Freising:Wirt zieht die Bremse

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Pächter des Hofbrauhauskeller lehnt künftig Parteiveranstaltungen ab

Von Kerstin Vogel und Birgit Goormann-Prugger, Freising

Im Hofbrauhaus-Keller werden von 2017 an keine Parteiveranstaltungen mehr stattfinden. Wie aus einem Mailwechsel, welcher der SZ vorliegt, hervorgeht, reagiert Pächter Harald Schrott mit dieser Entscheidung auf Anfeindungen, "geschäftsschädigende Kommentare in den sozialen Netzwerken" und "politischen Druck", dem er sich wegen einer AfD-Veranstaltung an diesem Mittwoch, 30. Dezember, in seiner Wirtschaft ausgesetzt sieht. Dabei handelt es sich um den Themenabend "Deutschland vor dem Wandel" des AfD-Kreisverbands Freising-Pfaffenhofen, zu dem neben Hans-Jörg Müller, dem Vorsitzenden des AfD-Mittelstandsforums, auch Andreas Kalbitz erwartet wird. Kalbitz ist stellvertretender AfD-Fraktionsvorsitzender im Landtag von Brandenburg. Er gilt als Person mit vielfältigen Kontakten zur rechten Szene.

Nach Informationen eines Sprechers von A.I.D.A, die antifaschistische Informations- und Dokumentationsstelle in München, kommt Kalbitz aus der schlagenden Schülerburschenschaft Saxonia-Czernowitz in München, die als Nachwuchsorganisation der radikalen Burschenschaft "Danubia" galt und gilt und unter der selben Adresse wie die "Danubia" angesiedelt war. Kalbitz habe bis zu dessen öffentlicher Aufdeckung 2015 den extrem rechten Verein "Kultur- und Zeitgeschichte - Archiv der Zeit" geleitet. Nach Recherchen der Potsdamer Nachrichten, die sich mit Kalbitz beschäftigt haben, war der Gründer dieses Vereins Waldemar Schütz, Angehöriger der Waffen-SS und Mitglied der Leibstandarte Adolf Hitler. Im Oktober 2015 legte Kalbitz sein Amt dort nieder und trat aus dem Verein aus. Innerhalb der AfD gehört Kalbitz laut A.I.D.A zu den nationalistischen Kreisen der AfD Brandenburg. Er sei bei Björn Höckes extrem rechter Sammlungsbewegung "Der Flügel" aufgetreten und gehöre zu den Erstunterzeichnern der umstrittenen "Erfurter Resolution", in der unter anderem eine konservativere Ausrichtung der AfD gefordert wird.

Für Freisings Grünen-Stadträtin Susanne Günther war die Ankündigung dieses Redners Grund genug, sich mit der Bitte an Hofbrauhaus-Pächter Schrott zu wenden, "eine klare Position zu dieser Thematik" zu beziehen. In ihrem Schreiben schildert sie die politische Vita von Kalbitz und weist zudem darauf hin, dass die Partei AfD "stark mit der rechten Szene verbandelt" sei. Immer wieder weise die Partei zudem personelle Schnittmengen mit Pegida und anderen rechten Bewegungen auf. Sie verstehe, dass Schrott Geld verdienen müsse, indem seine Gaststätte möglichst viele Gäste bewirte, schreibt die Stadträtin: "Dennoch bitte ich sie eindringlich, sich auch ihrer Verantwortung as Hausherr bewusst zu sein".

Hofbrauhaus-Pächter Schrott sieht sich nicht zum ersten Mal der Kritik ausgesetzt. Bereits im Januar dieses Jahres hatte er erklärt, dass es aus rechtlicher Sicht keine Veranlassung gebe, der AfD die Reservierung zu verwehren, doch bei diesen Veranstaltungen handele es sich meistens um Verlustgeschäfte, sagte er damals. Dafür sei Ärger programmiert. Um diesem künftig aus dem Weg zu gehen, hat Schrott jetzt seine Ankündigung wahr gemacht und nimmt nächstes Jahr keine Reservierungen von Parteien mehr an. In erster Linie gehe es ihm dabei nicht um Inhalte und politische Ansichten, schreibt Schrott in einer Mail an Susanne Günther, die der SZ vorliegt. Solange sich Veranstaltungen im gesetzlichen Rahmen bewegen, habe er als Wirt keine Veranlassung, sich mit den Inhalten der gebuchten Veranstaltungen zu befassen.

Die Entscheidung, jetzt überhaupt keine Buchungen für politische Veranstaltungen mehr anzunehmen, sei einzig "zur Wahrung sozialer Verantwortung gegenüber unserer Angestellten und zur Abwendung weiteren Schadens vom Hofbrauhauskeller getroffen", worden, so Schrott. Die im Dezember vereinbarten Termine von Parteien würden natürlich noch durchgeführt, versichert der Pächter. Stammtische und regelmäßige Treffen von Parteien seien bei rechtlicher Unbedenklichkeit ebenfalls weiter möglich.

© SZ vom 30.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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