Freising:Unter Beobachtung

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Verfassungsschutz hat ein Auge auf Islamische Gemeinde Freising

Von Clara Lipkowski, Lea Wahode, Freising

Der Verfassungsschutz beobachtet die Islamische Gemeinde Freising. Das hat Markus Schäfert, Sprecher des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV), auf Nachfrage der SZ Freising bestätigt. "Wir rechnen die Gemeinde der IGMG zu, das bedeutet, dass wir ein Auge auf sie haben", sagte er am Donnerstag.

Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) ist ein Dachverband für Muslime in Deutschland und wird wegen verfassungsfeindlicher Tendenzen nachrichtendienstlich beobachtet. Die Islamische Gemeinde Freising steht ihr in verschiedener Weise nahe. Markus Schäfert zufolge wird die Gemeinde seit mehr als zehn Jahren beobachtet. Das bedeute aber nicht, dass alle Menschen, die die Moschee besuchen verdächtig seien und überwacht würden, sagte er mit Nachdruck. Welche Mittel der Überwachung in Freising Anwendung finden, könne er nicht sagen.

Der Verfassungsschutz rechnet die IGMG und die Islamische Gemeinde Freising dem "Legalistischen Islamismus" zu. "Diese Form von Islamismus ist völlig anders als der weitaus radikalere, dschihadistische Salafismus", sagte Schäfert (Kasten). Er warnte davor, die Beobachtung überzubewerten. "Es ist sehr weit hergeholt, nun zu denken, dass sich dort Terroristen aufhalten." Die Gemeinde sei eine inhomogene Gruppe und ein Generalverdacht demnach irreführend. "Mehr als 99 Prozent der Muslime in Deutschland stehen auf dem Boden der Verfassung. Weniger als ein Prozent leitet aus der Religion politische Ziele ab", sagte er. Der Landkreis Freising sei bei weitem kein Brennpunkt des Islamismus in Bayern.

Vertreter der Islamischen Gemeinde äußerten sich am Donnerstag uneindeutig zur Sache. "Das ist mir neu", sagte der Vorsitzende der Gemeinde, Ömer Korkmaz, er wisse nichts von einer Beobachtung. Dass er hin und wieder mit der IGMG zusammenarbeite, bestreitet er aber nicht. "Ab und zu machen wir ihre Aktionen mit, aber nicht alle." Er betont: "Wir sind ein eigener Verein und nicht die IGMG." Ismet Ünal, Sprecher der Gemeinde und früherer Vorsitzender, meint dazu: "In Bayern werden doch alle Moscheen überwacht." Beim Thema Islam werde zu viel über einen Kamm geschert. Grundsätzlich aber findet er: "Wenn bei uns jemand Dummheiten machen will, ist es eigentlich gut, wenn der Staat das überwacht. Trotzdem, unser Verein ist eigenständig."

Die Nähe zur IGMG zeigte sich beispielsweise am vergangenen Samstag. Da hatte die von der IGMG initiierte Aktion "Gestatten, Muslim" unter dem Motto "Begegnungen schaffen und Vorurteile abbauen" auf dem Gelände der Gemeinde stattgefunden - und parallel dazu in mehr als einem Dutzend Ländern. Man habe Gespräche geführt und Broschüren verteilt, die die IGMG bereitgestellt gestellt hatte, sagte Korkmaz. Ihm zufolge seien etwa 200 Interessierte erschienen.

Die Nähe zur IGMG zeigt sich auch darin, dass die Vorsitzenden Predigten von der Internetseite des Verbands beziehen. "Ja, wir suchen unter anderem dort Texte, immer zu unterschiedlichen Themen. Uns ist es wichtig, die richtigen auszuwählen", sagt Korkmaz dazu. Das bestätigt der frühere Vorsitzende Ünal: "Ich habe immer nur welche rausgesucht, die zur Offenheit der Freisinger Gemeinde passen." Und: "Es war ja gerade wichtig, dass wir die Texte vorab kontrollieren." Predigten, die gegen die Grundprinzipien Deutschlands seien, habe er nie ausgewählt.

Unklar bleibt, wie offiziell die Beziehungen zur IGMG sind: Einer Sprecherin des Dachverbands im nordrhein-westfälischem Kerpen zufolge ist die Freisinger Gemeinde eine Verbandsmoschee der IGMG und bekomme somit die Organisation bestimmter Feste vorgeschrieben. Sie könnte aber auch selbst Initiative ergreifen. Der Vorsitzende des Regionalverbands Bayern-Süd Tayyip Sayan widerspricht: Die Freisinger Moschee gehöre nicht strukturell zur IGMG, sagte er am Freitag, die Zusammenarbeit sei unverbindlich.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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