Gemeindediener Adolf Hirner:Zuverlässiger als die Post

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So kennen ihn die Oberdinger. Als Gemeindediener hat Adolf Hirner wichtige Unterlagen persönlich abgeliefert. Darauf hat man sich verlassen können. (Foto: Renate Schmidt)

In der zukunftsorientierten Gemeinde Oberding werden Sitzungsunterlagen bis heute persönlich ausgetragen

Von Regina Bluhme, Oberding

Poststreik oder ein lahmgelegtes Computersystem? In Oberding kein Problem. Die 20 Gemeinderäte erhalten auf jeden Fall pünktlich die Unterlagen für ihre Sitzungen. Hier werden die Papiere heute noch von einem Boten persönlich verteilt. Bis vor kurzem hat diese Aufgabe Adolf Hirner erledigt. Der 82-jährige ehemalige Schulhausmeister und Gemeindediener hat die acht Ortsteile mehr als fünfzig Jahre lang angefahren, erst mit dem Rad, dann mit dem Moped und schließlich mit dem Auto. Jetzt liefert der Bauhof die Unterlagen während der Touren ab.

Jetzt fährt der Bauhof die Unterlagen aus

"Die Sitzungsunterlagen wurden Ihnen per Boten zugestellt", heißt es zu Beginn jeder Oberdinger Gemeinderatssitzung. "Es war der Wunsch der Gemeinderäte", erklärt Bürgermeister Bernhard Mücke (CSU). " Auch in Zeiten des Internets wollen die meisten die Unterlagen in Papierform." Die elektronischen Medien seien halt auch nicht jedermanns Sache.

Von Seiten der Verwaltung gäbe es jedenfalls keinen Druck, die Botengänge aufzugeben, betont Mücke. Seit Adolf Hirner im vergangenen Jahr mit dem Botendienst aufgehört hat, erledigt der Bauhof die Aufgabe während seiner Touren. Selbst bei einem Poststreik oder einem Ausfall des Computerservers im Rathaus könnten die Gemeinderäte also sicher sein, "dass sie am Freitag vor der Sitzung bis 13 Uhr die Unterlagen haben", so Mücke. Er wisse von keinem einzigen Fall, in dem die Post nicht pünktlich im Briefkasten gelandet wäre. "Nach unserem langjährigen Boten Adi Hirner konnte man die Uhr stellen."

Nie von einem Hund gebissen

Adolf Hirner sitzt in der Küche seines Hauses in Oberding und lacht, als er von dem Kompliment hört. "Ich hab schon immer geschaut, dass ich die Packerl pünktlich und zuverlässig abliefere", sagt der 82-Jährige. Er wird demnächst 83. Seit einiger Zeit ist er gesundheitlich stark angeschlagen, und so hat er im vergangenen Jahr seinen Botendienst aufgegeben. 1959 hat der gebürtige Oberdinger als Gemeindediener im Rathaus angefangen, seit 1970 war er im Einwohnermeldeamt beschäftigt, berichtet er. Schon bald war er als Bote mit den öffentlichen Sitzungsunterlagen unterwegs. Mit dem Fahrrad und den Umschlägen in der Tasche ging es zu den verschiedenen Ortsteilen zu Gemeinderäten nach Schwaig, Notzing oder Aufkirchen. Eine durchaus sportliche Aufgabe. "Zum Teil waren das ganz schön dicke Packerl", berichtet Hirner.

Das Schicksal mancher Postboten sei ihm zum Glück erspart geblieben, sagt er. "Ein Hund hat mich nie gebissen." Nur einmal sei es ein wenig knapp geworden. Da habe sich der Hofhund von der Kette reißen können und sei ihm hinterher. Durch einen beherzten Sprung in den Hauseingang habe er sich gerade noch retten können. "Sonst wär es mir schlecht ergangen", sagt er. Einen Unfall habe er auch einmal gehabt, erinnert er sich. Ein Auto hatte ihm bei Schwaig die Vorfahrt genommen, er stürzte mit dem Rad, "aber es ging glimpflich aus, ich habe mir nur den großen Zeh gebrochen". All die Jahre war er regelmäßig mit dem Rad auf Tour, bei Wind und Wetter und einmal auch bei extremen Schneeverwehungen, so dass er zu Fuß weitermusste.

Dreimal am Tag zum Essen eingeladen

Hirner erzählt gerne und humorvoll, und so ist es kein Wunder, dass der Oberdinger Bote auf den Höfen und Anwesen ein gern gesehener Besucher war. "In meinen Anfangszeiten gab es fast auf jedem Hof eine Hausschlachtung, und zum Teil bin ich dreimal am Tag zum Essen eingeladen worden", erinnert er sich. Noch dazu hatte er eine weitere begehrte Post dabei: Er brachte Krankenscheine mit, die damals im Rathaus ausgeteilt wurden.

Gerne erinnert sich Adolf Hirner auch seine Zeit als nebenberuflicher Hausmeister an der Grundschule. Mit der Eröffnung 1972 hat er dort angefangen. "Erst auf Probe und daraus sind 31 Jahre geworden." Der Tag war lang. "Gegen 6.30 Uhr musste ich die Schule aufsperren und nach dem Rechten schauen", erzählt Hirner. Dann ging es zur Arbeit ins Rathaus, und nach Feierabend war wieder ein Rundgang durch die Schule fällig. "Wir mussten ja schauen, ob auch alles ordentlich zugesperrt war", berichtet sein Frau Frieda, die ihm dabei oft geholfen hat. Die Arbeit an der Schule habe ihm großen Spaß gemacht, vor allem das Ratschen mit den Kindern. "Das war immer schön, und der Abschied ist mir richtig schwer gefallen", gibt er zu. "Ehrlich gesagt, schwerer als von der Gemeinde."

Den Botendienst hat er bis vergangenes Jahr noch mit dem Auto erledigt. Jetzt lassen die Kräfte nach. Mit knapp 83 Jahren ist Adolf Hirner endgültig im Ruhestand. Trotz seiner angeschlagenen Gesundheit ist er noch immer ein begeisterter Schafkopfspieler und Mitglied in zahlreichen Vereinen, den Schützen und den Sodalen. "Ich habe ein schönes Leben gehabt, ich bin zufrieden", sagt der langjährige Bote von Oberding. "Ich hatte immer Glück mit der Arbeit", sagt er. Und Oberding hatte auch Glück mit ihm.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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