Freising:Transgourmet bleibt umstritten

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Die Gegner einer Ansiedlung des Logistikunternehmens in Lerchenfeld werfen Freisings Stadträten vor, dass sie bei ihrer Entscheidung nur ans "schnelle Geld" denken und alle städteplanerischen Grundsätze über Bord werfen

Von Petra Schnirch, Freising

Es sind vor allem die Ausmaße des Gebäudes und die Angst vor weiterem Lärm, weshalb sich viele Lerchenfelder gegen die Ansiedlung des Lebensmittellogistikers Transgourmet im Gewerbegebiet Clemensänger zur Wehr setzen. Bei einer Informationsveranstaltung der Stadt betonte Gutachter Gerhard Steger, dass die Anwohner der etwa 500 Meter entfernten Carl-Orff-Straße auch in den frühen Morgenstunden nichts von den startenden Lastwagen hören werden. Dass die Halle sehr, sehr groß wird, daran können aber auch die Fachleute nicht rütteln. Voraussichtlich am 9. Mai wird sich der Gestaltungsbeirat der Stadt mit der Fassaden-Optik befassen.

Etwa 130 Bürger waren am Dienstagabend zu der Informationsveranstaltung ins Rathaus gekommen. Zweieinhalb Stunden lang stellten die Fachleute das Vorhaben vor und beantworteten Fragen der Bürger. Anfang der Woche hat auch die erste Runde der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Änderung des Bebauungsplans begonnen. Bis zum 13. Mai liegen die Unterlagen aus und können im Internet unter www.freising.de eingesehen werden. In diesem Zeitraum können Bürger und Fachstellen ihre Bedenken vorbringen.

Die sind nach wie vor groß. Die Anwohner-Initiative "Transgour-nee" sammelt derzeit Unterschriften für ein Bürgerbegehren und ist jeden Samstag mit einem Infostand am Marienplatz präsent. Die Organisatoren setzen sich für eine kleinteiligere Struktur in dem Gewerbegebiet ein. Ohne Bürgerentscheid aber könne man "maximal noch kosmetischen Einfluss auf die technischen Durchführungsdetails" nehmen, kritisieren die Anwohner.

Die Planer versuchen unterdessen, die Belastungen möglichst gering zu halten. Der Spielraum auf dem sechs Hektar großen Grundstück ist allerdings begrenzt, wie Stadtbaumeisterin Barbara Schelle einräumte. Die im Endausbau 277 Meter lange, 91 Meter breite und - inklusive der Aufbauten für die Lüftung - 16,25 Meter hohe Halle soll so weit wie möglich nach Süden, an die Autobahn, gerückt werden. Auch das Beladen der Transgourmet-Lastwagen soll auf dieser Seite erfolgen. Richtung Lerchenfeld ist ein Grünzug vorgesehen. Schnell wachsende Bäume sollen dem Gebäude etwas von seiner Wucht nehmen. Klar ist aber: "Es ist nicht zu verstecken", sagte Planer Christian Böhm. Wichtig seien deshalb die Gestaltung der Halle und des Umfelds wichtig. Auch 65 Prozent der Dachfläche sollen begrünt werden.

Schon jetzt ist der Südring stark befahren. Eine Verkehrszählung registrierte für den westlichen Bereich 20 000 Fahrzeuge. Durch Transgourmet werden nach Unternehmensangaben 250 Lastwagen-Fahrten dazukommen, für die riesige Fläche sei das keine hohe Zahl, sagte Gutachter Steger. Laut Gutachten würden mehrere kleine Betriebe an diese Stelle deutlich mehr Verkehr verursachen. Außerdem wird vermutlich der überwiegende Teil der 300 Mitarbeiter mit dem Auto kommen. Zwischen 4 und 6 Uhr morgens werden insgesamt 50 Lastwagen das Gelände verlassen. Bis auf einen, der in Freising Kunden wie die Deula oder das Kardinal-Döpfner-Haus beliefert, würden sie alle zu den Autobahnanschlussstellen Freising-Ost und -Mitte fahren, sagte Transgourmet-Logistikleiter Christoph Nörtershäuser. Auf den Einwand hin, dass die Fahrer sicher kürzere Verbindungen über Landstraßen nutzen würden, erwiderte er: "Es geht uns nicht darum, Maut zu sparen, sondern pünktlich bei den Kunden zu sein." Während die Lastwagen den Kreisverkehr am Südring vor der Autobahnbrücke nutzen werden, gelangen die Beschäftigten über den Clemensängerring auf das Gelände. Einige wenige Fahrten wird es auch sonntags geben.

Spontanen Beifall gab es für einen Bürger, der bilanzierte, dass die Planung aus gewerbeplanerischer Sicht eine "stimmige Sache" sei. Städteplanerisch aber sei dies der "Gnadenschuss" für Freising, künftig könne man hier alles machen. Im Wahlkampf hätten sich die Parteien noch für ein kleinteiliges Gewerbegebiet ausgesprochen. Dies sei keine politische Willensbildung. "Das stört mich am meisten." Eine weiterer Bürger warf den Stadträten vor, das "schnelle Geld" mitnehmen zu wollen und die Grundsätze über Bord zu werfen. An die Vertreter von Transgourmet gerichtet sagte er: "Sie haben sich den falschen Platz ausgesucht."

OB Tobias Eschenbacher verteidigte die Entscheidung des Stadtrats. Bekanntlich will die Stadt in den kommenden Jahren mehrere Großprojekte umsetzen. "Man kann nicht nur Dinge machen, die Geld kosten." Transgourmet sei ein renommiertes Unternehmen. Streitpunkt sei noch die Dimension des Gebäudes, "alles andere ist durch Gutachten widerlegt".

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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