Freising:Geldstrafe für Maßkrugwurf

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Trotz Vorstrafen muss 34-Jähriger für Ausraster nicht ins Gefängnis

Von Alexander Kappen, Freising

Es ist Einiges zusammen gekommen, an jenem Tag im vergangenen September. Erst stritt er sich bei einem Familienfest mit seiner Freundin, dann fuhr er im Zorn 30 Kilometer mit dem Taxi nach Hause, um dort festzustellen, seinen Wohnungsschlüssel vergessen zu haben. Und als der heute 34-Jährige, der sich ohnehin schon wegen psychischer Probleme in Behandlung befand, dann auf die Moosburger Herbstschau ging und dort ein paar Mass Bier trank, kam es auch noch zu einer Auseinandersetzung mit dem Security-Dienst. Dieser wollte den Mann und seine Bekannten nicht mehr in die Weißbierhütte neben dem Festzelt lassen.

Der 34-jährige Angeklagte rastete schließlich aus und warf mit einem Masskrug in Richtung eines Sicherheitsmanns. Glücklicherweise traf er aber niemanden. Das Freisinger Amtsgericht verurteilte den Mann deshalb jetzt wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 9600 Euro.

Aufgrund der besonderen Umstände biete das Gesetz die Möglichkeit, hier statt einer Gefängnisstrafe noch einmal eine empfindliche Geldstrafe zu verhängen, sagte Richterin Tanja Weihönig in ihrer Urteilsbegründung. Der Angeklagte hatte bereits sieben Einträge in seinem Vorstrafenregister. Die Palette seiner Vergehen reichte von Diebstahl über Sachbeschädigung sowie Drogenbesitz und -handel im großen Stil bis zu vorsätzlicher Körperverletzung. Der Angeklagte hat in der Vergangenheit schon einige Gefängnisstrafen verbüßt.

Dass er diesmal um eine Freiheitsstrafe herum kam, lag laut Richterin unter anderem auch an dem "verdammt großen Glück, dass von dem Masskrug niemand getroffen wurde". Das Gefäß flog über das Dach der Weißbierhütte, vor welcher der Security-Mitarbeiter stand, und nicht in den angrenzenden Biergarten, der zur Tatzeit nach Zeugenaussagen rappelvoll war. Aber auch hinter der Hütte hätte theoretisch ein Mensch stehen und verletzt werden können, wie die Richterin betonte.

Der Angeklagte legte gleich zu Beginn der Verhandlung eine Geständnis ab, in einem von seinem Verteidiger angeregten Rechtsgespräch kam es zu einer Verständigung zwischen den Prozessbeteiligten. Demnach stellte die Richterin eine Geldstrafe zwischen 120 und180 Tagessätzen in Aussicht. Während der Verteidiger 120 Tagessätze zu je 50 Euro beantragte, forderte die Staatsanwältin 180 Tagessätze zu je 65 Euro.

Mit ihren beantragten Summen von 6000 beziehungsweise 11 700 Euro lagen die beiden doch deutlich auseinander, wobei auch die Staatsanwältin dem Angeklagten zugute hielt, "dass er seinen Fehler eingesehen hat". Zu seinen Gunsten wertet sie auch, dass er sich im Gerichtssaal bei dem Security-Mann entschuldigen wollte. Der nahm dies jedoch nicht an. Der Angeklagte "hätte bis jetzt Zeit genug gehabt, sich zu entschuldigen, hat das aber nicht getan", sagte er. Der 34-Jährige habe den Krug mit großem Schwung in einem Biergarten geworfen, "der war voll besetzt, unter anderem mit Familien - so ein Verhalten kann ich nicht akzeptieren und die Entschuldigung deshalb auch nicht annehmen", sagte der Zeuge.

Der Angeklagte habe Reue gezeigt und "eingesehen, was für einen großen Mist er da gemacht hat", sagte dagegen die Richterin. "Aber einen Bierkrug in eine Menschenmenge zu werfen, ist keine Heldentat, die abstrakte Gefährlichkeit war schon sehr hoch".

Der 34-Jährige, der, wie er berichtete, eine frühere Drogensucht überwunden hat, leidet seit Jahren an psychischen Problemen. Das belegte er mit Attesten. Die Probleme äußerten sich darin, dass er seine Gefühle nicht richtig einordnen könne und emotional überreagiere, sagte er. Er habe eine Therapie gemacht und Medikamente bekommen, zur Tatzeit aber versucht, die Tabletten abzusetzen. Wohl keine so gute Idee. Am Tag der Tat jedenfalls habe er sich "gedacht, dass die ganze Welt gegen mich ist", so der Angeklagte.

Inzwischen befindet er sich auf eigene Initiative in Therapie und nimmt auch wieder Medikamente. Sein Mandant, der einen festen Job hat, habe nach der Haft "sein Leben neu sortiert - und jetzt will er das noch intensiver machen", versicherte der Verteidiger.

© SZ vom 06.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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