Großes Jubiläum:Helfer in der Not seit 150 Jahren

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Am 23. August 1868 wurde die Freiwillige Feuerwehr Wartenberg gegründet. Seitdem hat sich viel getan. Die Bekämpfung von Bränden ist in den Hintergrund gerückt. Der Feuerwehrmann von heute muss ein Allrounder sein, der modernste Technik bedienen kann

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

Ein undatiertes Bild der Feuerwehr Wartenberg, die Uniformen stammen aus der Gründerzeit. (Foto: privat)

Als die Freiwillige Feuerwehr Wartenberg gegründet wurde, gab es noch nicht mal Deutschland in seiner heutigen Form. Dem am nächsten kam am 23. August 1868 der Norddeutsche Bund, der seit 1866 alle deutschen Staaten nördlich der Mainlinie unter preußischer Führung vereint hatte. Was die Wartenberger damals wohl wenig juckte, sie hatten ihren bayerischen König Ludwig II. In ihrer Chronik schreibt die Wartenberger Wehr, dass damals die "allgemeine Unzufriedenheit der Bürger über die wiederkehrenden Opfer an Menschenleben und auch über die hohen Sachverluste seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts, häufiger werdenden Feuerkatastrophen" zum Umdenken bei der Bekämpfung von Feuer geführt habe. Zudem habe es mittlerweile von der Maschinenfabrik Carl Metz wesentlich verbesserte Geräte zur Brandbekämpfung gegeben. Und deshalb habe man die Brandbekämpfung in die eigene Hand genommen.

Der Verein zählte 1868 insgesamt 75 Mitglieder, darunter "4 Chargirte, 9 Zugführer und Signalisten, 24 Steiger und 38 Spritzenmänner". Heute sind es alleine 82 aktive Feuerwehrleute, wovon 25 Jugendlich sind. Im Verein selber sind es rund 206 Mitglieder nach neuester Zählung. Aber heute ist auch das Einsatzgebiet der Feuerwehr ein weitaus vielfältigeres.

In den Anfangszeiten war man schon froh und stolz, wenn es Anstellleitern gab. (Foto: privat)

Damals hatten Wolfgang Wandinger und Straßberger sen. laut der Homepage der Feuerwehr bei der Gründung eine Haussammlung durchgeführt, um mit dem Geld überhaupt die ersten Geräte und Ausrüstungsgegenstände anschaffen zu können: Zwei Druckspritzen und zwei Anstellleitern. Die Alarmierung geschah damals innerorts mit der größten und außerorts mit der kleinsten Glocke, und bei Ortsbränden mit einem extra Trompetensignal. Ausgerückt wurde noch mit Pferd und Wagen und mechanischer Spritze, die mit der Hand betrieben werden musste. Und es gab den Hinweis, dass "sobald das Feuersignal ertönt, hat jeder Feuerwehrmann den ihm angewiesenen Posten mit seinen Requisiten zuzueilen".

Heute besitzt die Feuerwehr Wartenberg einen Kommandowagen, ein Mehrzweckfahrzeug, ein Tanklöschfahrzeug TLF 16/25 mit 2500 Liter Wassertank, ein Fahrzeug DLAK 23/12 mit einer Drehleiter bis zu 32 Meter, ein Löschgruppenfahrzeug LF 16/12, ein Wechselladerfahrzeug für sogenannte Abrollbehälter, Container mit unterschiedlichen Ausrüstungsgegenständen und einen Gabelstapler. Sogar ein Rettungsboot gehört zum Bestand.

Die erste Motorspritze war die 1927 gekaufte "Flader", die von einem Bulldog gezogen wurde. (Foto: privat)

Notwendig wurde das große Ausrüstungssortiment, weil die Brandbekämpfung mittlerweile eher in der Minderzahl ist, wie die Einsatzstatistik der vergangenen Jahre zeigt. "Das bedeutet nicht, dass es keine Brände mehr gibt, es zeigt, dass das Aufgabenspektrum der Feuerwehr enorm gewachsen ist: Verkehrsunfälle, Ölspuren, Wasserschäden, Chemie- und Gefahrguteinsätze, Bienenschwärme oder auch Wespen sind einige Stichworte aus dem Einsatztagebuch. Dieses zeigt auch deutlich, dass der Feuerwehrmann ein sogenannter Allround-Fachmann sein muss", sagt stellvertretender Kommandant Konrad Gruber. Um eines beneiden die Wartenberger ihr Kollegen von der Nachbargemeinde Langenpreising nicht: dass sie auch für Unfälle auf der Autobahn zuständig sind - "höchstens in akuten Notfällen" müssen die Wartenberger helfen.

Bis die Technik bei den Wartenbergern nach der Gründung Einzug hielt, dauerte. Erst am 4. März 1927 erhielt die Feuerwehr eine zweirädrige Motorspritze der Firma Flader zum Preis von 5570 Reichsmark. Zum Einsatz kam sie erstmals am 27. Juni. Gezogen wurde sie von Lastkraftwagen ortsansässiger Unternehmen wie der Brauerei Reiter. 27 Jahre lang versah die Spritze ihren Dienst, bis die "Flader" bei einem Brand am 15. Juli 1954 beim Ascherbauern in Thenn den "Geist" aufgab und durch eine neue Motorspritze von der Firma Magirus ersetzt wurde. Erstmals auf "eignen Rädern" standen die Wartenberg im Dezember 1956 als der Landkreis das erste Feuerwehrauto, ein Magirus LF 12, übergab. Das Fahrzeug war bis 1974 im Dienst, und erhält seitdem "sein Gnadenbrot" beim Verein für Historische Fahrzeuge der FW Wartenberg.

Heute rücken die Wartenberger Feuerwehrleute mit modernsten Fahrzeugen aus. Oft wegen eines Unfalls, wenn zum Beispiel ein Betonmischer umgestürzt ist. (Foto: privat)

Auch das Feuerwehrgerätehauses in der Strogenstraße feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag: es wird 50 Jahre alt. 1965 hatte man mit dem Bau des Gerätehauses mit zwei Geschossen und drei ebenerdigen Fahrzeugstellplätzen, sowie Umkleideraum mit Dusche und ein Treibstofflagerraum im Erdgeschoss begonnen. Im Obergeschoß entstand eine Hausmeisterwohnung sowie ein Unterrichtsraum und ein Büroraum. An der Nordseite wurde ein Schlauchturm errichtet. Die Einweihung wurde am Wochenende 8. und 9. August 1968 gefeiert. 2009 wurde die Erweiterung abgeschlossen.

Der wohl längste Einsatz der Feuerwehr Wartenberg war in der Zeit vom 10. bis 16. Januar 1985 mit 1205 Einsatzstunden in Berglern laut Homepage. Bei Minus 30 Grad war die gesamte Sempt um Berglern zugefroren, so dass Teile Berglerns vom übergetretenen Wasser bedroht waren. Mit Motorsägen und Baggern musste man Tag und Nacht im Schichtbetrieb den Flusslauf freihalten um ein Überfluten Berglerns zu verhindern. 2017 wurde die Wehr zu 201 (Vorjahr 182) Einsätze gerufen. Dabei wurden 2077 Stunden geleistet und 119 Personen gerettet.

Als erste Feuerwehr im Landkreis wurde bei der Feuerwehr Wartenberg übrigens das First Responder System ins Leben gerufen, dem viele Feuerwehren im Landkreis folgten. Der Ersthelfer in Feuerwehrmontur, der eine Ausbildung zum Sanitäter absolviert hat, hat schon viele Leben gerettet.

© SZ vom 04.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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