Freising:Mit den Heiligen auf Augenhöhe

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Tausende feiern das Korbiniansfest auf dem Domberg, Höhepunkt ist der festliche Gottesdienst mit Erzbischof Reinhold Marx. Auch ins Museumsdepot dürfen die Besucher - und sehen die Werke aus ungewohnter Perspektive

Von Katharina Aurich, Freising

Zum Korbiniansfest sind auch in diesem Jahr mehrere tausend Gäste auf den Domberg gekommen. Geistlicher Höhepunkt des Programms war der festliche Gottesdienst am Samstag, den Erzbischof Reinhard Marx zelebrierte und zu dem sich 2000 Gläubige versammelten. Aber es wurde auch gefeiert: Beim Mittagessen in der Aula des Dom-Gymnasiums prostete Marx immer wieder kirchlichen Würdenträgern und Bekannten mit dem extra für diesen Anlass gebrauten Korbiniansbier zu und wollte wissen, wie viele von den 900 Gästen denn Korbinian heißen.

Die Stadtkapelle Freising lieferte die schwungvolle Hintergrundmusik. Wie immer hatten Bundeswehrsoldaten für das Essen gesorgt und die Küche des Kardinal-Döpfner-Hauses hatte fleißig für Hunderte Besucher gebacken. Schließlich trat Stephan Schwarz, der Autor des Musicals "Korbinian", das im Sommer auf dem Freisinger Marienplatz aufgeführt worden war, ans Mikrofon und überreichte Kardinal Marx die ersten beiden Original-Noten- und Textblätter.

Bischof Korbinian sei der erste echte Europäer gewesen, sagte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher und der europäische Gedanke habe seit 1300 Jahren nichts von seinem Zauber verloren, meinte er optimistisch. Schon beim kulturellen Abend am Freitag, zu dem etwa 300 Gäste aus den Partnerstädten Freisings in Italien, Frankreich und Österreich - die alle im Leben des Heiligen Korbinian eine Rolle spielten - gekommen waren, stand die Musik im Mittelpunkt. Instrumentalisten und Sänger aus Oberwölz, der kleinsten Stadt der Steiermark, sorgten heuer für Stimmung.

Am Samstag wurde es auf dem Domberg schon früh lebendig, aus Nah und Fern waren die Gläubigen gekommen, unter ihnen auch viele Kinder, die bei der Dombergrallye trotz des Regens über den Domhof liefen und beim Korbiniansspiel der Erzählung aus dem Leben des Heiligen lauschten. Aufregend wurde es dann für die Jüngsten bei der Korbiniansvesper und der Kindersegnung, als Andenken erhielten sie zum Abschluss den jährlich geschlagenen Korbinianspfennig. Und da ja eigentlich jeder gerne nascht, gab es auch einen Korbiniansbären aus süßem Teig.

Als Höhepunkt des Festes wurde der Segen von Papst Franziskus verlesen. Das Oberhaupt der katholischen Kirche hatte das Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen. Um die Botschaft dieses Jahres zu erleben, erfuhren die Gäste in der Marienkapelle unter dem Motto "Hungrige speisen" mehr darüber, wie Gastfreundschaft gelingen kann. Im Innenhof des Döpfner-Hauses hieß es "Durstige tränken": Dabei ging es nicht um Getränke, sondern um den Wissensdurst. Denn jeder Mensch habe ein Recht auf Bildung, so die Botschaft. Eine Station im Arcadencafé appellierte an die Besucher, Fremde zu beherbergen, außerdem waren sie eingeladen, dem Eigenen, Fremden und Gemeinsamen auf die Spur zu kommen. Die Teilnehmer des Korbiniansfestes wurden auch aufgefordert, Kranke zu pflegen und Gefangene zu besuchen.

Größeren Raum nahm heuer die Partnerschaft zu Ecuador ein, denn die Erzdiözese München und Freising unterstützt dort Projekte der pastoralen und sozialen Arbeit mit jährlich rund zwei Millionen Euro. Elf Geistliche waren daher aus dem Andenland zum Korbiniansfest auf den Freisinger Domberg gekommen, um diese Partnerschaft zu stärken. Plakate und Fotos informierten über die Projekte in Schulen, Krankenhäusern oder im Regenwald. Dazu wurden weiße und Vollmilchschokolade aus Ecuador und natürlich Kaffee gereicht.

Auf dem Weg über den Domberg begleiteten die Gäste musikalische Episoden aus dem Leben des heiligen Korbinian. Musiker und Sänger hatten sich im Eingangsbereich des Döpfner-Hauses untergestellt, da es fast pausenlos regnete, sie verteilten Liedzettel, sodass sich immer wieder Besucher dazu gesellten und mitsangen.

Trocken und warm war es dagegen im Keller des Diözesanmuseums, im sogenannten Depot, in dem Kunstwerke des Hauses, das zurzeit renoviert wird, dicht an dicht gelagert sind. Museumsleiter Christoph Kürzeder führte die Besucher durch die Reihen und begann bei den Skulpturen aus dem Spätmittelalter, die nun auf einmal ganz nah vor dem Betrachter standen. Im Museum sei Kunst zu sehen, die im Dienst der Verkündigung stehe, den Glauben vermittle und zur Andacht anrege, sagte Kürzeder, während die Besucher interessiert die vielen Heiligen auf Augenhöhe betrachteten.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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