Landkreis Erding:Abschied vom Familiengrab

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Auf vielen gemeindlichen Friedhöfen hat die Zahl der freien Flächen durch aufgelassene Grabstellen zugenommen. Viele Menschen wählen inzwischen eine Feuerbestattung mit Urne. (Foto: Renate Schmidt)

Die gesamte Friedhofskultur hat sich verändert. Feuerbestattungen und Urnengräber werden zahlreicher. Immer mehr Leute verlängern das Nutzungsrecht von Gräber nicht mehr, sie werden aufgelassen.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

"Friedhöfe sind ein Spiegelbild unseres Lebens und damit ein Bild einer lebendigen Stadtkultur. Historisch betrachtet ist die deutsche Friedhofskultur einzigartig. Sie ist jedoch von enormen gesellschaftlichen Veränderungen betroffen." Dies hat der Zentralverband Gartenbau 2017 geschrieben. Auch die Friedhofsverwaltungen im Landkreis stellen fest, dass immer mehr Hinterbliebene sich nicht mehr um die Grabstätten ihrer verstorbenen Familienangehörigen oder Freunde kümmern oder dafür bezahlen wollen. Gräber werden aufgelassen, die Nutzungsrechte nicht verlängert. Gleichzeitig hat die Zahl der Feuerbestattungen zugenommen und es gibt wesentlich mehr kleine, pflegeleichte Urnengräber.

"Die Bestattungen haben sich die letzten Jahre stark verändert, die gesamte Friedhofskultur hat sich geändert", sagt beispielsweise Anton Kreuzpointner, der Leiter des Taufkirchener Bürgerbüros. Im vergangen Jahr sei bei rund 15 Gräbern das Nutzungsrecht nicht mehr verlängert worden, beziehungsweise das Grab abgeräumt. Vor zirka 20 Jahren seien es vielleicht im Jahr maximal zwei oder drei gewesen, vor zehn Jahren maximal fünf Gräber. Von Jahr zu Jahr werden es mehr, teilt Kreuzpointner mit. Die Folge: Es gibt immer mehr freie Flächen im Familiengrabbereich im Taufkirchner Friedhof. Man überlegt, diese zukünftig eventuell mit einer Urnenwand oder einer schönen Bepflanzung zu ergänzen, je nachdem, ob diese Grabfelder weiterhin angeboten werden können oder die Nachfrage noch mehr sinkt. Fakt sei auch, so der Büroleiter: rund 70 Prozent sind in Taufkirchen Urnenbestattungen, die Tendenz sei steigend.

Auch in Dorfen werden Erdgräber aufgegeben

Diese Entwicklung ist auch in Dorfen zu beobachten, wie Pressesprecherin Gudrun Gersbach von der Stadt mitteilt. Auch bei den sechs Dorfener Friedhöfen würden Erdgräber aufgegeben, die Anzahl der Urnenbestattungen steige. Im alten Teil des Friedhofs sind 1262 Grabstätten, einschließlich Arkadengräber und Gruften, wie es bei der Stadt heißt. Die Ursachen für das Aufgeben von Erdgräbern sind laut Gersbach unterschiedlich. Zum Beispiel, weil keine Angehörigen mehr in der Nähe wohnen oder die Zeit fehlt. Aber auch die Kosten für die Grabpflege oder die Gebühren würden angegeben.

Auch in der Stadt Erding geht der Trend in Richtung Urnenbestattung und zu "pflegefreien Urnengräbern wie Urnenwände und Urnengemeinschaftsanlagen", wie Markus Grimm, der zuständige Leiter für Bestattungsamt und Friedhöfe, mitteilt. 2022 wurden auf den städtischen Friedhöfen 37 Gräber aufgelöst. Rund 800 Grabstellen sind derzeit frei.

Im Markt Isen steigt die Zahl der vorzeitigen Auflösungen ebenfalls, aber nur leicht, teilt Yasmin Köck vom Sachgebiet Öffentliche Sicherheit und Ordnung/Standesamt mit. Sechs Gräber seien 2022 aufgelöst worden, davon zwei vorzeitig, das heißt vor Ablauf von Ruhefristen oder Nutzungszeiten. Insgesamt gibt es derzeit 58 aufgelöste Grabstätten, bei 725 angelegten Grabstätten insgesamt. Die meisten davon seien jedoch nicht vorzeitig aufgelöst, sondern nach Ablauf der regulären Ruhe- oder Nutzungszeit nicht verlängert worden. Im vergangenen Jahr seien aber auch sieben Grabstätten neu erworben worden, davon sechs Urnengrabstätten und ein Einzelgrab für eine Sargbestattung. Auch in Isen finden mittlerweile überwiegend Feuerbestattungen statt. Auf eine Sarg- kamen 2022 drei Urnenbestattungen, teilt Yasmin Köck mit.

Bei einer Grabauflösung wird die Ruhestätte abgeräumt und eingeebnet

Nach Ablauf der sogenannten Ruhezeit für eine Grabstätte gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder lassen die Angehörigen das Nutzungsrecht erneuern oder das Grab wird aufgelöst. Bei einer Grabauflösung wird die Ruhestätte abgeräumt und eingeebnet. Anschließend kann sie neu belegt werden. Als Ruhezeit oder Ruhefrist bezeichnet man den Zeitraum, in dem eine Grabstätte nicht aufgelöst oder anderweitig gestört werden darf. Ausnahmen gelten nur für Nachbestattungen in Familien- und Partnergräbern und unter bestimmten Voraussetzungen für Umbettungen. Die Ruhefrist ist vorgeschrieben, damit sich der Sarg oder die Urne mit den sterblichen Überresten vollständig in der Erde zersetzen kann. Die Ruhezeit hängt von Beschaffenheit des Bodens ab. Sie kann zwischen zehn und 40 Jahre betragen. Wenn die Auflösung, egal ob vorzeitig oder nicht, beantragt und genehmigt wird, sind die Grabbesitzer verpflichtet, das Grab abzuräumen, das heißt, einen Grabstein und die Bepflanzung zu entfernen, beziehungsweise entfernen zu lassen, und das Grab einzuebnen.

Ein wenig anders ist die Entwicklung indes auf einem kirchlichen Friedhof, wie Elisabeth Glockshuber vom Pfarrbüro des Pfarramtes St. Peter Wörth, St. Bartholomäus Hörlkofen sagt. In der Regel würden die Nutzungsrechte bei ihnen verlängert, da die Familien noch sehr ortsansässig seien. Grabauflösungen gebe es nur in Einzelfällen. Den Trend zu mehr Feuerbestattungen kann aber auch Glockshuber bestätigen. Im gemeindlichen Friedhof sei die Verlängerung noch kein Thema, da es den Friedhof noch nicht so lange gibt, sagt Angela Lederhofer von der Verwaltungsgemeinschaft Hörlkofen.

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