Gefährdetes Naturdenkmal:Eine Allee verschwindet langsam

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Zwischen Wartenberg und Kirchberg werden immer mehr Bäume aus Gründen der Verkehrssicherheit gefällt. Fehlender Grund würde Neupflanzungen verhindern. Der Bund Naturschutz startet dagegen jetzt eine Petition

Von Gerhard Wilhelm, Kirchberg

Die Kreisgruppe Erding des Bund Naturschutzes (BN) will das Naturdenkmal "Lindenallee zwischen Wartenberg und Schröding" retten. Immer mehr Bäume der inzwischen 110 Jahre alten Allee würden "entfernt und verstümmelt", aber keine neuen als Ersatz gepflanzt. Die Kreisgruppe hat deshalb eine Petition an den bayerischen Landtag zum Erhalt der Alleen im Landkreis Erding gestartet. Ziel ist, dass der Landtag auf das Landratsamt Erding und das Staatliche Bauamt Freising als zuständige Straßenbaubehörden einwirken soll, den Erhalt des Naturdenkmals in einem "guten ökologischen Zustand" zu sichern. Gefährdete Bäume sollten geschützt und alle bisher gefällten Bäume sollen durch Nachpflanzungen an gleicher Stelle ersetzt werden.

Für Dieter Neumaier, der sich seit Jahren mit der Lindenallee befasst, ist das, was seit einiger Zeit passiert, unfassbar. Immer mehr Bäume würden zur Fällung markiert. Mit der Begründung, dass die Verkehrssicherheit gewährleistet werden müsse. Viele Bäume würde man mit der gleichen Begründung so brutal zusammenstutzen, dass sie gar keine Chance zum Überleben hätten und irgendwann auch gefällt werden müssten. Das Argument Verkehrssicherheit sei berechtigt, aber sowohl Neumaier als auch Manfred Drobny, Kreisgeschäftsführer des Bund Naturschutz, sehen dieses Argument an der Allee nicht greifen. Neumaier sagte, das er nie gehört habe, dass die Allee ein Unfallschwerpunkt sei. Gerade die optisch eingeengte Fahrbahn wirke bremsend. Wenn nun Bäume herausgenommen werden, gehe der Alleecharakter verloren, kritisierten Neumaier und Drobny. "Wir müssen hier dem Niedergang eines Naturdenkmals zusehen."

Als die Allee 1906 geplanzt wurde, stand alle 25 Meter eine Linde. Heute sind große Lücken zwischen den Bäumen. (Foto: Renate Schmidt)

Polizeihauptkommissar Alfons Englmeier, der Experte in Sachen Unfallschwerpunkte im Landkreis bei der Polizeiinspektion, bestätigt: "Die Straße ist, was Unfälle betrifft, völlig unauffällig." Die nahe am Straßenrand stehenden Bäume würden wie eine optische Bremse wirken, dazu komme, dass die Fahrbahn nicht sehr breit sei. "Dort fährt man automatisch langsamer", sagt Englmeier - abgesehen natürlich von ein paar Verrückten, die es immer gebe.

"Ökologische Erfordernisse werden überhaupt nicht berücksichtigt", sagt die BN-Kreisvorsitzende Gabriele Betzmeir. Warum man für die Gefällten keine neuen Bäume pflanzt, begründe man mit Vorschriften, die höhere Mindestabstände von Neuanpflanzungen an Straßen vorschreiben: "Aber es können Ausnahmen bei Bestand zugelassen werden." Die zuständigen Behörden würden ihrer "Verpflichtung zum Erhalt und der Förderung der Biodiversität" nicht nachkommen. Zudem wurden Naturschutzverbände oder die Öffentlichkeit vor den Fällungen "rechtswidrig nicht beteiligt". Gefahr in Verzug hab es jedenfalls nicht gegeben.

Dieter Neumaier (re.), Wolfgang Drobny (2. v. re.) und BN-Kreisvorsitzende Gabriele Betzmeir (4. v. re) stellten die Petition an der Lindenallee vor. (Foto: Renate Schmidt)

Das Staatliche Bauamt Freising sei ihm Auftrag des Landkreises tätig, sagt Abteilungsleiter Robert Braun. Bei Baumkontrollen an der Lindenallee wurde festgestellt, dass bei 26 Bäumen eine ausreichende Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet sei. Die Bäume müssen gefällt werden, um eine Gefährdung für die Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Pflegemaßnahmen seien nicht mehr "sinnvoll und verhältnismäßig". Zwölf habe man schon gefällt, 14 würden folgen. Ersatzpflanzungen würden nicht vorgenommen, "da die Fällung der abgängigen Bäume keinen ausgleichspflichtigen Eingriff in Natur und Landschaft darstellt". Zudem müsse man bei Neupflanzungen einen Straßenabstand von 4,5 Meter einhalten. Wegen des "nicht ausreichenden Grundeigentums im Seitenraum der Straße für eine Nachpflanzung mit Schutzplanken oder in ausreichendem Abstand vom Fahrbahnrand" habe man bisher darauf verzichtet. Für einen dauerhaften Erhalt der Allee reiche der vorhandene Grünstreifen neben der Straße einfach nicht aus, sagt Braun.

Die Petition ist im Internet unter https://erding.bund-naturschutz.de/ zu finden

© SZ vom 11.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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