Gesundheit:Aufsteigender Trend, mit Luft nach oben

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Klinikvorstand Sándor Mohácsi sieht optimistisch in die Zukunft des Klinikum Erdings. (Foto: Stephan Görlich)

Das Klinikum Erding bietet immer mehr stationäre und ambulante Behandlungsangebote. Auch als Geburtsklinik wird das Krankenhaus beliebter. Bei der Neustrukturierung der Notaufnahme hakt es allerdings weiterhin

Von Antonia Steiger, Erding

Das Klinikum Erding arbeitet weiter daran, sein Spektrum zu erweitern. Da gilt nicht nur für den stationären Bereich, der zuletzt um Schmerztherapie-Abteilungen in Dorfen und Erding ergänzt wurde. Auch als Ambulanz gewinnt das Klinikum zunehmend an Bedeutung, das betonten Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) und Krankenhausvorstand Sándor Mohácsi bei Bayerstorfers Pressekonferenz zum Jahresabschluss. Es gibt aber auch noch Luft nach oben: Der Ausbau der Notaufnahme und die Verbesserung der dortigen Arbeitsabläufe ist noch nicht so weit gediehen wie erhofft.

Wie gut das Klinikum Erding von den Bürgern angenommen wird, belegen wohl mit am besten die Zahlen der Geburtshilfe. Von etwa 500 Geburten im Jahr 2014 über 600 im Jahr 2015 steht die Marke in diesem Jahr schon bei 670. Getrieben von großem Optimismus hofft Mohácsi sogar, dass in diesem Jahr noch die 700 Geburten-Marke erreicht wird. Allgemein nähmen die Geburten in Bayern zu, erklärten Bayerstorfer und Mohácsi den Trend. Der Krankenhauschef erkennt in diesen Zahlen jedoch auch eine größere Akzeptanz des Klinikums in der Bevölkerung: "Es werden etwa 1000 Kinder jährlich im Landkreis geboren. Früher ist die Hälfte der Mütter in ein Krankenhaus außerhalb des Landkreises gegangen. Das ist jetzt nicht mehr so." Dazu passt auch, dass die Klinik im Jahr 2016 eine neue Chefin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe begrüßen durfte. Birgit Niemeyer hat Erfahrungen im Ausland unter anderem in Jerusalem und bei einem Entwicklungsprojekt in Guinea gesammelt, dazu verfügt sie über umfassende Erfahrungen in pränataler Diagnostik, Risikogeburtshilfe und gynäkologischer Onkologie.

Große Veränderungen sind aber auch in der ambulanten Versorgung am Krankenhaus im Gange. Schon seit zehn Jahren, das betonte Mohácsi, führe der Ärztliche Kreisverband eine Bereitschaftspraxis am Klinikum außerhalb der üblichen Öffnungszeiten. In diesem Jahr hat aber die Kassenärztliche Vereinigung diese Bereitschaftspraxis übernommen und damit die Trennung der ambulanten und der stationären Versorgung in der deutschen Gesundheitsversorgung ein Stück weit überwunden. "Eine gute Idee", lobte Mohácsi. Die strikte Trennung in einen ambulanten und einen stationären Sektor hält er für überholt, dies sei nicht "zum Wohle der Patienten", sagte Mohácsi.

Erding fungiert gemeinsam mit Ebersberg als eine von sieben Pilotregionen in Bayern. Die Bereitschaftspraxis entlaste nicht nur die niedergelassenen Ärzte, die früher Bereitschaftsdienste übernehmen mussten - unabhängig von ihrer fachärztlichen Ausrichtung -, sie entlastet auch die Notaufnahme, die ihrerseits ebenfalls neu organisiert werden soll.

Mohácsis Wunsch ist es, ein eigenes Team für die Notaufnahme mit einem Internisten und einem Chirurgen aufzubauen. Im April hatte das Klinikum zunächst in Stefan Hartl einen ärztlichen Leiter für die Notaufnahme präsentiert. Hartl ging aber schon drei Monate später offenbar frustriert, weil Organisation und personelle Ausstattung nicht dem entsprochen hatten, was man ihm angekündigt hatte. Jetzt will Mohácsi zwei Oberärzte, wobei sich jedoch speziell die Suche nach einem Chirurgen als sehr schwierig gestalte: "Chirurgen wollen in den Operationssaal" - und offenbar nicht so gerne in einer Notaufnahme arbeiten. Auch sein Wunsch nach einem eigenen Pflegeteam für die Notaufnahme werde "im Haus noch nicht ganz akzeptiert". Mohácsi sagte, er bleibe davon überzeugt, dass ein Rotationsmodell, bei dem viele Ärzte in der Notaufnahme Dienste schieben müssten, das schlechtere Modell bleibe: "Die Erstdiagnostik ist nicht so gut, wie sie sein sollte."

Unausweichlich sind aber wohl auch künftig lange Wartezeiten in der Notaufnahme für jene Patienten ohne akute gesundheitliche Probleme. Wer seit Wochen Rückenschmerzen hat und damit in die Notaufnahme kommt - "der Klassiker", sagte Mohácsi -, müsse auch mal mit sechs Stunden Wartezeit rechnen, bis eine Computertomografie gemacht wird. Denn mit einem so genannten Triage-System werden die Patienten herausgefiltert, die dringender behandelt werden müssen. Sechs Stunden zu warten, sei aber immer noch besser, als nach Hause geschickt zu werden, meinte Mohácsi. Dann ginge es für den Patienten erst zum Hausarzt, dann zum Orthopäden und danach noch zum Radiologen, was sechs bis acht Wochen dauern könne. Das Klinikum in kommunaler Trägerschaft sei ein "eher größeres Haus der Grund- und Regelversorgung", sagte Mohácsi. Und Bayerstorfer fügte an: "Wir wollen keinen nach Hause schicken."

© SZ vom 19.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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