Freising:Noch nicht aufgegeben

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Der Neubau ist immer noch nicht ganz fertig. Die letzten Arbeiten soll nun der noch zu findende neue Betreiber des Freisinger Kinos übernehmen. (Foto: Marco Einfeldt)

Cinestar will doch kein Kino in den Schlüterhallen. Investor will trotzdem 2020 eröffnen

Von Kerstin Vogel, Freising

Die Nachricht ist je nachdem, wen man fragt, "ärgerlich", "bedauerlich" oder "peinlich" - völlig überraschend aber kommt sie nicht. Immer wieder hatte das Unternehmen Cinestar als designierte Betreiberin die Eröffnung des Kinos in den Freisinger Schlüterhallen zuletzt verschoben. Nun hat die Kinokette das Vorhaben offiziell aufgegeben und den Mietvertrag gekündigt. Der Eigentümer des Neubaus, der Weimarer Investor Josef Saller hat die Kündigung am Mittwoch bestätigt, gleichzeitig aber versichert, dass das keinesfalls das "Aus" für die Freisinger Kinopläne bedeute: "Die gute Nachricht ist, dass wir eine mittlere einstellige Zahl an interessierten Betreibern haben", so Saller, der trotz allem hofft, das Filmtheater im Frühjahr 2020 eröffnen zu können.

Zusammen mit der Firma Saller habe man entschieden, "das bereits bestehende Mietverhältnis für den geplanten Kinostandort in Freising nicht fortzuführen", wird Cinestar-Geschäftsführer Oliver Fock vom Branchendienst Blickpunkt:Film zu den Vorgängen zitiert. Dies sei in gegenseitigem Einvernehmen geschehen. Saller seinerseits räumt ein, dass man mit dem Bau nicht rechtzeitig fertig geworden sei, weshalb die Kündigung rechtlich korrekt sei. Möglicherweise habe die Cinestar derzeit aber auch andere Sorgen als ein Kino in Freising, so der Investor in Anspielung auf die geplante Übernahme der deutschen Kinokette durch die britische Firma Vue Entertainment, der mit CineMaxx auch schon ein anderer großer Kinobetreiber in Deutschland gehört und die seit Monaten das Bundeskartellamt beschäftigt. Der Freisinger FDP-Politiker Jens Barschdorf deutete in einer Stellungnahme sogar eine "finanzielle Schieflage" der Kinokette an, kein Wunder also, dass Saller denkt, die Absage jetzt hätte am Ende "vielleicht sogar etwas Gutes".

Dem Weimarer Investor gehört nicht nur das Einkaufszentrum in den alten, renovierten Schlüterhallen, sondern auch der vor einem Jahr in Betrieb gegangene Neubau nebenan, in dem sich Geschäfte und ein Fitnessstudio und eben auch der noch nicht ganz fertige Rohbau für das Kino befinden. Dass hier ein neues Filmtheater für die seit mittlerweile sechs Jahren kinolose Stadt Freising zu entstehen hat, ist Bestandteil eines städtebaulichen Vertrages, der mit Saller für die Erweiterung des Fachmarktzentrums an den Schlüterhallen abgeschlossen wurde.

Tatsächlich war der Bau eines Kinos sogar Bedingung für die Genehmigung und Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher hat am Mittwoch auch keinen Zweifel daran gelassen, dass die Stadt darauf bestehen wird. "Der Investor muss hier ein Kino bauen, etwas anderes ist nicht zulässig", so Eschenbacher, der außerdem auf betriebswirtschaftliche Argumente setzt: "Da wurde ja auch schon einiges investiert und nichts ist teurer als unvermieteter Raum."

Dass sich die Fertigstellung seit Jahren immer wieder verzögert, liegt auch nicht allein an der Betreiberin Cinestar, wie Saller selbst am Mittwoch unumwunden zugegeben hat. Man sei ein bisschen blauäugig an die Sache herangegangen, habe die Preise im Münchner Raum ebenso massiv unterschätzt wie die Verfügbarkeit von Handwerkern. "Das ist noch mal grausamer hier als im Rest von Deutschland", hat Saller festgestellt - und beklagt außerdem einen Generalunternehmer "bei dem wir auch oft nicht sicher waren, ob er für oder gegen uns gearbeitet hat".

Doch auch mit der Stadt Freising lief nicht alles rund in den vergangenen Jahren: So war der Bau des Fachmarktzentrums unter anderem im Sommer 2017 gestoppt worden, weil das Gebäude - verglichen mit der Baugenehmigung vom Sommer 2015 - plötzlich etwa einen halben Meter höher wurde als geplant, sich der Branchenmix geändert hatte, die Verkaufsfläche größer werden sollte und einige Unklarheiten bei den Stellplätzen und der Gestaltung der Fassade bestanden. Zähneknirschend genehmigten die Stadträte die Abweichungen am Ende, nur um sich im September dieses Jahres mit weiteren Änderungen konfrontiert zu sehen: Die Form des Foyers sollte nun eine andere werden, das Kino sollte nur noch über das Treppenhaus an der ehemaligen Bundesstraße 11 erschlossen und die Zahl der Sitzplätze in den fünf Kinosälen von 728 auf 781 Plätze erhöht werden.

"Der hält uns zum Narren", hieß es dazu im Planungsausschuss - und manch ein Stadtrat dachte bereits laut über mögliche Vertragsstrafen nach. Saller wiederum hat festgestellt, dass in Freising sehr viel mehr über Kleinigkeiten geredet und gestritten werden müsse: "Alle sprechen über alles, das kenne ich so nicht", sagte er am Mittwoch - trotzdem hätte er der Stadt gerne mit einer Eröffnung am 18. Dezember ein Weihnachtsgeschenk gemacht. Das Datum habe man bis zuletzt avisiert, ohne Betreiber aber sei das nun natürlich nicht zu halten - und auf einen neuen Termin mag sich Saller allem Optimismus bei der Betreibersuche zum Trotz nun auch nicht mehr festlegen.

Dass in den Sozialen Netzwerken zuletzt bereits Witze über "den BER von Freising" die Runde machten - in Anspielung auf den neuen Berliner Flughafen, der ebenfalls seit Jahren aus immer neuen Gründen nicht fertiggebaut werden kann, hört der Investor aus Weimar nicht so gerne. Er hofft eher darauf, dass das neue Kino einmal die "Elbphilharmonie von Freising" wird, sagt er. Ebenfalls lange Jahre ein immer wieder verzögertes Neubauprojekt, sei dieses Konzerthaus mittlerweile unbestritten ein neues Wahrzeichen von Hamburg und ein großer Anziehungspunkt für Touristen.

© SZ vom 14.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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