Freising:Kleinkrieg auf der Autobahn

Sachverständiger soll Konflikt zwischen Fahrern klären

Von Peter Becker, Freising

"Ich habe gezittert wie Espenlaub", sagt der 58-jährige Zeuge zu Vorsitzendem Richter Manfred Kastlmeier. Er macht einen entrüsteten Eindruck, denn er hatte an jenem Julitag des Jahres 2013 eigentlich nur seine Hilfe anbieten wollen. Der Ingolstädter hatte auf der Autobahn A 9 bei Paunzhausen beobachtet, wie ein Auto ein anderes touchierte. Danach fuhren beiden Fahrzeuge auf den Seitenstreifen. Der Zeuge sagt, er habe ebenfalls angehalten. Fahrer und Beifahrer des vermeintlichen Unfallverursachers hätten ihn gleich als "Nazi-Schwein" und "Verbrecher" bezeichnet und geschubst. Er habe Angst bekommen, auf die Fahrbahn zu fallen. "Dann wäre ich Matsch gewesen", sagt der Zeuge. Dem vermeintlichen Unfallverursacher wird vorgeworfen, ein anderes Fahrzeug mit Absicht gerammt zu haben. Der Münchner muss sich wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Beleidigung vor dem Freisinger Schöffengericht verantworten.

Der Angeklagte ist Fahrzeugingenieur bei einem bayerischen Automobilhersteller. Er sei es gewohnt, Autos im Grenzbereich zu fahren, erläutert er. Schon allein deshalb streitet er den Vorwurf ab, einen Wagen auf der Mittelspur gerammt zu haben. Er wisse, dass das lebensgefährlich sei. Dass sich die Situation zwischen ihm und dem 33-jährigen Mainburger so aufschaukelte, daran soll der Fahrer eines Mini-Coopers schuld sein. Der habe ihn zum Bremsen gezwungen, erzählt der Angeklagte. Sein Hintermann habe das natürlich nicht sehen können. "Er hat gehupt und geschimpft", schildert der Beschuldigte.

Der 34-Jährige erzählt, wie sein Hintermann auf die Mittelspur wechselte und mit seinem Wagen gleichauf zog. "Ich wollte nur sehen, wer da so einen Scheiß macht", sagte der Mainburger. Von diesem Zeitpunkt an gehen die Erinnerungen weit auseinander. Aus Sicht des Mainburgers soll der 34-Jährige mehrmals angedeutet haben, ihn rammen zu wollen. Der Angeklagte bestreitet das. Dazu wäre der Golf gar nicht geeignet gewesen. Sein Kontrahent saß in einem 750er BMW. Der sei in seinem "dicken BMW" nicht an dem Golf vorbeigekommen. "Er fühlte sich in seinem Stolz verletzt und hat gekocht vor Wut", mutmaßt der Angeklagte. Er unterstellte dem 33-Jährigen, ihn bedrängt zu haben. Was dieser abstreitet: Er lasse sich mit Frau und Kindern im Auto nicht auf so riskante Fahrmanöver ein.

Es kam tatsächlich zu einer Berührung der Autos. Das beweisen Schleifspuren am BMW. Verteidiger Michael Kopf und Angeklagter führen das Schadensbild als entlastendes Argument an. Hätte der 34-Jährige das neben ihm fahrende Auto gerammt, wären Dellen zu sehen gewesen. Nachdem ein "Deal" zwischen Schöffengericht, Anwalt und Staatsanwalt nicht zustande gekommen war, pochte Kopf darauf, einen Sachverständigen hinzuzuziehen.

Zum Fortsetzungstermin müssen der Beifahrer des Angeklagten und die Frau des Hauptbelastungszeugen erscheinen. Beide waren trotz Vorladung nicht erschienen. Die Frau soll Angaben zum Verhalten der Insassen des Golfs auf der Standspur machen. Deren Auftreten war von den Zeugen als sehr aggressiv beschrieben worden. Der Beifahrer habe der Frau seinen Mittelfinger gezeigt. Ein Polizist der Freisinger Verkehrspolizei beschreibt die Atmosphäre als sehr aggressiv. Auslöser seien seiner Meinung nach die Insassen des Golfs gewesen. Er habe die Parteien erst einmal voneinander trennen müssen, gibt der Beamte als Zeuge an.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: