Freising:Verdi legt Briefzentrum lahm

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Es wird gestreikt am Briefzentrum am Flughafen. Verdi ist mit der Beteiligung zufrieden. (Foto: Marco Einfeldt)

Normalerweise kommen am Flughafen eine Million Sendungen täglich an, derzeit erreicht nur ein Teil den Empfänger

Von Petra Schnirch, Freising

Spätestens am Mittwochabend, nach 48 Stunden Streik, wird es im Briefzentrum am Flughafen "brutal" aussehen, sagt Andreas Faltermaier voraus - und das ist genau das, was sich der Freisinger Verdi-Chef von dem Ausstand erhofft. Etwa eine Million Sendungen werden dort an normalen Tagen bearbeitet, aktuell kann nur etwa ein Viertel davon, zum Teil nur schlecht sortiert, weitergeleitet werden. Die Streikbeteiligung liegt laut Faltermaier "bei weit über 95 Prozent". 150 Mitarbeiter des Briefzentrums haben sich nach Angaben der Gewerkschaft in die Streiklisten eingetragen, darunter auch viele mit befristeten Verträgen. Von Mittwoch an soll der Ausstand auch auf die Zusteller ausgeweitet werden - jeden Tag will Verdi einige Stützpunkte mehr einbeziehen, um den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen.

Mit der Beteiligung an dem unbefristeten Streik ist Verdi sehr zufrieden, gerade weil die Forderung "etwas komplex ist". Die Post-Beschäftigten stellen sich hinter ihre Kollegen der Paketzustellung. Nach Auslaufen der befristeten Verträge bekommen diese nur noch Angebote der Billigtochter DHL Delivery, zu deutlich schlechteren Konditionen, wie Verdi kritisiert. Hier sei Solidarität gefragt, sagt Faltermaier. Zumal die Gewerkschaftsvertreter befürchten, dass "dies nur der Anfang ist" und die Post zu seinem späteren Zeitpunkt auch Zusteller und Mitarbeiter der Briefzentren ausgliedern will. "Wir wollen nicht, dass alles auseinanderfliegt."

Das Briefzentrum Freising ist für den gesamten Umkreis zuständig, von Unterschleißheim über Erding bis Ingolstadt - alle Orte, deren Postleitzahl mit den Ziffern 85 beginnen. Noch können die Briefträger einen kleinen Teil der Post ausliefern, das dürfte sich Ende der Woche ändern, wenn immer mehr Stützpunkte aufgerufen werden, sich an dem Streik zu beteiligen. Schon jetzt "ist eine ziemliche Unruhe im Betrieb", schildert Faltermaier.

Etwa zehn Warnstreik-Tage haben die Mitarbeiter des Freisinger Briefzentrums innerhalb von zwei Monaten bereits hinter sich, nun sind sie in einen unbefristeten Ausstand getreten. Neben der Agip-Tankstelle am Flughafen befindet sich das Streiklokal, dort tragen sich die Mitarbeiter in die Listen ein, an den Toren stehen mehrere Streikposten. Immer wieder trudeln vereinzelt Mitarbeiter ein, viele fahren direkt zum Streiklokal. Zur Arbeit erscheinen nur einige wenige. Kundgebung ist vorerst keine geplant, nur gleich zu Beginn des Ausstands am Montag gegen 16 Uhr versammelten sich etwa 60 Mitarbeiter vor dem Briefzentrum.

Trotz der Angst um den Arbeitsplatz hätten sich auch viele Beschäftigte mit befristeten Verträgen dem Aufruf angeschlossen, sagt Faltermaier. Nach vier, fünf Jahren ohne Aussicht auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hätten viele "die Schnauze voll". Verdi müsse "nicht viel Überzeugungsarbeit" leisten.

Immer weniger Sendungen werden in den kommenden Tagen ihre Empfänger erreichen, da sie auch in anderen Briefzentren liegen bleiben. Die Paketzentren werden sich nach Gewerkschaftsangaben vermutlich ebenfalls beteiligen. Bei Verdi geht man davon aus, "dass nach ein, zwei Tagen die ganze Postversorgung in Deutschland zum Erliegen kommt", wie es in einer Pressemitteilung heißt.

© SZ vom 10.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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