Freising:Stabil und im Trend

Lesezeit: 3 min

Die Familie von Richard Grimm betreibt in Freising bereits seit 1847 ein Geschäft. Heute gibt es in dem Laden in der Innenstadt Haushaltswaren vom Fahrradschloss über Bastelbedarf bis zum Geschirr. Härteste Konkurrenten sind nicht Internetshops, sondern Möbelhäuser

Von Alexandra Vettori, Freising

Die preisgekrönten japanischen Eimer sind eines der neuesten Angebote. Ohne Giftstoffe, frostsicher, hübsches Design, angesagte Farben, zu verwenden als Suppen-Transportgeschirr ebenso wie als Spielzeugkiste, Garteneimer oder, weil absolut stabil, als Hocker. "Man muss immer schauen, was es Neues gibt", sagt Richard Grimm mit einem Lächeln. Er ist mit seinem Bruder Johannes Inhaber des traditionsreichen Familienunternehmens Grimm, das im Jahr 1847 in Freising gegründet wurde, als Geschmeidemacherei. Heute gibt es auf drei Etagen alles rund um Haus und Küche, von der Mausefalle und Fahrradschlössern über Bastelbedarf, Pinsel, Wandhaken, Glitzerbänder, über edle Services, Gläser, Kissen, Tischdecken bis hin zum japanischen Haiku-Messer für 959 Euro das Stück.

Wie viele Artikel Grimm im Sortiment hat? Der Chef weiß es selbst nicht, muss schätzen: 30 000 oder 40 000. Grimm Haushaltswaren hat sich gehalten über die Jahrhunderte, trotz Versandhandel, trotz Internet. "Unsere Stärke ist, dass die Kunden hier alles in die Hand nehmen können", sagt Richard Grimm und macht gleichzeitig keinen Hehl daraus, dass es nicht immer einfach ist, den Herausforderungen der modernen Einkaufswelt zu genügen. Denn dass der Kunde alles in die Hand nehmen kann, erfordert ordentlich Lagerkapazitäten. Gelöst hat Grimm das Problem, indem sich Laden und Lager heute über drei Häuserreihen in der Innenstadt erstrecken, von der Hauptstraße bis zum Domberg, über die Moosach hinweg. "Der Kunde ist so erzogen, dass er alles immer sofort haben und nicht warten will. Diese ständige Verfügbarkeit ist der Wahnsinn", sagt Richard Grimm.

Der Geschmeidemacher von 1847 stellte Eisenwaren und Hausrat, nach dem zweiten Weltkrieg übernahm Richard Grimms Großvater. "Damals war es eine Feinmechaniker-Werkstatt, vier bis fünf Leute waren in der Produktion, die Oma und eine Dame im Verkauf." Nach dem Krieg wurde vor allem repariert. Töpfe waren zu flicken, Stahlhelme zu Töpfen umzubauen, Landwirte kauften Kuhketten, Heugabeln, Mitschaufeln, Kälbersauger oder Bienenbedarf. Danach kamen die Haushaltswaren und Porzellan. Bis heute arbeiten viele Mitglieder der Familie mit, Bruder Johannes Grimm betreibt sei 15 Jahren eine Dependance in Landshut, Richard Grimm, heute 63, hat Betriebswirtschaft studiert und ist der Freisinger Chef.

Das Internet sei nicht der härteste Konkurrent, betont er, mindestens genauso scharf seien die "Möbler", wie er sie nennt. "Die nutzen unser Sortiment, Haushaltswaren, nur, um die Leute zu locken, eine Frequenz zu schaffen", sagt er. Zehn bis 15 Prozent des Umsatzes machen die Möbelhäuser auf der grünen Wiese mit Haushaltswaren, "und wenn sie da unsere Ware unter Einkaufspreis hergeben, rechnet sich das, wenn der eine oder andere auch Möbel mitnimmt". Die Folge: "Die Wertigkeit der Ware ist komplett kaputt gegangen." Ähnlich läuft es mit den Kaffee-Läden, "jede Woche eine andere Welt", zitiert Grimm den Werbeslogan, "das tut uns mehr weh als das Internet". Fällt aber dann der Griff eines Topfes ab, stehen die Leute bei ihm auf der Matte. "Wenn wir aber immer nur die Problemlöser sind, rechnet sich das nicht", so Grimm.

Die meisten Probleme werden natürlich trotzdem gelöst. Dafür steht schon das entsprechend geschulte Fachpersonal im Laden. Ausschließlich langjährige Mitarbeiter beschäftigt Grimm, "viele haben hier gelernt. Kürzlich haben wir unseren Hausmeister beerdigt, er war 65 Jahre lang bei uns". Es gebe zum Glück auch viele Leute, die gleich sagen, "ich will was Gescheites", das sind die Stammkunden von Grimm. Denn dort legt man ebenfalls Wert auf Qualität, auch in der Grill-Abteilung ganz unten, zu der unter www.derhobbykoch.de ein ganzer Internetshop gehört, nicht zu verwechseln mit dem Normal-Shop www.mein-grimm.de. "Läuft gut", sagt Grimm. Jammern ist seine Sache nicht, ihm machen das Geschäft, die Messen, der Austausch mit den Menschen, auch den Kollegen aus dem Einzelhandel, immer noch großen Spaß. Deshalb vergeht kein Tag, da der Chef nicht persönlich im Laden ist. Freising insgesamt sei ein guter Standort, lobt Grimm, "rundum auf der grünen Wiese hat man wenig angesiedelt, da fährt Freising meiner Meinung nach eine gute Linie, im Gegensatz zu Erding."

Die derzeitige Dauerbaustelle in der Freisinger Innenstadt freilich, spürt auch er, vor allem die fehlenden Busse aus Lerchenfeld und anderen Stadtvierteln. "Das geht schon an die Substanz, aber ich hoffe, dass wir auch das überstehen", sagt Richard Grimm.

© SZ vom 23.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: