht auch den Pflegekräften zu schaffen

Auch wenn das nicht immer einfach ist, wie sich im Gespräch mit verschiedenen Pflegekräften aus Erdinger Seniorenheimen zeigt. In der Hitze zu arbeiten sei bei der ohnehin körperlich anstrengenden Pflege eine zusätzliche Belastung. Und dann muss man die Senioren wirklich oft zum Trinken motivieren, weil diese mit zunehmendem Alter ein geringeres Durstgefühl haben. Oft würden sie nicht einmal ein Glas am Tag freiwillig trinken und man müsse sie dann überzeugen. Dabei fallen schon einmal Sätze wie: "Ich trinke doch kein Wasser, ich will Bier, Limo, Spezi".

Angelina Di Virgilio meint, man suche hier deshalb nach anderen Lösungen: "Mit dem Küchenchef haben wir abgesprochen, dass es an solchen heißen Tagen Wassermelone gibt, weil das viel Flüssigkeit hergibt und den Bewohnerinnen schmeckt. Oder wir haben eine Saftpresse, ein Hochbeet mit Melisse, Zitronen, mit verschiedenen Dinge versuchen wir, das Trinken schmackhaft zu machen. Man muss etwas erfinderisch sein."

In Altenheimen ist man also dabei, Lösungen für diese Herausforderung zu finden. Und wohl auch der Stadt werden hier in den nächsten Jahren noch einige Baustellen bevorstehen. Auch wenn man am Seniorentreff hie und da hört: Es war doch nicht so warm und klimatische Veränderungen hat es immer schon gegeben. Klimawandel ist real. So real, dass man im Heiliggeist-Stift und in anderen Altenheimen auch über langfristigere Lösungen nachdenkt, wie beispielsweise Klimaanlagen in einigen Räumen zu installieren.

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